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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne LaBastille
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die Straße stieß, per Anhalter zum Hotel fahren. Morgan würde am Deep Lake warten, in der Hoffnung, daß das Flugzeug durchkam und alles in einer Ladung mitnehmen konnte. Wenn er nicht am Hotel auftauchte, sollte ich mir seinen Wagen nehmen, zur Uni fahren und am Wochenende zurückkommen. Wenn er es schaffte, müßten wir ungefähr gleichzeitig beim Hotel ankommen. Dann konnte er mich in die Stadt fahren. Es war ein schmerzlicher Abschied, nachdem wir uns erst kurz zuvor so nahegekommen waren. Nur noch fünf Stunden Tageslicht blieben.
    Morgan ging mit mir zum Anfang des Wanderweges. »Du kannst dich nicht verlaufen«, versicherte er mir. »Der Weg ist alt, ausgetreten und ungefähr alle hundert Meter mit einem roten Zeichen markiert. Acht Kilometer mußt du laufen«, erklärte er und malte mit dem Stock eine Skizze in den Sand, »also müßtest du spätestens gegen vier den Fahrweg erreichen. Dort wendest du dich nach rechts und gehst einen knappen Kilometer bis zur Staatsstraße. Da läufst du südwärts und hältst ein Auto an. Hab keine Angst, bei Fremden einzusteigen. Zu dieser Jahreszeit sind es alles Einheimische, die dich gerne mitnehmen. Wenn du bis fünf die Straße erreichst, fahren Leute von der Arbeit nach Hause, da müßtest du spätestens um sechs beim Hotel sein.« Er gab mir ein Sandwich, einen Apfel und einen Schoko-Riegel, in Aluminiumfolie verpackt. »Wenn Mike es schafft, bin ich kurz vor Einbruch der Dunkelheit am Hotel-Anleger.«
    Er küßte mich zum Abschied, und ich machte mich leichtfüßig auf den Weg durch einen Tamarack-Sumpf. »Paß gut auf dich auf, Daniel Boone«, hörte ich, als ich um eine Wegbiegung verschwand. In meinem Zustand begeisterter Aufregung schien mir jede Farbe, jeder Duft, jedes Geräusch doppelt schön und intensiv, mochte es auch in Strömen regnen. Gefallene Blätter bildeten einen Teppich von der Farbenpracht eines Persers, warme, tiefe Farbtöne, wie von guten Weinen und Schnäpsen: Burgunder, Claret, Rosé, Pfirsich, Aprikose, Pflaume. Kalte Windstöße schüttelten die Bäume und ließen neue bunte Laubschauer herabregnen.

    Ein kecker Kanadischer Unglückshäher schoß über den Weg und begann heiser zu krächzen. In den Tannen war ein zirpender und futtersuchender Kohlmeisenschwarm versammelt. Ein Rothörnchen machte mir den Weg streitig. In der Luft lag ein unverbrauchter, konzentrierter Duft, wie man ihn genießt, wenn man eine Packung frischgemahlenen Kaffee oder eine frische Dose Pfeifentabak öffnet.
    Singend und springend brachte ich acht wunderbare Kilometer hinter mich, naß bis auf die Haut, aber glühend warm, verliebt in die Wälder, ins Leben, in Morgan. Zwei frankokanadische Holzfäller nahmen mich im Auto zum Hotel mit, und ich ging hinein, um mich trockenzufrottieren und zu packen. Bei hereinbrechender Dunkelheit ließ mich ein schwaches Dröhnen zum Anleger laufen. Da erschien durch ein Fenster in den trüben Regenwolken die silberne Cessna, bockend im starken Wind.
    Mike ließ den Motor laufen, als Morgan an Land sprang. Ich faßte eine Flügelspitze, wie ich es am Vortag Morgan hatte tun sehen, und hielt die Maschine von der Lände ab. Das Gepäck wurde achtlos aus der Tür geworfen.
    »Muß durch die Lücke wieder raus«, schrie Mike und deutete auf ein perlgraues Himmelsstück. Er schlug die Tür zu. Wir stießen ihn beide ab, und der Propeller spuckte Regen und Wasser in unsere Gesichter. Das Flugzeug raste über die stürmische Seeoberfläche, sprang in die Luft und verschwand durch den Schlitz in den Wolken. Wie froh war ich, meinen geliebten Kampiergenossen wiederzuhaben.
    In den nächsten paar Jahren — ich arbeitete sommers weiter im Hotel und beendete winters mein Studium — hatte ich weitere Kampier-Erlebnisse. Der bloße Name »Terror Lake«, die Größe und die Form dieses Sees auf der Karte, reizte mich immer mehr. Der See lag zehn Kilometer landeinwärts, doch war der Weg in einem großen Sturm verschüttet worden. Ich konnte niemanden finden, der in den letzten fünf, sechs Jahren da gewesen war. Morgan hatte zuviel zu tun, um das Hotel zu verlassen, und so entschied ich mich, den Terror Lake mit meiner besten Freundin Betsy zu erobern. Betsy — eine Sportstudentin — war robust, gutmütig und voll gesundem Menschenverstand. Wir konnten uns drei Tage Urlaub vom Hotel erwirken und dasselbe rote Kanu borgen. Betsy arbeitete als Kellnerin, und Morgan schärfte ihr ein, wie wichtig es war, bis Freitag abend zum einsetzenden

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