Alles auf Anfang! (German Edition)
zu
Herrn von Lichtenfels und reden mit ihm. Ich meine, reden hat noch nie
geschadet und so manches Missverständnis aufgeklärt. Außerdem muss er erfahren,
was heute mit Lisa passiert ist. Kommen Sie, wir nehmen die Sache in die Hand!“
Herr Heine war einverstanden.
Mit Lydias Wagen und fuhren zum Haus am
Starnberger See.
Das
Auto stellten sie vor der Einfahrt ab und ging zu Fuß zum Haus. Das Knirschen
der Steine unter den Schuhen klang unverhältnismäßig laut in der Stille der
Nacht. Sie schlichen um das Haus, um einen Blick nach innen zu ergattern. Das
Bild, was sich ihnen auf dem Sofa bot, erforderte keinen Kommentar. Genauso
unerkannt wie sie gekommen waren, verschwanden sie wieder vom Grundstück.
„Ich glaube, der Zeitpunkt für einen Besuch
war ausgesprochen ungünstig!“
„Also ist es doch war, dass Herr von
Lichtenfels ein Verhältnis mit dieser Schlange hat. Ich weiß gar nicht, was er
an der findet!“
Verständnislos schüttelte Herr Heine den
Kopf.
„Herr Heine?“
„Ja?“
„Wir waren nie hier!“
„Nein, bestimmt nicht. Ich weiß von
nichts!“
Schweigend fuhren sie am nächtlichen See
entlang. Lydia fragte sich, was sich hinter den Fassaden der anderen Villen
rund um diese Idylle gerade abspielte. So viele Menschen hinter dunklen und
erleuchten Fenstern, so viele Schicksale. Jeder hatte sein Päckchen zu tragen.
Manche Schicksale kreuzten sich. Viele von
den Menschen, die einen ein Stück des Weges begleiteten, verschwanden auch
wieder. Manche hinterließen Spuren, manche hinterließen nichts.
Sie dachte an Lisa und freute sich, dass
ihre neue Freundin in ihr Leben geprallt war.
Ein Blick auf den alten Mann neben sich,
dessen Gesicht vom Mond beleuchtet wurde und müde wirkte, verriet ihr seine
Sorge um Lisa. Zwei Menschen unterwegs in der Nacht, deren einzige
Gemeinsamkeit die Sorge um ein und dieselbe Person war.
Ben von Lichtenfels erwachte in seinem
Lesesessel, verknittert, verdattert und auf der Suche nach sich selbst.
Er quälte sich hoch und wankte ins Bad.
Nach einer heißen Dusche fühlte er sich besser. An Frühstück war nicht zu
denken.
Bei dem Gedanken an den gestrigen Abend
drehte sich ihm der Magen um. Er zog sich an und machte auf der Terrasse ein
paar Entspannungsübungen. Seine Lunge füllte sich mit frischer Morgenluft und
ließ neue Energie fließen.
Über dem See lag Sommernebel. An den
Stellen, an denen das Wasser es zuließ, glitzerte die Morgensonne und tauchte
die Landschaft in unwirkliches Licht.
Es würde ein heißer Tag werden.
Ben von Lichtenfels sehnte sich nach seinem
Boot und der Freiheit des Sees.
Sein Terminkalender ließ auch heute keinen
Platz dafür zu, so wie vermutlich in den nächsten Wochen auch nicht. Er dachte
an Urlaub, schob diesen Gedanken aber schnell wieder beiseite. Später dann!
Ben ging hinein und verriegelte die
Terrassentür. Beim Anblick seines Sofas vor dem Kamin drängte sich der Gedanke
an Carla auf.
Würde er sich jemals von ihr trennen
können? Sie war in der Lage, ihn das Leben zur Hölle zu machen. War es da nicht
besser, ihr nachzugeben? Sie vielleicht sogar zu heiraten und mit dem
gemeinsamen Kind hier zu leben?
Er wollte immer eine Familie. Die Frage war
ja, ob es das hundertprozentige Glück überhaupt gab. Musste man nicht immer
Kompromisse eingehen? Carla war ein hübscher Kompromiss, zugegeben. Und wenn es
nach ihrem Willen ging, konnte sie sogar sehr angenehm sein. Trotzdem machte
der Gedanke ihm Angst. Wie würde Maria reagieren? Nein, das war nicht das, war
er fühlte.
Carla war nicht die Frau, mit der er sich
vorstellen konnte, alt zu werden. Er hatte keine Herzklopfen, keine Sehnsucht.
Nur der pure Gedanke der Lust trieb ihn immer wieder in ihre Arme.
Vielleicht auch deshalb, weil er im Grunde
seines Herzens Angst hatte, echte Gefühle zuzulassen. Die Gefahr, dabei
verletzt zu werden, war zu groß.
Lisas Bild schob sich vor. Mit ihr hätte er
gerne Spaziergänge am See gemacht, vorm Kamin gesessen, gelesen, gelacht und
geredet.
Lisa konnte er sich in jeder Rolle
vorstellen. Gerne hätte er die Gelegenheit gehabt, sie ganz langsam
kennenzulernen und vielleicht sein Wunschbild von ihr bestätigt zu finden.
Gab es eine Möglichkeit, solange Carla ihn
immer wieder in Beschlag nahm? Er fühlte sich bei ihr wie ein Käfer unter einer
Lupe.
Ben von Lichtenfels machte sich einen
Espresso, bevor er das Haus verließ und beschloss, sich in seine Arbeit zu
stürzen.
Herr
Weitere Kostenlose Bücher