Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Stolz an.
»Ich verrate es keinem, ich verspreche es!« Ich presste den Umschlag an meine Brust. Ich hatte das unwiderstehliche Bedürfnis, ihn zu umarmen, glaubte aber nicht so recht, dass es ihm recht wäre. »Ich weiß ehrlich nicht, was ich sagen soll. Ich habe den tollsten Job auf Erden.«
»Einen davon, zweifellos. Er rangiert wahrscheinlich unter Profisportler und Rockstar, aber ich glaube, The Street besetzt den dritten Platz.« Er drückte meine Schulter und wandte sich ab.
Ich erspähte Will auf der anderen Seite der Tanzfläche; er amüsierte sich mit einigen seiner Freunde. Ich tat so, als hätte ich ihn nicht gesehen, während ich im Spiegel hinter der Bar überprüfte, ob meine Haare richtig saßen und mein Eyeliner nicht verschmiert war. Will blickte zwar in meine Richtung, starrte aber über mich hinweg jemand anderen an. Ich blickte erneut in den Spiegel und bemerkte eine Rothaarige, die ein schwarzes Kleid trug. Sie lehnte an der Wand neben der Tanzfläche und unterhielt sich mit einigen Kollegen vom High Yield Desk. Seltsam – ich konnte mich nicht entsinnen, sie jemals bemerkt zu haben. Da es nur eine Handvoll Frauen im Büro gab, hätte ich ihr irgendwann doch mal auf der Toilette oder so begegnen müssen.
»Hey, Girlie, kannst du mir mal drei Buds besorgen?«, hörte ich Reese hinter mir rufen.
Ich nickte und winkte einer Kellnerin. Als ich Reese das Bier brachte, sagte er: »Ich hab dich mit Chick reden sehen. Hat er dir dein Weihnachtsgeschenk gegeben?«
»Ja! Ich weiß nicht, wie ich euch allen danken soll.«
»Du hast es verdient, Girlie! Gib nicht alles auf einmal aus.«
»Ich glaube nicht, dass ich das könnte, auch wenn ich es versuchte.«
»Warte noch ein paar Jahre, dann sehen zwanzigtausend wie Kleingeld aus.«
»Niemals! Das wird nie passieren!« Ich hoffte heimlich, dass er recht hatte. »Hey, wer ist diese Frau da hinten bei der Tanzfläche? Ich glaube nicht, dass ich sie kenne.«
Er nahm einen tiefen Schluck, bevor er sich umdrehte und sie suchte. »Oh, die da! Ich weiß nicht, wie sie heißt. Sie arbeitet im Bostoner Büro. Kommt immer zu Weihnachtsfeiern und anderen gelegentlichen Anlässen hierher. Warum?«
»Nur so. Wollte es nur wissen«, log ich.
Ich sah wieder zu Will, der immer noch die Rothaarige musterte. Werd erwachsen, Alex! , schalt ich mich selber, als ich Eifersucht spürte. Ich konnte nicht hier stehen bleiben und ihn anstarren, und ich mochte auch nicht wieder zu meinen Kollegen gehen und noch eine Runde Jack Daniel’s trinken. Stattdessen schlängelte ich mich auf der Suche nach der Damentoilette durch die Menge angetrunkener Männer.
Drei Männer standen vor mir in der Reihe, als ich die einzige, für Männer wie für Frauen zu benutzende Toilette fand. Zehn Minuten später waren wir immer noch keinen Schritt weitergekommen, und acht oder neun Typen hatten sich hinter mir eingereiht. Ich war kurz davor, über die Straße zu gehen und die Toilette der Pizzeria zu benutzen, als plötzlich die Tür aufging und die Rothaarige aus Boston auftauchte. Zehn Sekun den später folgte ihr ein Typ, den ich mal im Handelssaal gesehen hatte. Als sie die Reihe der wartenden Männer passierte, empfingen sie Pfiffe und Gegröle und die sehr deutliche Aufforderung, in zehn Minuten wiederzukommen. Der Typ wurde abgeklatscht und kassierte anerkennende Schläge auf den Rücken. Ich starrte sie mit offenem Mund an, offensichtlich total schockiert, womit ich gegen die Kardinaltugend einer Frau im Handel verstieß: Verlier nie, niemals dein Pokerface!
»Oho, ich glaube, Alex ist angesäuert!«, rief ein Händler vom Ende der Reihe. »Kommen Sie runter von Ihrem hohen Ross, Girlie! Soweit ich weiß, sind alle hier erwachsen. Nehmen Sie’s nicht so schwer.« Er lachte und sah seine Kumpels Beifall heischend an.
In patzigem Tonfall, der absolut respektlos gegenüber einem Vorgesetzten war, fuhr ich ihn an: »Was alle hier sind, ist total widerwärtig.« Aus Gründen, die ich nicht richtig verstand, traten mir Tränen in die Augen.
»Was ist los, Alex, sind Sie neidisch? Andere Mädels kassieren die ganze Aufmerksamkeit und Sie nicht? Verstehen Sie mich nicht falsch, Kleine, Sie sind schon ’ne heiße Braut, aber es gibt nun mal Rennen, die Sie nicht laufen können. Zumindest jetzt noch nicht. Fragen Sie mich doch ein paar Bier später noch mal.« Der fette Mann, der mich so anmachte, schien Anfang vierzig zu sein. Sein Hals war eine Schattierung röter als sein
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