Allein in der Wildnis
eine Lawine auf vier stampfenden Beinen.
Er konnte eben noch erkennen, dass es ein Elch sein musste – er hatte Fotos von Elchen gesehen, aber nicht geahnt, wie groß sie waren –, als er auch schon überrollt wurde. Es war eine Elchkuh, ohne Geweih. Aber sie erwischte ihn mit ihrer knorpeligen Stirn am Rücken. Sie warf ihn hoch und schleuderte ihn ins Wasser hinaus und stürzte planschend hinterher, um ihm den Rest zu geben.
Kaum fand er Zeit, noch einmal Luft zu holen, als die Kuh schon wieder über ihm war. Mit dem Kopf stieß und drückte sie ihn unter Wasser, gegen den schlammigen Boden des Sees.
Heller Wahnsinn!, dachte Brian.
Schlamm drang ihm in die Augen, in die Ohren, und die Knorpelstirn der Elchkuh drückte ihn immer tiefer in den Schlick. Plötzlich war es vorbei und Brian glaubte sich der Gefahr entronnen.
Prustend tauchte er aus dem Wasser. Er richtete sich auf und versuchte die Panik niederzuringen. Als er sich Schlamm und Wasser aus den Augen wischte, sah er, dass die Kuh keine drei Meter entfernt neben ihm stand und seelenruhig am Stängel einer Wasserlilie kaute. Sie schien ihn gar nicht zu sehen, kümmerte sich überhaupt nicht um ihn, und Brian ließ sich vorsichtig ins Wasser gleiten, um ans Ufer zu schwimmen.
Das war sein Verhängnis. Kaum hatte er eine Bewegung gemacht, sträubte die Elchkuh ihre Nackenmähne und griff wieder an. Sie trieb ihn mit dem Kopf und ihren Vorderhufen vor sich her, drückte ihn unter Wasser – diesmal in Rückenlage –, während er ihren Kopf mit den Fäusten bearbeitete und sein gellender Schrei über das Wasser hallte.
Endlich schien die Wut der Elchkuh verraucht und sie ließ von ihm ab.
Wieder kam Brian an die Oberfläche. Jetzt aber war er ernstlich verletzt, seine Rippen schmerzten und er blieb vornübergebeugt im Wasser stehen und stellte sich tot. Die Elchkuh stand wieder da und fraß seelenruhig. Brian musterte sie aus dem Augenwinkel, spähte zum Ufer hinüber und fragte sich, wie schwer seine Verletzungen sein mochten; ja, er fragte sich, ob die Kuh ihn diesmal entkommen lassen würde. Es war Wahnsinn.
Ganz langsam setzte er sich in Bewegung. Sofort wandte die Kuh den Kopf und stellte die Mähne auf – wie ein wütender Hund. Brian blieb stehen und wagte nur flach zu atmen. Sofort legte sich die Mähne und die Kuh fraß ruhig weiter. Er bewegte sich und die Mähne ging hoch. Er blieb reglos stehen und die Mähne legte sich wieder … So ging es weiter, bis Brian auf Händen und Knien das Ufer erreichte. Ohnehin schmerzte sein Rücken so stark, dass er sich nicht aufrichten konnte. Die Elchkuh schien es zu akzeptieren. Sie erlaubte ihm, langsam aus dem Wasser zu kriechen, hinauf zum rettenden Waldsaum.
Hinter einem Baum richtete er sich vorsichtig auf und zog Bilanz: Die Beine schienen in Ordnung, aber der Schmerz in den Rippen war unerträglich. Er konnte nur mit flachen Zügen atmen und spürte glühende Stiche im Rücken. Auch seine rechte Schulter schien irgendwie ausgerenkt. Sein Speer und sein Bogen lagen im Wasser.
Wenigstens konnte er sich noch bewegen und so beschloss er, alles dort liegen zu lassen und sich in Sicherheit zu bringen. Die Elchkuh schien ihn vergessen zu haben. Gleichmütig watete sie im seichten Wasser davon und verschwand so rasch, wie sie aufgetaucht war. Noch eine Weile hörte Brian das leise Platschen, mit dem ihre langen Beine den Schlamm aufwühlten. Auf einen Fichtenast gestützt sah er ihr nach – noch immer in Angst. Jeden Moment konnte die verrückte Kuh zurückkehren und ihn erneut angreifen. Aber die Kuh trottete unbeirrt weiter, und als sie verschwunden war, ging Brian noch einmal zum Ufer hinunter und fand den erbeuteten Vogel. Sein Speer und sein Bogen trieben im Wasser. Brian watete hinaus und stellte erleichtert fest, dass seine Waffen unbeschädigt geblieben waren. Auch die Pfeile waren nicht zerbrochen und hingen – wenn auch mit Schlamm verschmiert – im Köcher an seinem Gurt.
Fast eine Stunde brauchte er für den Rückweg rund um die Bucht. Seine Beine funktionierten ganz gut. Doch wenn er ein paar schnelle Schritte versuchte und tiefer Luft holte, flammte der Schmerz in seinen Rippen auf und er musste stehen bleiben und sich an einem Baum festhalten, bis sein Atem ruhiger ging. Sie hatte ihn übel zugerichtet, diese verrückte Elchkuh! Solch ein Wahnsinn.
Brian erreichte sein Lager und kroch sofort in die Hütte und freute sich, dass die Kohlen in der Feuerstelle noch glühten. Zum Glück
Weitere Kostenlose Bücher