Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)
versteinert mit drei einzelnen Dollarnoten in der Hand im Flur stehen. Sie war Zeugin des Piñata-Massakers geworden. Toll.
Ich stürmte zurück an meinen Schreibtisch. Ich spürte Chicks Blicke in meinem Rücken, weigerte mich aber, ihn anzusehen, weil ich mir sicher war, dass ich mein Pokergesicht im Flur gelassen hatte zusammen mit meinem Stolz und einem Gutteil meiner Zurechnungsfähigkeit. Plötzlich spürte ich zwei Hände auf meinen Schultern. Ich fuhr hoch, bevor ich merkte, zu wem sie gehörten. Chick drückte mich und flüsterte mir ins Ohr: »Du bist das Beste, was ihm je passiert ist! So ein Glück wird er nie wieder haben, und das weiß er.« Er tätschelte mir den Kopf und ging zurück an seinen Schreibtisch. Sekundenlang war ich schockiert von dem, was Chick gesagt hatte – und dann eher noch mehr, als mir bewusst wurde, dass er die ganze Zeit über Will und mich Bescheid gewusst hatte. Es war also doch nicht das gut gehütete Geheimnis, wie angenommen, sondern gehörte zu den Dingen, die ich einfach nicht wahrgenommen hatte.
Um 3.30 Uhr prüfte ich die Uhrzeit. Noch zwei Stunden. Nur noch zwei Stunden standen zwischen mir und einigen dringend benötigten Margaritas.
Patty und ich stürzten um halb sechs aus dem Büro und quetschten uns zusammen mit Annie und Liv in eine kleine Nische im Tortilla Flats. Kaum saßen wir, schenkte Patty uns Margaritas ein und stellte den leeren Krug auf den Fußboden. Annie beugte sich, gestützt auf ihre Ellbogen, vor und runzelte die Stirn: »Alex, was ist passiert? Du sollst dich wie ein Berserker aufgeführt haben im Büro?«
»Berserker ist vielleicht übertrieben«, sagte Patty und frischte ihr Lipgloss auf. »Aber ich glaube, in Zukunft sollten wir Alex lieber fernhalten von ins Auge stechenden Objekten und Baseballschlägern.«
»Ich hatte nicht wirklich vor, sie zu treffen. Und im Übrigen ist es genau das, was man mit einer Piñata tun sollte.«
»Die Piñata schlagen? Ja. Aber sie gründlich zerstören? Eher nicht«, hob Patty hervor.
»Ich musste Dampf ablassen. Wisst ihr, wie schwer es ist, den ganzen Tag im Handelssaal zu sitzen, seine Stimme zu hören und dabei zu lächeln? Es ist quälend. Tut mir leid, aber ich glaube, ich habe das Recht, ein klein wenig gereizt zu sein.«
Patty lachte. »Absolut. Arme Piñata!«
»Weißt du, was er ist?«, fragte Annie, während sie mit der Salzkruste am Rand ihres Glases spielte. »Er ist der Sie-vor-dem- Altar-stehenlassen-Typ. Er ist der Typ, der immer nur das tut, was er will, weil er sich nur für sich selbst interessiert. Nur weil das arme Mädchen einen Ring trägt, heißt das noch lange nicht, dass sie tatsächlich heiraten. Wenn er sie gleichfalls sitzenlässt, wäre ich nicht im Mindesten überrascht.«
»Mann, Annie«, nickte Liv anerkennend. »Das ist tatsächlich ein Gesichtspunkt.« Sie stießen an, und ich trank gerade den Rest meiner Margarita, als die Kellnerin einen neuen Krug auf den Tisch stellte.
»Und wie läuft es sonst? Ist an der Börse alles okay?«, erkundigte sich Liv.
»Nicht wirklich. Der Job läuft beschissen. Die Märkte sind in wirklich desolatem Zustand, der Immobilienmarkt ist am Zusammenbrechen, unsere Umsätze sind grottenschlecht, und alle machen sich Sorgen um ihre Bonuszahlung am Jahresende.«
»Wen interessiert schon der Immobilienmarkt? Wir mieten«, sagte Annie.
»Oh Annie, wenn es doch so einfach wäre. Aber es hängt alles miteinander zusammen. Gestern wurden sieben Kollegen entlassen. Eben waren sie noch an ihrem Schreibtisch, und gleich darauf, peng, einfach weg. Und es werden nicht die letzten sein.«
»Das ist schrecklich! Aber der heutige Abend ist dazu da, dich abzulenken und auf andere Gedanken zu kommen«, sagte Annie.
»Amen. Reich mal den Krug rüber«, sagte ich.
Eine Stunde später hatten wir drei Krüge Margarita intus. Alle am Tisch waren betrunken und entsprechend laut.
Annie klatschte in die Hände: »Ohhh, ich hab eine tolle Idee! Gib mir mal dein Handy! Los, her damit, her damit!«
»Warum?«, fragte ich und zog es auf dem Tisch aus ihrer Reichweite.
»Gib’s mir einfach! Ist seine Nummer noch eingespeichert?«
»Ja, warum? Oh, nein, du rufst ihn NICHT an, Annie!«
Sie schnappte sich das Handy und scrollte durch das Telefonbuch. »Schhhhh«, sagte sie, in beschwipstem Zustanddraufgängerischer als sonst. »Keine Sorge, er kann nicht erkennen, wer anruft.«
»Er wird nicht antworten. Er geht nie ans Telefon, sodass es witzlos ist! Was
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