Alles auf Anfang! (German Edition)
Hiobsbotschaft überbracht, dass sie so glänzende Augen
bekam?“
„Ich habe ihr einfach gesagt, wie toll ich
es finde, dass sie gekommen ist. Anschließend habe ich sie nur noch gefragt, ob
es ihr möglich wäre, ein bisschen aufzuräumen und zu putzen. Du wärst ein wenig
überfordert in deinem verantwortungsvollen Posten in der Bank. Ich habe ihr
versichert, dass du dich bestimmt freust, es aber nicht so zeigen kannst, weil
es dir peinlich wäre wie deine Wohnung aussieht. Sie macht jetzt ‚Großreine’
und morgen, wenn wir wiederkommen, hat sie uns was Leckeres gekocht! Na, wie
habe ich das gemacht?“
„Blöde Kuh. Ich brauche niemanden, der
hinter mir her wischt. Das habe ich jahrelange gehabt!“
„Mensch, Lisa. Sei doch nicht so bockig.
Lass sie doch! Ihr fehlt das Gefühl, gebraucht zu werden. Nach allem, was du
mir von deiner Mutter erzählt hast, ist das doch eine ganz patente Person. Eben
nur ein bisschen zu anhänglich. Ist es so schlimm, ihr eine kleine Ecke in
deinem Leben zu einzurichten? Sie liebt dich. Sie hat dich umhegt und umsorgt.
Gib ihr das Gefühl, gebraucht zu werden. Dann hat sie keinen Anlass mehr,
Ludger an sich zu binden. Rede du mal in aller Ruhe mit ihr!“
„Du kennst meine Mutter nicht. Sie hat mir
die Luft zum Atmen genommen und mich mit ihrer Liebe erstickt. Immer hat sie
sich nur über uns, ihre Familie definiert und ihre ganze Persönlichkeit
aufgegeben. Lydia, Kinder sind kein Eigentum. Man kann sie nicht für immer an
sich binden. Du hast wirklich keine Ahnung, wie viel Kraft es mich gekostet
hat, mich aus ihren Fängen zu befreien. Nachdem ich mich so mühevoll befreit
habe, verlangst du nicht im Ernst von mir, dass ich ihr wieder Zugang zu meinem
Leben geben soll? Lydia, sorry, aber das funktioniert nicht!“
„Lisa, ich will mich gar nicht in deine
Angelegenheiten mischen. Vielleicht liegt es einfach daran, dass ich gerne eine
Mutter gehabt hätte, für die ich wichtig gewesen wäre. Eine, die sich für mich
interessiert hätte! Meiner war ihre Karriere leider immer wichtiger. Aber das
ist ein anderes Thema. Das Leben ist halt kein Ponyhof und irgendwann ist jeder
selber für sein Glück verantwortlich. Egal, wie der Start ausgefallen ist. In
diesem Sinne machen wir zwei uns erstmal ein richtig schönes, unvergessliches
Bergwochenende und lassen die Schatten der Vergangenheit in einer unserer
vielen Schubladen!“
Bei Königsdorf fuhren sie von der Autobahn
ab. Beim Anblick dieser wunderschönen Gegend fiel Lisa ein Spruch ein: Wer
einen prächtigen Stern gebären will, muss eine große Portion Chaos in sich
tragen.
„Mein Stern scheint ein ganz schöner
Brocken zu sein“, dachte sie und drehte das Radio lauter. Es kam gerade ihr
Lieblingssong, „Postcards from Heaven“ von Lighthouse Family. Lydia drehte die
Musik bis zum Anschlag auf und sang lauthals mit.
Der Montag zeigte ein graues Gesicht. Es
regnete in Strömen. Nach einem schwülen Sonntag reinigte sich die Luft am
Vorabend durch starke Gewitterschauer. Der starke Regen hielt sich bis zum
Morgen.
Lisa zehrte noch von den Erlebnissen des
Wochenendes und spürte die Sonne immer noch auf ihrer Haut, während sie im
stickigen U-Bahn-Schacht auf den Zug wartete.
Ein Wochenende in den Bergen hatte den
Erholungsgrat einer ganzen Urlaubswoche. Nachdem sie bei Tante Rosi den
Schlüssel für die Hütte abgeholt hatten, wanderten sie, die meiste Zeit
schweigend, den Berg hinauf. In gleichbleibender Steigung fanden sie schnell
einen Rhythmus, der ihnen bei aller Anstrengung den Genuss der Landschaft nicht
nahm. Rauschendes Bergwasser säumte eine Zeitlang ihren Weg. Die Wassermassen
stürzten sich mit Wucht ins Tal. Nach dem langen, strengen Winter zog sich die
Schneeschmelze bis weit in den Frühling. Reichlich bestückt mit Radi, Brot,
selbst gestampfter Butter, Speck und Kren erreichten sie erschöpft, aber
glücklich, die Hütte unterhalb der Seekarspitze.
Es war genauso, wie Lisa es erträumt hatte.
Es roch nach erstem frischen Gras, unter den Schuhen knirschten die weißen
Steine. Lisa kam bei dieser Tour schnell an ihre Grenzen, da sie in letzter
Zeit weniger als keinen Sport betrieben hatte. Öfter mussten sie deshalb
stehenbleiben und durchschnaufen. Der Ausblick war atemberaubend und nach jeder
Kehre imposanter. Sie kamen an Almkühen vorbei, die sich mitunter vorwitzig
mitten auf den Weg stellten. Das Gebimmel ihrer Glocken war wie Musik.
„Ist die Aussicht nicht viel schöner,
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