Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Alleingang: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
Vom Netzwerk:
etwas übertrieben. Eine Vermisstenmeldung allein besagte doch noch gar nichts.
    »Ich weiß es nicht. Wirklich nicht.«
    Marie stand auf und riss ein Blatt von der Küchenrolle ab. Sie reichte es Pia, damit diese ihre Tränen damit wegwischen konnte. Doch Pia saß nur da mit dem Stück Küchenrolle, das sie zwischen den Beinen zerdrückte, und heulte weiter Rotz und Wasser.
    Als Marie es nicht mehr ertragen konnte, dass Pia die Tränen über die Wangen liefen und auf die Sonnenblumen der Hose tropften, nahm sie ihr das Blatt Küchenrolle aus der Hand und tupfte ihr das Gesicht trocken.
    Pia ließ es geschehen. Sie hörte sogar auf zu heulen, saß mit gefalteten Händen im Schoß steif da und wartete, bis Marie sie trocken getupft hatte.
    Marie drückte ihr das feuchte Blatt in die Hand. »So, jetzt geht’s auch alleine, oder?«
    Pia nickte schuldbewusst, machte aber keine Anstalten, selbst weiterzutupfen.
    Sie schniefte noch eine Weile und sagte dann – etwas zu entschlossen: »Dann kann ich auch nach Schweden zurückfahren. Oder hat er sich hier gemeldet?«
    »Nein. Aber vielleicht ruft er ja noch an …«
    Pia stand auf. Sie durchquerte etwas ziellos die Küche. Dann warf sie das zerknüllte Stück Küchenrolle ins Spülbecken.
    »Dann werde ich mich mal wieder auf den Weg machen.« Dafür stand sie aber etwas unentschlossen in Maries Küche.
    »Sie sind doch sicher die ganze Nacht unterwegs gewesen?«
    Pia nickte müde. »Ja, aber es hat ja keinen Sinn, hier auf ihn zu warten, oder?«
    Das brachte Marie nicht übers Herz: Dieses Häufchen Elend jetzt zurückfahren zu lassen. Obwohl es ihr lieber gewesen wäre, Pia hätte sie und Felix allein gelassen. Aber in diesem Zustand konnte die Schwedin doch nicht die nächste Nacht auch noch auf der Fähre verbringen.
    »Bleiben Sie hier! Ich mache Ihnen ein Bett für die Nacht zurecht.«
     
    Pia hatte sich lange gesträubt. Doch dann hatte sie eingesehen, dass es besser war, in Koserow zu bleiben. Erst wollte sie sich ein Zimmer im Ort suchen, aber da Marie wusste, wie schwer so etwas auf Usedom auch außerhalb der Hauptsaison war, redete sie es ihr aus.
    Marie überzog das Bett von Felix frisch.
    »Bitte nicht, ich will doch den Jungen nicht vertreiben«, protestierte Pia. »Ich schlafe natürlich auf der Couch.«
    Dass das mit der Couch nicht ging, hatte Marie schon beim Besuch von Pias Bruder bemerkt.
    »Felix ist begeistert, wenn er bei mir im Bett schlafen kann. Nicht wahr, Felix?«
    Felix jubelte: Nicht nur über die Aussicht, die Nacht im Bett seiner Mutter verbringen zu können, sondern auch, weil Pia bei ihnen übernachtete. Der Junge hatte einen Narren an ihr gefressen.
    Doch es war letztendlich Marie, die kein Auge zutat.
    Während Felix, eng an sie geschmiegt, schlummerte, hörte Marie die ganze Nacht Pia im Nebenzimmer schluchzen. Erst gegen Morgen wurde Maries Besuch etwas leiser und sie konnte völlig übermüdet einschlafen.
     
    Marie wurde durch ein schrilles Lachen aus dem Schlaf gerissen. Sie wusste sofort, dass das ihr Sohn war. Dennoch tastete sie neben sich das Betttuch ab. Wirklich, Felix war nicht mehr da. Marie öffnete die Augen.
    Obwohl die Vorhänge zugezogen waren, sah sie, dass es draußen schon taghell war.
    Sie schaute auf die Uhr. Halb elf.
    Wie hatte sie nur so lange schlafen können? Sicher wegen der Aufregungen der letzten Tage und wegen Pias Heulen im Nebenzimmer.
    Marie schlüpfte in ihre Kleider. Bevor sie ins Bad ging, zog sie die Vorhänge auf.
    Felix tobte mit Pia im flachen Schilfgras hinter dem Haus herum. Sie versuchte, den Jungen zu fangen, er schlug geschickt wie ein Hase Haken und schaffte es auch dann noch loszukommen, wenn Pia ihn an einem Kleidungsstück zu fassen bekam. Pia fiel in den weißen Sand, war aber sofort wieder auf den Beinen. Sie packte Felix erneut, der aber riss sich so heftig los, dass sie das Gleichgewicht verlor und einen Purzelbaum vornüber machte. Felix ließ sich auf den Hintern plumpsen und schaute staunend seine neue Spielgefährtin an. Die war mit einem Hechtsprung bei ihm und packte ihn so fest, dass er nicht mehr entweichen konnte.
    Der Junge streckte sich im Sand aus, warf den Kopf in den Nacken und schrie vor Vergnügen.
    Seit langer Zeit hatte Marie ihren Jungen nicht so glücklich gesehen.
    Was machte er eigentlich noch hier? Felix müsste doch längst in der Schule sein.
    Marie packte schon den Metallgriff, um das Fenster aufzureißen und ihn loszuschicken. Wenn er sich beeilte, kam er

Weitere Kostenlose Bücher