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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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Inhaltsübersicht]
    14
    Ruth braucht Janet Meadows nur anzusehen, schon ist ihr klar, warum Cathbad meinte, sie wäre genau die richtige Ansprechpartnerin zum Thema Bischof Augustine. Janet, eine große, elegante Frau ganz in Schwarz, ist offensichtlich eine Transsexuelle, die früher einmal ein Mann war. Das erzählt sie Ruth auch, nachdem sie sich im Refektorium, einem ultramodernen Gebäude gleich neben der mittelalterlichen Kathedrale, an einen Tisch gesetzt haben.
    «Es ist wahrscheinlich das Beste, das gleich zu Anfang aus dem Weg zu räumen. Geboren bin ich als Jan Tomaschewski. Unter diesem Namen habe ich auch einiges veröffentlicht. Vor fünf Jahren bin ich dann Janet geworden. Ich finde es einfach besser, das gleich zu sagen. Sonst denken Sie ja doch nur die ganze Zeit: ‹Die ist aber groß! Und was sie für große Hände hat!› Ich war früher ein Mann. Mehr ist nicht dabei.»
    Ruth, die tatsächlich Janets Hände gemustert hat, wird rot. «Und warum Meadows?», ist alles, was ihr einfällt.
    «Ach, Tomaschewski ist so ein komplizierter Name und außerdem enorm patriarchalisch. Er leitet sich von Thomas her. Ich hatte einfach keine Lust mehr, nach irgendeinem Kerl namens Thomas zu heißen, da habe ich beschlossen, mich nach etwas zu nennen, das mir gefällt. Und weil ich in der Nähe der Water Meadows wohne, dem Feuchtbiotop, kam ich auf ‹Meadows›.»
    «Das ist hübsch», sagt Ruth. «Ich habe früher meinen Vornamen gehasst. So farblos und biblisch. Vielleicht sollte ich ihn ja auch ändern.»
    «Nein», erwidert Janet entschieden. «Ruth Galloway passt zu Ihnen. Und Sie sind also eine Freundin von Cathbad? Noch einer, der seinen Namen geändert hat.»
    «Stimmt», sagt Ruth. «Ich fände es völlig abwegig, ihn ‹Michael› zu nennen.»
    «Immerhin ist das ein Erzengel», bemerkt Janet. «Eine recht ambivalente Gestalt.»
    In welcher Hinsicht ambivalent?, fragt sich Ruth. Natürlich wird Engeln ein geschlechtlich uneindeutiger Status nachgesagt, und Luzifer war ein Engel, bevor er zur dunklen Seite überlief. Die Grenze zwischen Heiligen und Sündern ist wieder einmal sehr schwammig.
    «Sie wollen also etwas über Bischof Augustine hören», fährt Janet fort. «Der ist ja in Archäologenkreisen gerade mächtig populär. Eigentlich wollte ich bei der Sargöffnung dabei sein. Zur ersten Veranstaltung bin ich auch gekommen, aber die wurde dann ja abgesagt. Und bei der zweiten war ich nicht zugelassen, es hieß, sie fände unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.»
    «Dabei hätten Sie Ihre Freude daran gehabt.» In knappen Worten berichtet Ruth von ihrer Entdeckung. Es ist ein voller Erfolg. Janet schnappt nach Luft und schlägt eine Hand vor den Mund. «Mein Gott! Das kann ich gar nicht glauben.»
    «Wirklich nicht?», fragt Ruth enttäuscht.
    «Oder doch, irgendwie schon.» Janet fasst sich wieder. «Augustine ist eine faszinierende Gestalt, aber es gibt etliche Lücken in seiner Biographie. Oder ihrer Biographie. Meine Güte! Ich bin ja wohl die Letzte, die mit den Personalpronomen durcheinanderkommen sollte.»
    «Was weiß man denn über den Bischof?», fragt Ruth taktvoll und trinkt den letzten Schluck ihres köstlichen Kaffees. Das Refektorium ist ein höchst angenehmer Ort: Glas und glänzendes Holz und eine schwindelnd hohe Decke, als wäre es selbst eine Kathedrale. Eine Kathedrale des leiblichen Wohls: Das ist ein Gotteshaus nach Ruths Geschmack.
    «Dank Prior Hugh eine ganze Menge. Er war zu der Zeit Prior, als Augustine Bischof war. Der Prior war für die alltäglichen Belange der Kathedrale zuständig, und Hugh hat ungeheuer detaillierte Aufzeichnungen über seine Arbeit hinterlassen: wie viele Kerzen verbraucht wurden, was die Mönche aßen, was an Almosen gegeben wurde – solche Dinge. Aber er war auch ein Chronist und hat über die Großen seiner Zeit geschrieben, allen voran über Bischof Augustine.»
    «Wissen wir etwas über Augustines Kindheit?»
    «Nun, er … ich werde vorläufig weiter ‹er› sagen, wenn Sie nichts dagegen haben, es wird noch dauern, bis ich mich an das andere gewöhnt habe … Er kam aus recht einfachen Verhältnissen. Damals waren die Smiths ja noch nicht adelig. Sie sind im 16 . Jahrhundert zu Geld gekommen, eine von vielen Familien, die sich durch die Auflösung der Klöster bereichern konnten, aber um 1300 waren sie einfache Handwerker, Zunftarbeiter. Der Vater war Steinmetz. Augustine selbst war ein Einzelkind, was für die damalige Zeit recht

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