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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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keinen Grund mehr hat, seine sexuelle Orientierung geheim zu halten. Romilly würde sich richtig freuen, wenn Randolph einen netten jungen Mann mit nach Hause brächte. Besser als eine weitere langweilige Freundin wie diese arme Clary, die sich seit Jahren ins Zeug legt, in der Hoffnung, dass Randolph ihr endlich einen Antrag macht. Tragisch, so was. Nein, Romilly würde einen passenden Freund mit offenen Armen empfangen. Passen muss er allerdings. Sie würde keinerlei Mühen scheuen, ihn vor jemandem zu schützen, den sie für ungeeignet hält.
    Sie hängt sich die Handtasche um, schlüpft in ein Paar Ballerinas und geht zur Tür. Halb elf. Das Treffen findet um elf statt. Romilly lächelt, als sie in ihren Wagen steigt. Sie liebt solche nächtlichen Treffen.
     
    Judy sitzt immer noch in Nelsons Büro und brütet über den Berichten des Rauschgiftdezernats. Jeder noch so kleine Informationsfetzen, den sie über die Operation Oktopus zusammengetragen hat, liegt irgendwo im Zimmer verstreut. Nelson würde einen Anfall kriegen. Auch Judy geht normalerweise sehr systematisch vor, doch heute ist sie geradezu verzweifelt in ihrem Vorhaben, dem Fall auf den Grund zu gehen. Auf irgendeine merkwürdige Weise scheint plötzlich alles davon abzuhängen: Nelson, Darren, Cathbad, einfach alles. Hektisch durchforstet sie Spurensicherungsberichte, Zeugenaussagen, die Berichte anderer Abteilungen. Irgendwo muss es doch sein.
    Als ihr Handy brummt, merkt sie es erst gar nicht, weil es unter einem Stapel Papier vergraben ist. Erst als die Papiere in Bewegung geraten, als wollten sie zur nächsten Geisterbeschwörung antreten, fischt sie ihren treuen Blackberry darunter hervor.
    Eine SMS .
Kommen Sie um 11 zum alten Tor. Es ist wichtig. Randolph.

[zur Inhaltsübersicht]
    27
    Nelson wehrt sich wie ein Wahnsinniger, als er den Tunnel näher kommen sieht. Er weiß, was das bedeutet, und er wird es nicht kampflos hinnehmen, ob er nun im Bett liegt oder nicht. Die lange Reise, das helle Licht, die Lieben, die vorausgegangen sind – nein, vielen Dank auch, aber jetzt noch nicht. Tut mir leid, Dad. Er kämpft, versucht verzweifelt, die unerbittliche Strömung hin zum Licht aufzuhalten. Ich bin noch nicht so weit, ruft er, und seine Finger gleiten an einer Oberfläche ab, die zugleich hart und flüssig zu sein scheint. Ich will nicht … Ein letztes Mal bäumt er sich auf, schlägt nach dem Nichts. Dann ist er im Tunnel.
    Voller Entsetzen beobachtet Michelle, wie Nelson sich auf dem Bett wälzt, nach Atem ringt. «Schwester!», ruft sie mit vor Angst heiserer Stimme. «Schwester!»
     
    Ganz leise öffnet Ruth die Tür zum Gästezimmer. Cathbad liegt auf dem Bett, flach auf dem Rücken, und rührt sich nicht. Die Jalousie ist hochgezogen, Mondlicht fällt ins Zimmer. Auf Zehenspitzen schleicht sich Ruth näher heran und fasst nach Cathbads Hand. Seine Haut ist kalt, doch sie spürt einen Puls. Er hat die Augen geschlossen, wie ein Standbild, und das lange Haar fällt ihm über die Schultern. Er lächelt. Falls er das überleben sollte, denkt Ruth, dann bringe ich ihn um.
    Sie geht in ihr Zimmer zurück und legt sich hin. Kate schläft friedlich in ihrem Bettchen. Es ist erst halb elf. Was um Himmels willen soll sie mit all den vielen Stunden bis zum Morgen anfangen? Da wäre es ihr ja fast lieber, wenn Kate brüllend aufwacht. Doch Kate schläft weiter. Ruth geht nach unten und versucht es mit Fernsehen, doch bei
Newsnight
geht es heute um Drogenmissbrauch an Schulen, und der Film auf Channel  4 ist
Picknick am Valentinstag
. Ruth findet, sie hat für ein Leben genug von Drogen und seltsamen Vorfällen in Australien gehört. Sie würde gern etwas trinken, sollte aber wohl besser nüchtern bleiben, falls sie Cathbad überstürzt ins Krankenhaus fahren muss. Großer Gott, wenn er stirbt, dort in dem schmalen Bett, wo sie noch zwei Nächte zuvor mit Max … Sie geht wieder nach oben. Cathbad und Kate schlafen immer noch, obwohl sie beide ein wenig unruhig wirken. Der Wind frischt auf. Ein plötzlicher Regenschauer prasselt gegen die Fensterscheiben. Der Briefkasten klappert, als machte sich ein geisterhafter Postbote daran zu schaffen. Es ist elf.
    Sie nimmt ein Bad, legt sich dann ins Bett und hört über Kopfhörer Radio. Zu dem beruhigenden Gemurmel der Sendung
Book at Bedtime
stehen ihr andere, weit weniger anheimelnde Bilder vor Augen. Eine andere Nacht, ein anderes Unwetter, ein Kind, das ihr eine Hand entgegenstreckt. Ein Wahnsinniger

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