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Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Alleingang: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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war eben auch noch ein Junge.
    Marie holte das Telefon. Es lag im Flur auf der Garderobe.
    Egon schaute es sich an. »Aha. Das ist ein tragbares Gerät.«
    »Genau«, sagte Marie.
    Felix schaute groß. Egon wiegte das Telefon in der Rechten, als handelte es sich um ein Stück Fleisch, das er nach seinem Gewicht bezahlen sollte.
    »Ich zeige Ihnen den Schaltkasten«, sagte Marie und ging in den Flur zurück.
    »Den Schaltkasten?«, fragte Egon.
    Marie hatte keinen anderen Namen dafür.
    Egon drückte Tasten auf dem Telefon. Marie hoffte, dass er nichts verstellte.
    »Schau mal«, sagte er und beugte sich zu Felix hinunter. »Hier sieht man, welche Nummern in letzter Zeit gewählt worden sind. Und genauso werden auch die Nummern angezeigt, die angerufen haben. Toll, nicht?«
    Felix zog Egons Hand mit dem Telefon an sich heran. »Zeig mal!«
    »Hier«, sagte Egon und zeigte ihm, welche Tasten er drücken musste, um zu dem betreffenden Menüpunkt zu gelangen. Er schaute Marie an, und sie bemerkte, dass er stolz war, dem Jungen so etwas beibringen zu können.
    Das war nicht unbedingt das, was Marie sich von Egons Besuch erwartet hatte.
    »Ich glaube, Sie müssen sich um diesen Kasten hier kümmern.« Sie öffnete die Klappe der Telefonanlage.
    »Genau. Der Kasten«, sagte Egon und überließ Felix das Telefon.
    Der Junge begann sofort auszuprobieren, was Egon ihm beigebracht hatte.
    »Felix, das Essen wird kalt«, sagte Marie und zog ihn zum Tisch. Das Telefon nahm sie vorsichtshalber an sich.
    Felix ließ Egon nicht aus den Augen. Der Tüftler stand etwas hilflos vor dem offenen Schaltkasten.
    »Hier spielt die Musik«, sagte Marie und schenkte Felix eine Kelle mit dampfender Nudelsuppe aus.
    »Muschelnudeln!«, jubelte der Junge. »Von wegen Schweinenudeln. Es gibt gar keine Schweinenudeln. Egon, magst du Schweinenudeln?«
    Doch Egon war viel zu beschäftigt, um sich jetzt mit solchen Fragen zu befassen.
    »Darf Egon auch einen Teller haben?«, flüsterte Felix.
    »Natürlich«, antwortete Marie und tat sich Suppe auf. Sie wollte gerade einen dritten Teller für Egon holen, als vor dem Haus eine Hupe ertönte.
    Es war ein hoher Ton, wie auf dem Jahrmarkt.
    Marie stellte den Topf auf den Herd und ging zum Fenster. Mitten auf der Straße stand ein Auto. Es war klein, ein Zweisitzer. Der Wagen sah aus wie ein Spielzeugauto, mit gewölbtem Heck und kleinen, runden Scheinwerfern. Die Kotflügel waren rosa, der Rest hellbraun wie Hühnereier. Seltsam. Marie hatte hier noch nie so ein Auto gesehen.
    Schon wieder ertönte die Hupe.
    Marie holte Felix ein Stück Vollkornbrot aus der Brotbox. »Fang schon mal an!«, sagte sie und streichelte ihm übers Haar. »Bin gleich da.«
    Egon werkelte im Flur an dem Schaltkasten. Es klang, als wollte er ihn aus der Wand reißen. Hoffentlich macht er nichts kaputt, dachte Marie, als sie ihn mit einem großen Schraubenzieher hantieren sah. Es fehlte nur noch, dass Funken sprühten.
    »Ich schau mal nach, wer da draußen hupt«, sagte sie zu ihm und öffnete die Haustür.
    Der rosabraune Kleinwagen hatte ein ausländisches Kennzeichen. Rot auf weißem Grund.
    Woher kam das Auto? Nicht aus Polen. Die sahen anders aus.
    Die Hupe ertönte zum dritten Mal. Was sollte das Hupkonzert? Warum stieg der Fahrer nicht aus?
    Als zum vierten Mal gehupt wurde, überquerte Marie die Straße und öffnete die Fahrertür.
    Am Steuer saß eine strohblonde, junge Frau. Sie war über eine Karte gebeugt.
    »Was wollen Sie? Warum hupen Sie?«
    Die Fahrerin erschrak. »Oh, entschuldigen Sie. Ich weiß nicht … Ich dachte, ich hätte mich verfahren … Aber möglicherweise bin ich richtig hier.«
    »Hupen Sie immer, wenn Sie nicht weiterwissen?«
    »Nein, nein. Ich dachte nur, wenn ich auf mich aufmerksam mache, kommt vielleicht jemand aus dem Haus.« Sie hatte einen ganz leichten, fast unmerklichen skandinavischen Akzent. Wie eine Deutsche, die so lange dort gelebt hatte, dass sich ihre Muttersprache leicht eingefärbt hatte. Genau: Das weiß-rote Kennzeichen kam aus Schweden.
    Marie öffnete die Tür weiter. »Steigen Sie erst mal aus!« Die junge Frau machte einen hilflosen Eindruck. Sie stieg nur zögernd aus dem Wagen. Sie musste sich strecken. Ihre Glieder schienen auf der langen Fahrt steif geworden zu sein.
    Die Frau war klein. Kleiner als Marie. Ihr Körperbau war zierlich. Die weißblonden Haare waren dicht und lang. Ihre Gesichtszüge waren hager. Aber Marie fand sie dennoch schön. Die Schwedin hatte

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