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Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Duffy
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Laufbursche –, freute ich mich auf die jährliche Bootsfahrt, die die Firma ihren Analysten spendierte. Das war eine Cromwell-Tradition: Die Firma mietete für die Neulinge und einige der älteren Angestellten eine Yacht an, was angeblich den Teamgeist fördern sollte. Das Schiff legte an den Chelsea Piers ab und umrundete ganz Manhattan. Es klang geradezu himmlisch, Horrorstorys mit meinen Kollegen auszutauschen, die verstanden, wie brutal es war, der Neuling am Desk zu sein.
    Da Chick sich eher seine eigene Hand abnagen würde, als einen Abend auf einem Schiff mit einem Haufen bedeutungsloser junger Leute zu verbringen, schickte er jemanden als seinen Vertreter.
    »Kreuzfahrt heute Abend?«, fragte Chick und trank sein Soda wasser in einem Zug aus.
    »Ja, ich muss um halb sechs gehen. Ich hoffe, das ist okay.«
    »Klar. Reese wird da sein. Viel Spaß.«
    Na toll! Der Schweinetyp kam mit. Ich war ihm seit meinem ersten Tag absichtlich aus dem Weg gegangen. Er machte mir Angst. »Danke. Hab ich bestimmt.«
    Zwei Kellner in weißen Dinnerjackets und schwarzen Fliegen standen mit Weintabletts auf beiden Seiten der Zugangsrampe zur Yacht. Keine schlechte Begrüßung, fand ich. Ein DJ legte Popklassiker auf, und zwar laut genug, als dass alle übrigen auf dem Pier Anwesenden stehen blieben und gafften. Ich sah ein paar bekannte Gesichter aus meinem Einführungsseminar, aber ich kannte niemanden aus der Investmentbankabteilung. Es gab wahrscheinlich fünfzig oder sechzig neue Analysten in der gesamten Firma, aber ich beschloss, mich nur mit denen, die im Handelssaal arbeiteten, zu unterhalten, weil wir uns über die Schwierigkeiten eines Lebens im Handel austauschen konnten. Zumindest das hatten wir gemeinsam. Ich nahm ein Glas Weißwein und ging auf meine Leidensgenossen bei Cromwell zu.
    »Hi, Jungs!«, flötete ich, als ich mich einer Gruppe zugesellte. Jungs meinte ich wörtlich. Jeder einzelne war einer.
    »Hey«, murmelten einige und nahmen meine Gegenwart knapp zur Kenntnis.
    »Waren zwei irre Monate, was? Der Klappstuhl ist einfach verrückt.« Die Gruppe sah mich fragend an, so als hätte ich gerade gestanden, von einem fremden Raumschiff hochgebeamt worden zu sein.
    »Ein Klappstuhl?«, fragte einer, dem es nicht ganz die Stimme verschlagen hatte. »Das soll wohl ein Witz sein, oder?«
    »Nein! Moment mal – ihr müsst nicht auf einem Klappstuhl sitzen?«
    »Nein. Ich habe einen Schreibtisch. Du auch, Dan?«, fragte ein Typ namens Adam.
    »Natürlich«, antwortete Dan. »Wieso hast du keinen Schreibtisch, Alex? Das ist erniedrigend. Was in Gottes Namen tust du den ganzen Tag, wenn du nicht mal einen Computer hast?«
    Ich fühlte mich plötzlich wie in einem dieser Träume, in denen man nackt vor versammelter Klasse steht.
    »Na ja … also, die Sache ist die, im Moment … na ja … Wartet mal! Habt ihr tatsächlich alle einen Arbeitsplatz?« Mir war nie in den Sinn gekommen, dass es nicht allgemein üblich war, schreibtischlos zu sein.
    »Jawohl, Alex, tatsächlich! Dein Team denkt wohl, dass du keinen verdienst. Muss ganz schön ätzend sein für dich. Wie auch immer, geht ihr zu dem Yale-Harvard-Spiel diese Saison?«, fragte Dan die anderen und schloss mich nicht gerade subtil aus der Unterhaltung aus. Ich verdrückte mich ans Heck, lehnte mich an die Reling und starrte die Freiheitsstatue an, als wir den Hudson hinaufschipperten. Ich war isoliert, eine Außenseiterin innerhalb meiner Kollegen. Ich bekam Bruchstücke der Unterhaltungen anderer Analysten mit, wobei jeder dem anderen zu beweisen versuchte, dass er eine wichtigere Rolle hatte, einen besseren Boss, einen Desk, an dem mehr Geld gemacht wurde. Ich wollte dieses Spiel nicht mitspielen, hauptsächlich, weil ich ziemlich sicher war, dass ich es verlieren würde. Ich beschloss, lieber an der Reling Häppchen zu knabbern.
    Ich war gerade bei meinem dritten Mini-Bacon-Salat-Tomaten-Sandwich, als mich jemand am Pferdeschwanz zupfte und meinen Kopf zurückriss. Ich drehte mich um und sah Reese mit einem Grinsen im Gesicht und einem Shrimp in der Hand.
    »Ist der Platz schon besetzt, Girlie?«
    »Nein. Niemand anders hier außer mir und dem Schwein.«
    »Dem was?« Er stützte die Ellbogen auf die Reling, damit wir ungefähr auf Augenhöhe waren. Reese musste ungefähr eins neunzig groß sein, und ich konnte ihn schwer verstehen bei dem Wind und dem Krach des Schiffsmotors, ganz zu schweigen von dem Getöse der Idioten, die mit ihren intellektuellen

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