Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters
anders als Männer. Sehr viel häufiger als diese reagierten sie in solchen Fällen mit der Bildung von Allianzen, um einen unerwünschten Dritten oder Gegner auszuschließen. Während die Herren der Schöpfung noch ganz vordergründig auf physische Gewalt und offene verbale Aggression setzten, attackierten die Frauen mit ihren eigenen Waffen: Sie beschädigen den Ruf der Gegner, sie manipulieren oder versuchen, andere aus der Gruppe auszuschließen. Also, liebe Mitstreiterinnen: Bei der nächsten »Wer-backteinen-Kuchen«-Aktion rasch die Finger hoch! Sonst gibt es Gruppen-Keile.
HERR H. ERKLÄRT DIE WELT. ODER: WESHALB ICH MICH NACH EINER RIESENWINDEL SEHNE
Gestern habe ich Post bekommen von meiner örtlichen Drogerie-Filiale (Sie wissen doch, die mit den Babybrei-Gläsern, an denen die Pfeile zum Richtigrumaufdrehen dran sind). Das Anschreiben stammt von einem Herrn A. H., der sich als »Teamleiter« der Filiale vorstellt. »Lieber Herr Dr. Bendikowski«, schrieb mir Herr H., »können Sie sich etwas Schöneres vorstellen, als die Entwicklung Ihres Babys hautnah, Tag für Tag, mitzuerleben?« Nun ja, durchzuckte mich kurz der Gedanke, ich könnte mir in manchen Momenten schon Schöneres vorstellen, aber darin kämen dann so Sachen vor wie ein endloser Strand mit Palmen oder gemächlich gerührte Drinks, leise Musik im Hintergrund, vielleicht eine fröhliche Schar exotischer Tänzerinnen, lebenslanges Elterngeld zum Höchstsatz oder einfach mal ein gutes Buch …
Aber ich glaube nicht, dass der Herr H. von der Drogerie-Kette darauf hinauswollte. So war es denn auch. Er wollte mir nämlich in Wirklichkeit keine Reise zu einem endlosen Strand schenken, sondern nur eine bestimmte Windelsorte aufschwatzen, Pampers nämlich (die kaufe ich ohnehin nicht, aber egal). Dazu biederte er sich mit diesem Schreiben bei mir und anderen Müttern an und ist immer noch bei dem, was man sich schöner halt nicht vorstellen könne angesichts des eigenen Babys: »Wie es große und kleine Abenteuer besteht und dabei riesige Fortschritte macht?« Holla, denke ich, will er mich in ein ernsthaftes Gespräch verwickeln? Aber jetzt nicht albern werden – sicherlich hat eine gut bezahlte Werbeagentur diesen Text geschrieben, ich sollte ihn dann doch bitte schön mit der gebotenen Aufmerksamkeit lesen. »In dieser vielleicht spannendsten Zeit ist es besonders wichtig, eine Windel zu haben, auf die man sich absolut verlassen kann.« Fragen über Fragen: Was ist die spannendste Zeit? Und für wen? Und was ist eine Windel, auf die »man« sich verlassen kann? Höre ich da schon das Gespenst der späten (männlichen?) Inkontinenz durch die Straßen schleichen, mit der »man« (!) sich früher oder später vielleicht doch auseinandersetzen muss? Besorgt lese ich weiter und stelle erleichtert fest, dass es weiterhin nur um Babys geht. Streng genommen um eine Windel, die »perfekt auf die Bedürfnisse Ihres Babys zugeschnitten« ist. Was das ist? Gehen wir ins Detail und versuchen, der Beschreibung sorgfältig zu folgen.
»Tagsüber braucht Ihr Liebling eine Windel, die mitspielt.« Wie blöd ist das denn? Mitspielen tun Eltern, Kinder oder erschreckte Haustiere! Aber Zellstoffprodukte? Ins Spiel gezerrt werden sie (Obacht, liebe Werbetexter! Passivkonstruktion!) doch höchstens dann, wenn die Kinder beim Wickeln in einem unbeobachteten Moment blitzschnell mit den kleinen süßen Händchen unter sich und damit mitten in die … greifen. Aber dieses Mitspielen meint der Teamleiter vermutlich nicht. »Nichts soll seine« – also Babys – »Entdeckungsreisen unterbrechen, erst recht keine Riesenwindel.« Was glaubt Herr H. eigentlich, worin ich meine Kinder einwickele? Sehe ich aus wie eine Mutter, die oben erwähnten Liebling in eine Ganzkörperwindel steckt, weil sie zu blöd ist, die richtige Größe zu kaufen? Oder die glaubt, dass nur die Windel sicher ist, wenn Baby sie sich bequem bis unter die Achseln ziehen kann, wenn es denn könnte? Überhaupt dieser ganze Sicherheitsbegriff: Ich kenne ja innere und äußere Sicherheit, die wird meines Wissen inzwischen irgendwo am Hindukusch verteidigt, aber können wir bei Windeln nicht lieber von »praktisch« oder »komfortabel« sprechen, vielleicht von »bequem«, »angenehm«? Oder meinetwegen auch einmal von »preiswert«?
Womit wir bei der wahren Absicht des Anschreibens wären. Meiner Drogerie geht es weniger um das Wohlbefinden meiner Jungs als vielmehr um die Pampers, die ich doch bitte
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