Alles auf Anfang Marie - Roman
der mitten auf dem Weg lag.
»Vielen Dank«, sagte ich. »Sie sind wirklich mein Retter in allen Lebenslagen.«
»Ich mag Sie halt«, sagte er, aber er sah dabei auf das Wasser statt zu mir. Dann plötzlich schaute er wieder mit einem Grinsen zu mir herüber. »Und natürlich möchte ich nicht, dass Sie mit Hundekacke an den Schuhen in mein Auto steigen.«
Erleichterung machte sich in mir breit. »Natürlich.«
Frau Kopp war schon gegangen, als ich nach Hause kam. Ich hatte wenig Hunger und machte mir nur schnell ein Brot. Unser Haus roch intensiv nach Teppichschaum, und weil es drinnen gerade nichts zu tun gab, ging ich in den Garten und schnitt vertrocknete Blüten aus den Stauden. Das gab mir die Möglichkeit, noch mal über alles nachzudenken.
Ich hatte nach unserer Rückkehr zum Hammerweg noch einen Kaffee mit Hannes getrunken und war dann tapfer nach oben gegangen, nachdem ich bemerkt hatte, dass Gonzalez auch gerade nach Hause gekommen war.Nicole hatte wieder auf ihrem Sofa Platz genommen und ergötzte sich an einer alten Traumschiff-Folge. Der wilde Maik war nirgends zu sehen.
»Gibt’s heute nichts zu Mittag?«, fragte Gonzalez, nachdem er zwar das Geschirr auf der Spüle, nicht aber irgendwelche zubereiteten Lebensmittel auf dem Herd wahrgenommen hatte.
»Nein, heute nicht«, sagte ich. »Und in Zukunft wird eure Mutter sich wieder allein um euch kümmern.« Nicole schreckte auf und sah mich alarmiert an.
Gonzalez langte in einen Schrank und holte sich zwei Scheiben Toastbrot heraus. Im Kühlschrank fand er eine Packung geschnittene Salami, pappte zwei Scheiben davon zwischen das Brot und biss kräftig hinein. »Wieso machen Sie das denn nich mehr?«
»Das muss ich mit deiner Mutter besprechen«, sagte ich.
Er zuckte mit den Achseln und zog wieder los. Dass er keine weiteren Fragen stellte, sprach dafür, dass er schon mehrere solcher Veränderungen miterlebt hatte.
»Hören Sie«, sagte Nicole und stellte dabei freiwillig den Fernseher stumm, »es tut mir leid mit heute Morgen. Sie waren aber auch früher als sonst.«
»Darum geht es nicht«, sagte ich. »Sie müssen selbst entscheiden, was Sie tun. Aber wenn Sie sich mit einem solchen Kerl einlassen, dann ohne mich.«
»Er ist nicht immer so«, behauptete sie.
»Es reicht schon, dass er manchmal so ist. Ich kann das nicht unterstützen. Und überhaupt glaube ich, dass es besser ist, wenn sich ein Profi um Sie kümmert.«
»Sie meinen diese Tussi von der SPFH? Aber die ist bescheuert! Und es hat doch so gut geklappt …«
Das machte mich jetzt besonders ärgerlich. »Klar, weil ich die Arbeit gemacht habe. Aber Sie können das auch,Nicole. Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit. Man kann vielleicht keine Bäume fällen, aber ein bisschen kochen und putzen und aufräumen ist durchaus zumutbar.«
»Meinen Sie?«, fragte sie skeptisch. »Vielleicht könnten Sie ja doch ab und zu …«
»Nicole, es ist besser, wir schaffen klare Verhältnisse«, sagte ich mit fester Stimme. Wenn ich mich einmal zu etwas durchgerungen habe, dann ziehe ich das auch durch. Nur gut, dass Kevin nicht da war und mich mit seinen braunen Augen ansah. »Erstens haben Sie doch meine Liste. Und Sie können mich immer anrufen, wenn Sie mal eine Frage haben. Aber vermutlich gehe ich sowieso demnächst mit meinem Mann ins Ausland.«
»Tja, wenn das so ist …« Vermutlich begriff sie auch irgendwann, wenn eine Sache gelaufen war. »Können Sie mir Ihre Nummer noch mal aufschreiben?«
Ich tat es und verabschiedete mich. Ein Dankeschön für das, was ich in letzter Zeit hier gemacht hatte, wäre nett gewesen. Aber für mich war es das Wichtigste, hier Land zu gewinnen.
Natürlich traf ich Kevin auf dem Weg zum Auto. Wie Gonzalez war auch er verwundert. »Gibt es heute nichts zu essen?«
»Nein, Kevin, tut mir leid.« Das war ganz schön schwer. »Aber jetzt ist doch dein Papa wieder da, und deiner Mama geht es auch besser, da kommt ihr auch allein zurecht.«
»Ach so.« Er scharrte vor sich eine Spur in den Kies. Mit den schönen blauen Turnschuhen. Ich konnte es kaum mitansehen. »Aber zur Einschulung, da kommst du doch, oder?«
Ach ja. Mein erster Auftritt als Oma. Das konnte ich ihm nicht antun. »Klar, Kevin, da komme ich. Versprochen.«
»Na gut.« Und damit zog er von dannen und ließ mich ein wenig beklommen zurück. Ich spürte diese Ambivalenz immer noch. Manchmal tut man das, was besser ist, und fühlt sich trotzdem ziemlich mies.
Ich hörte
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