Alles auf Anfang! (German Edition)
dieser Art von
Hindernis hatte sie nicht gerechnet.
Diese kleine Lisa Seiler, die konnte ihr
nicht gefährlich werden. Die war ein unscheinbares Licht.
Doch eine Frau, die in seinem Haus wohnte,
war kein leichter Fall. Ihr musste etwas einfallen und zwar schleunigst!
Den Schlüssel ließ sie wie automatisiert in
ihre Hosentasche verschwinden. Es war das Einzige, was sie im Moment von Ben
sicher hatte. Vielleicht stellte er die Lösung für ihr Problem dar.
Der Kies knirschte unter ihren schwarzen
Lackstiefeln, als sie die Einfahrt verließ. Sie hatte ihr Auto unterhalb des
Seeufers geparkt, damit er nicht ihr Fahrzeug erkennen konnte.
Carla rannte zu ihrem roten Zweisitzer und
ließ sich hinters Steuer fallen. Ein lauter Schrei störte die Stille der Nacht.
Sie zuckte zusammen. Von ihrem eigenen Schrei erschrocken, krampften sich ihre
Finger ins Lenkrad bis ihre Knöchel weiß wurden.
„Du entkommst mir nicht!“, würgte sie
heraus, startete den Motor und raste in die Nacht.
Lisa erwachte am Samstagmorgen, herrlich
erfrischt, noch vor dem Klingeln des Weckers. Für gewöhnlich war fünf Uhr
dreißig ein bisschen früh an ihrem freien Tag. Aber heute war kein gewöhnlicher
Tag. Heute sollte es endlich in die Berge gehen.
Sie freute sich schon die ganze Woche
darauf und hatte gestern ganz besonders fröhlich die Bank verlassen. Der nette
Herr Heine wünschte seiner „Lieblingsmitarbeiterin“ ein besonders schönes
Wochenende und lachte dabei verschmitzt durch die Gläser seiner goldenen
Nickelbrille.
Sie mochte ihn sehr. Er erinnerte sie ein
bisschen an ihren Vater. Der hatte auch immer einen munteren Spruch auf den
Lippen.
Lisa hatte sich fest vorgenommen, Herrn
Heine am Montag ein Stück Kuchen in sein Pförtnerhäuschen zu bringen.
Schließlich hatte sie morgen Geburtstag und am darauffolgenden Tag würde sie
Kuchen für ihre Abteilung mitnehmen. Er liebte Schwarzwälder Kirschtorte und
die sollte er auch bekommen.
Gut gelaunt sprang sie aus dem Bett und
tapste barfuss in die Küche, um ihre Kaffeemaschine anzuwerfen. Während der
schwarze, heiße Muntermacher die Kanne füllte, streifte Lisa ihren blauweiß
karierten Herrenschlafanzug ab und ließ ihn auf die Badematte mit
Muschelmotiven plumpsen. Dann stellte sie sich unter die Dusche und genoss das
Prickeln des Wassers.
Nachdem sich ihr Körper unter der Wärme
herrlich entspannte und der Melonengeruch der Duschlotion sich im ganzen Bad
ausgebreitet hatte, stellte sie die Mischbatterie auf eiskalt.
Sie liebte das Element Wasser in jeder
Form.
Anschließend rubbelte sie sich mit einem
übergroßen, flauschigen, sonnengelben Badelaken trocken und mummelte sich in
ihren meeresblauen Bademantel.
Ihre Haare würden an der Luft trocknen, ein
großer Vorteil von Naturlocken. In der Zwischenzeit würde sie einen großen Pott
Milchkaffee trinken und ein bayerisches Kümmelbrot mit Honig essen. Bei dem
Gedanken daran lief ihr das Wasser im Mund zusammen.
Sie musste zwar gleich ihren Rucksack
packen, hatte aber trotzdem noch genügend Zeit, um einen Blick in die Zeitung
zu werfen. Lydia würde sie gegen sieben Uhr abholen.
Samstags war es um die Zeit ganz still im
Haus. Barfuss, im Bademantel schlich sie durch den kalten Hausflur. Die
Zeitungen lagen in der vor dem mit Efeu bewachsenen Jugendstilhaus
installierten Zeitungsbox neben den Briefkastenschlitzen.
Lisa atmete die samtige Schönwetterluft
ein, sog das Blau des Himmels ein und spürte ein großes Glücksgefühl.
Ja, das Leben war schön!
Sie flitzte schnell die Stufen zu ihrer
Wohnung hoch. Dem Himmel sei Dank, die Fußmatte hatte die Wohnungstür
aufgehalten. Für einen Moment war sie sich nicht sicher, ob sie überhaupt die
Matte dazwischen gelegt hatte.
Im Gehen las sie die Überschriften. „Schwere
Regenfälle in Nordrhein-Westfalen ließen Keller voll laufen. Feuerwehr
zweihundert mal im Einsatz!“
Das abgebildete Foto auf dem Titelblatt
zeigte Feuerwehrleute vor umgestürzten Bäumen.
Unvorstellbar! Hier war superschönes Berg-
und Badewetter und ein paar hundert Kilometer in eine andere Richtung war ‚Land
unter’.
Irgendwie konnte Lisa die Freude nicht
unterdrücken, heute am richtigen Ort zu sein.
Der Kaffee schmeckte köstlich. Genüsslich
schaute sie aus dem Fenster und sah sich in Gedanken auf der sonnigen Hütte
sitzen. Sie war rundum zufrieden mit sich und der Welt. So konnte es bleiben.
Der Blick zur Küchenuhr holte sie aus ihren
Träumen.
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