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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Paulsen
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übermorgen. Gut möglich, dass Brian warten musste. Aber er würde nicht aufgeben.
    Die Hoffnung auf baldige Rettung beruhigte Brian, beschwichtigte seine Panik. Auch wenn er drei oder vier Tage warten musste, würde er es aushalten. Er musste sich irgendwie beschäftigen, musste die Zeit nutzen und etwas tun. Oder sollte er etwa, bis Rettung kam, untätig unter einem Baum sitzen und auf den See starren? Tag für Tag?
    Und Nacht für Nacht! Hier draußen in der Wildnis. Brian hatte kein Feuerzeug, keine Zündhölzer, er konnte kein Feuer machen. Im Wald gab es wilde Tiere. Bestimmt gab es Wölfe, dachte er sich, oder Bären und andere Tiere. In der Dunkelheit, unter seinem Baum sitzend, war er schutzlos jedem Angriff ausgeliefert.
    Er schaute sich um und es schauderte ihn. Gut möglich, dass irgendwelche Wesen der Wildnis ihn jetzt schon belauerten. Am Ende warteten sie nur die Dunkelheit ab, um zu kommen und ihn zu fressen.
    Er griff nach dem Beil an seinem Gürtel. Es war die einzige Waffe, die er besaß. Immerhin etwas. Er musste einen Unterschlupf finden, eine Höhle oder eine Schutzhütte. Nein, er musste sich eine Schutzhütte bauen und er musste etwas zu essen finden.
    Mühsam stand er auf und zog sein Hemd enger um sich, bevor die Moskitos wiederkehrten. Ja, Brian musste etwas tun. Er musste sich selbst helfen.
    Ich muss positiv denken!, dachte er und erinnerte sich an Mr Perpich. Ich bin das Einzige, was ich habe. Ich muss etwas tun!

6
    Brian erinnerte sich: Vor zwei Jahren hatten er und Terry einmal im Park gespielt, dort, wo man die Betonwüste der Stadt für einen Moment vergessen konnte; wo grüne Bäume standen und Büsche das Bachufer säumten. Es war eine kleine Wildnis, dicht und undurchdringlich, und die zwei Freunde hatten sich Spiele ausgedacht, bei denen sie taten, als hätten sie sich im Wald verirrt. Den ganzen Nachmittag überlegten sie, was sie in einem solchen Fall tun würden. Natürlich stellten sie sich vor, sie hätten allerlei nützliche Dinge in ihrem Gepäck: ein Gewehr, eine Angelausrüstung und Zündhölzer, so dass sie Fische fangen und Feuer machen konnten.
    Ach, wenn Terry hier wäre!, seufzte Brian. Mit einem Messer und einem Gewehr und einer Schachtel Zündhölzer …
    Den besten Schutz vor dem Wetter, so hatten sie damals im Park überlegt, würde eine Reisighütte bieten. Und genau solch eine Hütte beschloss Brian sich nun zu bauen. Das Dach würde er aus kräftigen Ästen aufrichten und es mit Gras und Zweigen abdichten, so dass kein Regen eindrang. Schon wollte er zum Waldrand hinüberlaufen, wo dichte Weidenbüsche standen, die ihm das beste Baumaterial liefern konnten. Aber besser wäre es, so besann er sich, zuerst einen guten Standplatz für seine Hütte auszuwählen. Er wollte unbedingt in der Nähe des Seeufers bleiben. Denn falls man das Flugzeug, dort unten am Grunde des Wassers, von oben sehen konnte, würden die Retter ihn leichter finden. Und Brian wollte jetzt keine Chance verschenken.
    Sein Blick fiel auf einen mächtigen Felsblock über der Böschung zu seiner Linken – und vor dieser natürlichen Mauer sollte er seine Schutzhütte bauen, dachte er. Zuerst aber beschloss er um diese Klippe herumzugehen und auch die hintere Seite in Augenschein zu nehmen.
    Und dort hatte er Glück.
    Nach dem Stand der Sonne, die im Osten auf- und im Westen unterging, wies diese Felswand – wie Brian kurz überlegte – nach Norden. Und was er dort entdeckte, ließ sein Herz höherschlagen. Irgendwann in grauer Vorzeit war hier eine Höhle entstanden, wahrscheinlich von einem Gletscher ausgeschliffen, mit einem natürlichen Felsendach. Es war keine sehr tiefe Höhle, aber der Stein war glatt und bildete einen schützenden Vorsprung, unter dem Brian beinahe stehen konnte. Er musste nur den Kopf ein wenig einziehen, um nicht oben anzustoßen. Und an der Böschung, zum Wasser hinab, lag schneeweißer Sand. Wahrscheinlich hatte der Gletscher, als er diese Höhle ausschliff, das Gestein zu Pulver zermahlen. So war am Boden, direkt unter dem überhängenden Felsen, ein kleiner Strand entstanden – bis hinunter zum Wasser.
    Das nenne ich Glück!, dachte Brian. Nein, wirkliches Glück hatte er beim Absturz des Flugzeugs gehabt: Er hatte überlebt. Jetzt aber hatte er zum zweiten Mal Glück. Jetzt musste er nur noch eine feste Wand vor der Höhle hochziehen, mit einer Öffnung als Tür – und schon hatte er eine Schutzhütte, viel stabiler als eine Reisighütte und außerdem

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