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Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)

Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)

Titel: Allen, Louise - Ballsaison in London (H218) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Allen
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stand, zögerte sie. Sie war sich unsicher, welche Richtung sie auf der belebten Straße einschlagen sollte oder was sie als Nächstes tun sollte.
      Wut, Trauer und Unsicherheit mischten sich in ihr. Würde es mit jedem, dem sie in ihrem neuen Leben begegnete, so schwierig werden?
      „Miss Grey, guten Tag.“ Die fröhliche Stimme an ihrer Seite riss sie aus ihrer Grübelei. Ihr wurde mit einem Mal bewusst, dass sie mitten auf dem Gehweg stand. Die Leute mussten einen Bogen um sie machen.
      „Lord Parry. Verzeihung, ich war in Gedanken.“ Mühsam riss Talitha sich zusammen und brachte ein Lächeln zustande. William blickte sie mit so ungekünstelter Freude an, dass sie unwillkürlich an einen großen Hundewelpen denken musste. Er sah schmerzlich jung aus, näherte sich aber augenscheinlich gerade mit großen Schritten der Phase des Erwachsenwerdens, in dem junge Damen ein geheimnisvolles, aber unwiderstehliches Mysterium darstellten.
      „Darf ich Sie irgendwohin begleiten?“
      „Nein, danke, ich wollte gerade nach … nach Hause gehen.“ Das wäre wohl wirklich das Beste. In ihrem verwirrten Zustand war ihr nicht mehr nach einem Schaufensterbummel zumute.
      „Das ist aber ein weiter Weg, oder nicht? Lassen Sie mich eine Droschke rufen.“
      „Ich … nein … vielen Dank. Ich bin lieber an der frischen Luft.“
      Zu ihrem Erstaunen, denn Talithas Erfahrung nach waren junge Männer meist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um sich viel um die Gefühle anderer zu kümmern, warf William ihr einen scharfen Blick zu, steckte sich ihre Hand fest unter den Arm und führte sie die Berkeley Street entlang.
      „Fühlen Sie sich nicht ganz wohl, Miss Grey? Machen Sie sich nichts daraus, ich weiß genau das richtige Mittel dafür.“
      „Was denn, Mylord?“ Halb belustigt trotz ihrer verletzten Gefühle ließ Talitha sich brav über das belebte Trottoir führen.
      „Eiscreme. Wir gehen zu ‚Gunter’s‘, und Sie genehmigen sich ein feines Zitroneneis auf einer Waffel und dazu eine Tasse heiße Schokolade, dann sind Sie sofort wieder putzmunter.“
      Talitha unterdrückte ein Lächeln. Natürlich, etwas zu essen, je süßer desto besser – für jeden Kummer eines jungen Menschen die richtige Medizin. „Das ist äußerst nett von Ihnen, Mylord.“
      Einigermaßen beruhigt erreichten sie das in der Gesellschaft äußerst beliebte Teehaus. Es gab einige Tische zur Auswahl. „Sollen wir uns ans Fenster setzen?“, schlug William vor. „Dort gibt es am meisten zu sehen.“
      Und jeder kann uns sehen, dachte Talitha, stimmte jedoch zu. Sie konnte sich schwer vorstellen, dass ihre Gegenwart in dem schäbigen Umhang Lord Parrys sorgfältig kultiviertem Image viel Glanz verleihen würde. Seine Kleidung war tadellos, wenn auch ein bisschen übertrieben, was den Schnitt anging, sein Haar war unbarmherzig in elegante Locken gelegt und sein Halstuch, dem allerdings der erlesene Faltenwurf fehlte, den ein gewisser Gentleman pflegte, war äußerst vornehm.
      „Wie ich sehe, bewundern Sie mein Halstuch“, unterbrach er ihre Gedanken in vertraulichem Tonfall.
      „Verzeihen Sie bitte“, erwiderte Talitha hastig. „Ich wollte Sie nicht anstarren.“
      „Keine Ursache.“ Er glühte vor Stolz, und Talitha kam zu dem Schluss, dass der Geburtstag, wenn seine Lordschaft tatsächlich zwanzig Jahre alt war, noch nicht lange zurückliegen konnte. „Mein Cousin Nick hat mir gezeigt, wie man es bindet. Ich habe mich an einem Wasserfall versucht und mich dabei wie ein kompletter Idiot angestellt, also hat er mir diesen Knoten hier gezeigt.“
      „Sie stehen Lord Arndale sehr nahe, nicht wahr?“, fragte Talitha. Sie schob ihre Serviette zur Seite, damit das Eis und eine Tasse dampfender Schokolade vor ihr abgestellt werden konnten. Dann sah Sie wieder zu Lord Parry.
      William schwieg plötzlich, er war es offensichtlich nicht gewöhnt, über seine Gefühle zu sprechen. „Er ist der beste Freund, den man sich wünschen kann“, brachte er schließlich hervor. „Wie ein Bruder, nur nicht so lehrerhaft. Natürlich habe ich keinen Bruder, aber ich höre, was die anderen Jungs so erzählen. Ältere Brüder hören sich an wie leibhaftige Teu… sind anscheinend sehr streng. Ständig ermahnen sie einen.“
      „Und Lord Arndale tut das nicht?“ Talitha war überrascht. Von dem, was sie über ihn wusste, schien es ihr nicht sehr wahrscheinlich, dass Lord Arndale die Torheiten der Jugend

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