Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte
den Raum. »Der vierte Schlüssel könnte irgendwo versteckt sein oder überhaupt noch fehlen. Vielleicht kommt der erst, wenn Daniel das Blutbadautodrom hinzufügt.«
»Vielleicht weiß es ja der Clown«, meinte Roger.
»Vielleicht solltest du …« Ich verstummte abrupt, als mir etwas einfiel. »Vielleicht hast du Recht! Erinnerst du dich daran, was der Clown gesagt hat?«, fragte ich und eilte den Pfad zurück.
»Er hat mehrere Male ›sterben‹ gesagt«, entsann sich Roger.
»Er hat außerdem gesagt, wir sollen die Schlüssel finden, sie erschnüffeln.« Wir bremsten, duckten uns unter den Salven des Skeletts hindurch und standen vor dem Clown. Seine rote Nase ließ sich mühelos abnehmen. Im Inneren befand sich der vierte goldene Schlüssel.
»Du bist das coolste menschliche Wesen auf dem Antlitz der Erde«, huldigte mir Roger.
Der Schlüssel passte ins vierte Schloss, und wir gingen in den nächsten Bereich weiter.
Dieser bestand nur aus einem schmalen Durchgang, so niedrig, dass es nötig sein würde, hindurchzukriechen. Über dem Eingang stand eine weitere falsche Leiche; wir würden durch ihre Beine müssen. Ich wollte den Rest meines Lebens nie wieder einen künstlichen Kadaver sehen.
Triefende, rote Buchstaben verkündeten:
Willkommen im lustigen Labyrinth des Vergnügens und blutigen Grauens!
»Ich gehe als Erster«, verkündete ich in einem Moment der Tapferkeit, der so rasch verging, wie er gekommen war. Ich ließ mich auf Hände und Knie hinab und kroch in den Tunnel. Roger folgte mir, Charlotte ihm.
Nach etwa drei Metern gelangte ich in einen äußerst kleinen Raum, in dem ich aufrecht stehen konnte. Die Wände waren eine Kombination aus stark getöntem Plexiglas und Spiegeln, und es gab drei mögliche Ausgänge.
Bunte Lichter blinkten an der Decke und sorgten für discoähnliche Atmosphäre.
Wenn die Anlage fertig gestellt wäre, würde Daniel wohl den Soundtrack von
Saturday Night Fever
im Hintergrund dudeln lassen.
Wir entschieden uns für den linken Ausgang. Der Gang krümmte sich einige Male, dann gabelte er sich in zwei weitere mögliche Pfade.
Ich ritzte mit der Machete ein
X
auf einen der Spiegel. »Damit wir wissen, dass wir hier schon mal waren«, erläuterte ich.
Wir folgten wiederum dem linken Weg. Durch einige der Plexiglaswände konnte ich andere Teile des Labyrinths erkennen, doch bislang ließ sich unmöglich abschätzen, wie groß es war.
Es klopfte.
Daniel stand neben uns, nur durch die durchsichtige Wand von uns getrennt. Er deutete auf mich und fuhr sich mit dem Zeigefinger über den Hals, um uns wissen zu lassen, dass es Zeit für das Fallen des Vorhangs war.
K APITEL D REIUNDZWANZIG
Hinter uns ertönte ein lautes Rumoren. Daniel zwinkerte mir zu, dann bewegte er sich außer Sicht.
Das war in Ordnung. Ich wusste, ich würde ihn wiedersehen müssen. Und hier erschien es mir auf jeden Fall besser als in einem offenen Bereich, wo er uns mit seiner Maschinenpistole niedermähen konnte, wenngleich mir aufgefallen war, dass er sie nicht bei sich trug.
An der nächsten Gabelung kratzte ich ein weiteres
X
in den Spiegel, und wir bogen nach rechts ab. Nach etwa sechs Metern und sechs Biegungen standen wir in einer Sackgasse. Wir hörten weiteres Rumoren.
»Versuch mal, ob du den Spiegel eintreten kannst«, schlug ich Roger vor.
Er trat mehrere Male dagegen, und wenngleich das Glas zersprang, wurde klar, dass es ihm nicht gelingen würde, durchzubrechen. Also kehrten wir zu der Gabelung zurück, von der wir gekommen waren.
Das
X
war verschwunden.
»Habe ich etwas übersehen?«, fragte ich mich laut. »Ich habe die Stelle doch gekennzeichnet, oder?«
»Haben Sie«, bestätigte Charlotte. »Ich weiß, was das für ein Geräusch ist. Das Labyrinth bewegt sich.«
Nun, das war definitiv uncool, aber ich musste mir wieder die positive Seite vor Augen führen. Daniel und die anderen würden genauso orientierungslos sein wie wir. Vielleicht.
Wir bahnten uns weiter einen Weg durch das Labyrinth. An einer Stelle konnte ich Stan sehen, der etwa drei Plexiglasscheiben entfernt begeistert eine Zigarette rauchte. Kurz darauf erblickte ich Josie – humpelnd.
Unser nächster Weg wand sich etwa fünfzehn Meter weit hin und her, ohne neue Verzweigungen zu bieten. Als wir um eine völlig verspiegelte Ecke bogen, standen wir einem Wasserspeier aus Stein in Menschengröße von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Es handelte sich um eine koboldartige Kreatur mit unnötig großen
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