Aller guten Dinge sind vier
dieser Parkbank«, sagte ich. »Ich ruf Sie am Vormittag an, dann sprechen wir alles ab.«
»Ich weiß nicht, mir ist gar nicht wohl dabei. Sie hat mir schon einen Ziegelstein zum Fenster reingeschmissen. Wer weiß, was ihr noch alles einfällt. Was ist, wenn sie mich umbringen will?«
»Na, einen Ziegelstein durchs Fenster zu werfen ist ein bißchen was anderes, als jemanden umzubringen.« Ich sah ihn einen Moment aufmerksam an. »Hat sie denn einen Grund, Sie umbringen zu wollen?«
»Ich hab sie angezeigt. Ist das ein Grund?«
»Für mich wär’s keiner.«
Dieser Typ war’s nicht wert, daß man seinetwegen in den Knast ging. »Wie Maxine es sieht, kann ich nicht sagen.«
Ich ging, und Kuntz schaltete sein Radio wieder ein. Ich weiß nicht, warum ich das Gefühl gehabt hatte, ihn persönlich aufsuchen zu müssen. Vielleicht wollte ich ihm in die Augen sehen, um ihrem Blick zu entnehmen, ob er Maxines Mutter skalpiert hatte. Leider werden meiner Erfahrung zufolge die Augen als Spiegel der Seele weit überschätzt. Das einzige, was ich in Eddie Kuntz’ Augen gesehen hatte, war der glasige Glanz vom Alkoholgenuß des vergangenen Abends.
Ich fuhr bei Mrs. Nowicki vorbei. Die Fenster waren alle verschlossen, die Jalousien runtergelassen. Ich stellte den Wagen ab und ging zur Tür. Auf mein Klopfen rührte sich nichts.
»Mrs. Nowicki«, rief ich. »Ich bin’s, Stephanie Plum.« Ich klopfte noch mal und wollte gerade wieder gehen, als die Tür einen Spalt geöffnet wurde.
»Was ist jetzt wieder los?« fragte Mrs. Nowicki.
»Ich würde gern mal mit Ihnen sprechen.«
»Ich Glückspilz!«
»Kann ich reinkommen?«
»Nein.«
Ihr Kopf war rundherum verbunden. Sie war ungeschminkt und ohne Zigarette und sah uralt aus.
»Was macht Ihr Kopf?« fragte ich.
»War schon schlimmer.«
»Ich meine die Verletzung.«
Sie verdrehte die Augen. »Ach das …«
»Ich muß wissen, wer das getan hat.«
»Ich.«
»Ich hab das Blut gesehen. Und das Messer. Ich weiß, daß Sie sich diese Verletzung nicht selber beigebracht haben. Es war jemand da, der Maxine gesucht hat. Und am Ende haben Sie’s abgekriegt.«
»Wollen Sie ne Aussage von mir? Gehen Sie zur Polizei und lesen Sie sie nach.«
»Wissen Sie, daß bei Maxines Freundin Margie auch jemand war und ihr einen Finger abgehackt hat?«
»Und Sie glauben, es war derselbe Kerl?«
»Das erscheint logisch. Und ich glaube, für Maxine wär’s besser, wenn ich sie finde, bevor dieser Typ sie erwischt.«
»Das Leben ist hart«, sagte Mrs. Nowicki. »Die arme Maxie. Ich hab keine Ahnung, was sie getan hat. Und ich weiß nicht, wo sie ist. Ich weiß nur, daß sie richtig in der Tinte sitzt.«
»Und der Mann?«
»Er hat gesagt, wenn ich rede, kommt er wieder und bringt mich um. Und ich glaub’s ihm.«
»Das ist natürlich alles vertraulich.«
»Ist mir egal. Ich kann Ihnen sowieso nichts erzählen. Sie waren zu zweit. Ich dreh mich um, und da stehen sie mitten in meiner Küche. Mittelgroß. Mittelschlank. Sie hatten Overalls an und Strumpfmasken über den Gesichtern. Sie hatten sogar solche Gummihandschuhe an, wie die im Krankenhaus sie tragen.«
»Und die Stimmen?«
»Nur der eine hat gesprochen, und an der Stimme war nichts Besonderes. Nicht alt. Nicht jung.«
»Würden Sie die Stimme wiedererkennen?«
»Keine Ahnung. Wie gesagt, es war nichts Besonderes an ihr.«
»Und Sie wissen nicht, wo Maxine sich aufhält?«
»Tut mir leid, nein.«
»Versuchen wir’s mal anders. Wenn Maxine nicht hier leben und jeden Tag zur Arbeit gehen müßte – wo würde sie dann hingehen?«
»Das ist einfach. Sie würde ans Meer fahren. Sie würde sich die Ozeanluft um die Nase wehen lassen und die Spielhallen auf der Promenande unsicher machen.«
»Seaside oder Point Pleasant?«
»Point Pleasant. Sie fährt immer nach Point Pleasant.«
Das war glaubhaft. Es erklärte die Sonnenbräune und die Tatsache, daß sie in Trenton keinerlei Geschäfte tätigte.
Ich gab Mrs. Nowicki meine Karte. »Rufen Sie mich an, wenn Sie von Maxine hören sollten oder Ihnen irgendwas einfällt, was uns weiterhelfen könnte. Sperren Sie Ihre Türen ab und reden Sie nicht mit Fremden.«
»Eigentlich wollt ich meine Schwester in Virginia besuchen.«
»Das ist eine gute Idee.«
Als ich nach links in die Olden Street abbog, bemerkte ich in meinem Rückspiegel flüchtig einen schwarzen Jeep Cherokee. Schwarze Cherokees sind in Jersey beliebt. Normalerweise würde mir so ein Wagen gar nicht
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