Allein die Angst
Schuldigkeit zu tun. Der Ex meiner Schwester ist so ein Arschloch, windet sich aus allem raus wie ein Aal. Zahlt keinen Penny und kümmert sich einen Dreck, entschuldigen Sie, wenn ich deutlich werde.«
Ich notiere ihm Namen und Adresse, tränke jeden Buchstaben, jedes Wort mit meinem Groll. Guys Nachricht und ihre Konsequenzen brechen in immer neuen Wellen über mich herein. Nun werde ich doch kein eigenes Geld verdienen. Ich starre die Rechnung an. Nicht einmal diese poplige Klempnerrechnung kann ich bezahlen. Wenn ich abziehe, was die Klamotten in Brent Cross gekostet haben, bleibt von meinem Honorar für die drei Tage so gut wie nichts übrig.
»Meine Nachbarin von gegenüber wird rüberkommen und die Schlüssel holen, bevor Sie gehen – oder stecken Sie sie einfach bei Nummer 13 rein«, rufe ich noch, als ich schon halb draußen bin.
Ich mache es nicht mit Absicht – schließlich kann der Arme nichts dafür –, aber ich werfe die Tür ins Schloss und knalle mit den Absätzen, als ich zum Gartentor gehe. Ich schaue auf die andere Straßenseite zu Debs’ Haus hinüber.
Ein Tag, denke ich. Ein ganzer Tag ist seit dem Unfall vergangen, und sie hat es nicht für nötig befunden, mir zu schreiben, mich anzurufen oder sich sonst wie zu entschuldigen. Meine Tochter ist im Krankenhaus, und jetzt habe ich auch noch das Einzige verloren, was mich außer Rae glücklich macht. Alles wegen der Fahrlässigkeit dieser Frau.
Aus dem Nichts schießt das cholerische Temperament in mir hoch, das ich von Mum geerbt habe. Mit einem Satz springe ich vom Gehweg und laufe hinüber.
Kapitel 24 Debs
Debs stand hinter ihren Gardinen auf Beobachtungsposten.
Sie hatte Suzy und Callie ankommen und in ihren jeweiligen Häusern verschwinden sehen; jetzt wartete sie, was als Nächstes passieren würde. Um sich zu beschäftigen, hatte sie sich vorgenommen, ihre Bücher alphabetisch zu ordnen; sie stellte Dickens nach oben und Hardy weiter nach unten. Das half. Es war so beruhigend, die Bücher zu berühren, den tröstlichen Staubgeruch der Einbände einzuatmen. Ordnung in ihr Leben zurückzuholen. Sie versuchte zu vergessen, was der junge Polizeibeamte gesagt hatte. Wenn die Poplars das Land verlassen hatten, dann wurde sie eben von ihren Anhängern gemobbt, von Leuten, die die Geschichte in der Zeitung gelesen hatten. Sie wusste genau, dass das keine Hirngespinste waren. Warum wollte ihr niemand glauben?
Sie wollte sich schon von der Gardine abwenden, da nahm sie eine Bewegung wahr. Callie tauchte aus ihrer Wohnung auf. Aus irgendwelchen Gründen schloss sie ihre Haustür nicht ab, sondern ging gleich zum Gartentor hinaus. Ihre Haare waren dunkel und hingen gerade herunter, als wären sie noch nass vom Waschen; sie blickte finster vor sich hin.
Plötzlich blieb sie stehen und sah zu Debs herüber. Debs schnappte vor Schreck nach Luft und machte einen Satz rückwärts. Hatte Callie sie gesehen?
Sie reckte den Hals, um einen zweiten Blick zu riskieren. Callie marschierte mit wutentbranntem Gesicht über die Straße, direkt auf ihr Haus zu.
»Hilfe!«, japste Debs. Sie kauerte sich unter das Fensterbrett.
Peng. Peng. Peng. Drei Schläge erschütterten die Haustür, dann klingelte es zweimal. Debs hielt den Atem an. Sie machte sich so klein wie möglich. Wenn sie vorsichtig nach oben schielte, sah sie über sich Callies Schatten zum Fenster hereinspähen.
»Hallo?«, rief Callie. Die zaghafte, nervöse Stimme von neulich war einem selbstsicheren Donnerton gewichen. Debs zitterte am ganzen Leib und rührte sich nicht vom Fleck. Was konnte die junge Frau schon machen? Wenn sie nicht die Fensterscheibe einschlug, kam sie nicht herein. Solange Debs blieb, wo sie war, war sie in Sicherheit.
Debs zählte bis zehn, dann hörte sie ihr Gartentor zuschlagen; ein Motor wurde angelassen. Sie schob den Kopf nach oben, bis ihre Brille übers Fensterbrett ragte, und wagte einen weiteren Blick. Callies alter roter Renault entfernte sich die Straße hinunter.
Hier unten bei der hohen Fußleiste aus Fichtenholz fühlte sich Debs sicher. Sie grub zwischen den fleckigen Dielenbrettern kleine Schmutzkrümel hervor und wedelte mit der Hand über die Spalten, dass sie den schwachen Luftzug und den modrigen Geruch aus dem Keller aufsteigen spürte. Fast direkt unter ihr befand sich die Teekanne, dachte sie. Dicht unter Allens Nase, nur wusste er es nicht.
Die Tür nebenan schlug zu, dass Debs zusammenzuckte. Sie spähte wieder hinaus und sah die
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