Alles auf Anfang! (German Edition)
durch die
Kaffeemaschine.
Ludger mochte Martha sehr und er wusste,
sie duldete keinen Widerspruch. Ihr Essen abzulehnen kam einer persönlichen
Beleidigung gleich. Die Suppe schmeckte köstlich. Sie gab ihm für einen
Augenblick ein Stück seiner verlorenen Behaglichkeit wieder.
Seit Lisa ihn verlassen hatte, konnte er nicht
mehr schlafen, nicht mehr essen und an nichts anderes mehr denken. Die ersten
Tage musste er sich sogar krank schreiben lassen. Er bekam eine leise Ahnung
von dem, was seitenweise über Depressionen geschrieben wurde. Er war völlig
unfähig, seinen normalen Tagesablauf aufrecht zu erhalten. Es fiel ihm schwer,
morgens aufzustehen. Die alltäglichsten Dinge, wie Duschen, Kämmen, Anziehen,
stellten eine nicht überwindbare Hürde da. An Arbeiten war nicht zu denken. Er
saß in einem tiefen, schwarzen Loch, aus dem er alleine nicht mehr raus fand.
Heute fühlte er sich etwas besser. Der
Himmel über Münster war strahlend blau. Der starke Wind aus Norden blies
schnell die dicken Regenwolken der vergangenen Wochen fort.
Es kam ihm wie ein Zeichen vor und so holte
er sein Fahrrad aus der Garage, um Martha zu besuchen. Er schätzte die alte
Dame sehr. Auch wenn ihr Urteil über manche Dinge sehr kompromisslos sein
konnte, so stützte er sich gerne auf ihr Meinungsbild.
Seine eigene Mutter hatte er nie gekannt.
Sie war, als er zwei Jahre alt war, einfach von ihm und seinem Vater
weggegangen. Sie ging aus dem Haus und kam nicht wieder.
In Martha fand er eine Art Ersatzmutter.
Sie war so eine warme, weiche Frau mit dem Herz am rechten Fleck. Martha war
sehr selbstlos und es machte sie einfach glücklich, ihre Lieben zu umsorgen.
Sie wäre bestimmt eine wunderbare Oma
geworden. Bei dem Gedanken spürte er wieder diesen dicken Kloß im Hals. Er
musste kräftig schlucken, wie er Martha mit flinker Hand in ihrer Küche werkeln
sah.
Auch für sie war die geplatzte Hochzeit ein
harter Schlag gewesen.
„Na, mein Junge, schmeckt es dir denn? Du
bist ja so dünn und blass geworden. Du musst essen! Essen hält Leib und Seele
zusammen.“
Sie füllte seinen Teller ein zweites Mal.
„Danke Martha, es schmeckt wunderbar. Wie
immer!“
Es war nicht nur so daher gesagt. Martha
war eine ausgezeichnete Köchin, die Rindfleischsuppe noch aus ausgekochten
Rinderknochen herstellte und Rotkohl selbst schnippelte und liebevoll
abschmeckte. Nicht diese Fertigkost und schnell aufgeschraubten Gläser. Selbst
für sich allein kochte sie jeden Tag.
Schade, dass Lisa so wenig mit ihr gemein
hatte.
Es kostete ihn jede Menge Überwindung, aber
er musste die Frage stellen.
„Martha, hast du etwas von Lisa gehört? Wie
geht es ihr denn in München?“
Seine Stimme schwankte ein wenig. Er
hoffte, Lisa würde schnell genug haben von der neuen Stadt und mit wehenden
Fahnen zu ihm zurückkehren.
Gedankenverloren schweifte Marthas Blick
aus dem Fenster. Für einen Moment beobachtete sie die Entenmütter mit ihren
kleinen, flauschigen Küken und sah das Bild einer jungen Frau mit ihren zwei
Mädels, die quietsch vergnügt mit ausgestreckten Armen hinter den Entenkindern
her wackelten, um sie zu füttern.
Wo waren die Jahre geblieben?
„Ach Ludger, was soll ich dir sagen? Ich
weiß es selber nicht genau. Sie ist so chaotisch. Stell dir vor, sie hat noch
nicht einmal ihre Umzugskartons ausgepackt, bevor sie ihre neue Stelle
angetreten hat. Ich mag mir gar nicht vorstellen, in was für einem Loch sie
dort haust. Am Telefon war sie ziemlich gereizt und hat mich auch nicht
zurückgerufen, wie versprochen. So benimmt sich niemand, der angeblich so
zufrieden und glücklich mit seinem neuen Leben ist. Wenn du mich fragst, steht
sie bald wieder ganz kleinlaut vor der Tür.“
In Ludgers Augen blitzte ein Fünkchen
Hoffnung.
„Hältst du das wirklich für möglich? Ich
weiß nicht, das halte ich für sehr unwahrscheinlich. Lisa handelt zwar sehr
emotional, aber ihre Entscheidung war nicht aus einer Laune heraus. Was sie
sich in den Kopf setzt, das zieht sie auch durch. Ich habe viel über uns
nachgedacht und glaube, einige wichtige Vorzeichen übersehen zu haben. Vor
lauter Angst sie zu verlieren, wollte ich es nicht wahr haben, dass sie gar
nicht mehr richtig glücklich war - mit mir! Ich muss der Tatsache ins Auge
sehen, dass ich sie für immer verloren habe. Ich war zu sehr damit beschäftigt,
meine Selbständigkeit vorzubereiten. Die Übernahme der Firma, unser Hausbau ...
Ich wollte ihr eine solide
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