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Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Alleingang: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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den Medien schützen zu wollen …«
    Seelmann breitete theatralisch die Arme aus. »Wir können auch nicht alles verhindern. Sie wissen ja, wie das ist: Wir haben eine freie Presse.« Er schaute so mitleidheischend, als sei das eine Zumutung für ihn.
    Felix rülpste. Bevor Marie ihn zurechtweisen konnte, fragte er: »Kann ich noch ’ne Fanta haben?«
    Seelmann schien ihm dankbar für die Ablenkung zu sein. Er rannte wieder zu seinem Schreibtisch. »Aber natürlich, junger Mann.«
    »Gehst du bitte raus und fragst selbst danach!«, sagte Marie zu Felix.
    Seelmann hatte den Hörer schon in der Hand; nun schaute er etwas enttäuscht.
    Felix gehorchte murrend und ging ins Vorzimmer, um sich eine Fanta zu erbitten.
    »Ich wollte noch etwas mit Ihnen besprechen«, sagte Marie.
    Seelmann legte den Hörer ab. Er wirkte angespannt. »Jaaaa …«
    »Die Toten sind doch aufgebahrt?«
    »Ja. Das ist üblich bei solchen militärischen Zeremonien. Aber die Särge sind verschlossen.«
    »Was geschieht mit den Särgen anschließend?«
    Seelmann schaute, als verstehe er gar nichts mehr. »Na ja, sie werden zu den Wohnorten gebracht, wo sie dann beerdigt werden können.«
    »Kann ich die Leiche meines Mannes sehen? Gleich nachher. Nach der Trauerfeier.«
    Seelmann schaute sie aus leeren Augen an. »Das wird schwierig werden.«
    »Ich möchte Abschied nehmen. Jetzt. Und nicht erst in ein paar Tagen auf dem Friedhof.«
    Seelmann brauchte eine Weile, er schien erst alle Argumente ordnen zu müssen. »Frau Blau, das können Sie dem Jungen nicht zumuten.«
    »Felix glaubt, dass sein Vater am Leben ist und …«
    »Aber wie kommt er denn auf so was?« Seelmann bemerkte selbst, dass das der falsche Ton war. »Ich meine, es ist ja verständlich, dass er sich wünscht, sein Vater wäre …«
    »Wenn Felix sieht, dass sein Vater tot ist, dann muss er sich der Wahrheit stellen.« Marie hatte nicht die Absicht, ihren Sohn mit der Leiche von Karl zu konfrontieren. Sie setzte Seelmann damit unter Druck. Und es funktionierte.
    Der Staatssekretär rannte erst eine Weile im Raum auf und ab, dann verkroch er sich hinter seinem Schreibtisch und begann, mit einem Lineal zu spielen. »Ich kann das nicht verantworten«, sagte er etwas pathetisch.
    »Ich verantworte es. Felix ist mein Sohn. Und Karl mein Mann.«
    Seelmann legte das Lineal weg und sprang auf. »Trotzdem. Es geht nicht.«
    »Warum denn nicht?«
    »Ich sagte doch schon …« Seelmann war in den gleichen Befehlston verfallen, den er dem jungen Soldaten gegenüber angeschlagen hatte. »Es ist unmöglich. Nach so einer Explosion. Die Leiche Ihres Mannes ist entstellt.«
    Marie beeindruckte das nicht. »Ich will ihn trotzdem sehen. Dann eben alleine.«
    »Nein!«, brüllte der Staatssekretär. Und dann ruhiger: »Schon allein aufgrund der militärischen Geheimhaltung kann ich das nicht erlauben.«
    Da wusste Marie, dass etwas nicht in Ordnung war.

8.
     
    Der letzte Regionalzug nach Anklam fuhr um 18 Uhr 34. Mit ihm war man kurz nach neun am Ziel. Um diese Zeit verkehrten von dort aus noch Busse zur Insel.
    Aber als sie das Tiefgeschoss des Berliner Hauptbahnhofs erreichten, war es bereits nach acht.
    Marie war sich sicher gewesen, auch am Abend noch einen Zug nach Hause zu bekommen. Sonst hätte sie den Fahrdienst der Bundeswehr nicht abgelehnt. Nun aber musste sie feststellen, dass es zwar noch Züge um 22 Uhr 35 und sogar noch um 23 Uhr 34 gab. Aber die fuhren nur bis Angermünde. Dort musste man dann bis 5 Uhr 33 warten, um Anschluss nach Anklam zu bekommen. Das konnte sie Felix nicht zumuten. Der Junge war jetzt schon hundemüde und quengelte, seit sie den Bendlerblock verlassen hatten. Jetzt saß er – klein und verletzlich – auf dem Bahnsteig und fror.
    Marie hätte sich ohrfeigen können.
    Hatte es ein solcher Abgang sein müssen? Nur weil dieser Seelmann ihr den Sarg von Karl nicht hatte öffnen wollen.
    »Wenn Papa jetzt da wäre, würden wir mit dem Wagen nach Hause fahren.«
    »Ja, aber er ist nicht da, und ich habe keine Fahrerlaubnis.«
    Zum Glück schwieg Felix jetzt. Marie studierte weiter die Fahrpläne. Vielleicht gab es ja noch eine andere Möglichkeit.
    Aber in der Nacht fuhren kaum Züge. Und das sollte der größte und modernste Bahnhof des Landes sein? Ich bin ja selbst schuld, sagte sich Marie.
    »Meinst du, Papa kommt früher nach Hause?«
    Marie setzte sich neben den Jungen und nahm seine Hand. Sie war eiskalt. Eigentlich benahm sie sich unmöglich. Es war

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