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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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mit Bedauern die Ähnlichkeit zwischen den beiden und konnte nur hoffen, dass der Junge seinem Vater ansonsten nicht zu ähnlich wurde. Immerhin war auch ich recht beeindruckt, dass sich Kevin diesen komplizierten Begriff zu merken versucht hatte. Aber es ging schließlich auch um seine Mama.
    »Ein anaphylaktischer Schock«, sagte ich. »Eine extreme allergische Reaktion. Wissen Sie, ob Nicole gegen irgendwas allergisch ist?«
    »Keine Ahnung«, sagte er kopfschüttelnd. »Na so was! So ein Scheißkack!«
    Wie bitte? Ich stand da wie vom Donner gerührt. War das etwa   … Ich versuchte mich zu erinnern. Das Gesichtmit einer Baseballkappe, einer Sonnenbrille und einem falschen Bart   … War er etwa der Kerl, der versucht hatte, den Kiosk zu überfallen? Immerhin war es nicht gerade eine Großtat, mit fünf Euro abzuziehen, die ihm mehr oder weniger aus Mitleid gegeben worden waren. Die Polizistinnen hatten dem jedenfalls wenig Bedeutung beigemessen. Aber die Bereitschaft für solche Aktionen war offensichtlich vorhanden.
    Ich wurde etwas nervös. Jetzt war ich allein in der Wohnung mit einem kleinen Jungen und seinem gewaltbereiten Vater. Das gefiel mir gar nicht; ich bin wohl nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem man Heldinnen macht.
    »Was is denn mit dem Baby?«, fragte Maik als Nächstes.
    »Das ist wohl in Ordnung«, sagte ich. »Aber sie soll in nächster Zeit liegen und sich schonen.«
    Kevin verzog das Gesicht. »Und was is mit der Einschulung?«
    »Da komm ich dann mit«, sagte sein Vater tröstend zu ihm. »Wann is die denn?«
    »Morgen um zehn«, sagte ich. »In der Kirche.« Ich weiß nicht, ob ich das als Abschreckung gedacht hatte. Mir war nicht recht, dass dieser Ganove mitkam, wenn ich mit Kevin zur Einschulung ging, aber ich hatte weder das Recht noch die Traute, ihm das zu sagen.
    »Um zehn in der Kirche«, wiederholte er. »Ich werde da sein. Überhaupt«, sagte er zu mir, »was wollen Sie denn noch? Ich werde mich jetzt hier um alles kümmern.« Und schon war die übliche Aggression wieder da, die Ablehnung in seinen Augen.
    »Ich wollte eigentlich Mittagessen machen«, sagte ich. Um das zu unterstreichen, öffnete ich den Kühlschrank, wo sich immer noch der Blumenkohl befand.
    »Brauchen Sie nich«, beschied mir Maiks Vater. »Und Blumenkohl schon gar nich. Ich sag doch, ich kümmer mich jetzt hier um alles. Verziehn Sie sich.«
    »Werden Sie auch Nicole aus dem Krankenhaus abholen?«, fragte ich etwas bissig.
    Er zögerte nur kurz. »Kann ich nich«, sagte er. »Hab kein Auto. Das können Sie ja machen. Aber sonst brauchen wir Sie nich.«
    Ich schwankte zwischen Empörung und Erleichterung. Niemand lässt sich gern sagen, dass er nicht gebraucht wird, aber ich hatte andererseits auch wenig Lust, noch mehr Zeit mit diesem Typen zu verbringen.
    »Tja, wenn das so ist«, sagte ich und griff nach meinem Korb, »dann gehe ich jetzt.«
    Kevin beobachtete es mit großen Augen. »Und das Mittagessen?«, fragte er.
    Maik tätschelte ihn freundlich. »Mach dir keine Sorgen«, sagte er. »Ich hole uns was.«
    Das klang ja vielversprechend. Hatte er in einem anderen Kiosk mehr Erfolg gehabt oder wie wollte er einen solchen Lebensstil finanzieren? Aber für Kevin hatte vermutlich ein Schnitzel mit seinem Vater deutlich mehr Attraktivität als eine Portion Blumenkohl mit mir. Damit würde ich leben müssen.
    Trotzdem war ich fest entschlossen, ihn bei der Einschulung nicht im Stich zu lassen. Dieser Vater schien mir wenig vertrauenerweckend. Vielleicht kam er gar nicht rechtzeitig?
    Auf dem Weg zum Auto schaute ich noch bei Hannes rein.
    »Nanu?«, fragte er verwundert. »Sind Sie so schnell rückfällig geworden?«
    »Sagen wir mal, das Leben hat anders entschieden«, sagte ich.
    Er nickte. »Kaffee?«
    »Warum nicht?« Vermutlich zum allerletzten Mal. Wie die Tourneen von alternden Popstars, die immer wieder den Rücktritt vom Rücktritt zelebrierten. Tim und Karlheinz hoben kaum noch den Kopf, wenn ich erschien.
    In seinem Besprechungszimmer erstattete ich Bericht über die dramatischen Ereignisse von gestern. Und über meine Vermutungen hinsichtlich der kleinkriminellen Karriere von Kevins Vater. Er hörte mit einer Gelassenheit zu, die vermutlich auf einer sehr bunten eigenen Lebenserfahrung beruhte.
    »Ausgerechnet dieser Knaller zieht jetzt wieder ein?«, sagte er. »Nicole hat aber auch ein Händchen dafür.«
    »Werden Sie wohl mitbekommen, wenn da oben was schiefläuft?«, fragte ich etwas

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