Alles auf Anfang Marie - Roman
ins Wohnzimmer und fand die beiden in großer Eintracht vor dem Fernseher. »Könntet ihr nicht lieber was spielen?«, fragte ich meinen Sohn.
»Wieso denn?«, fragte er überrascht. »Wir bilden uns doch gerade.«
»Nach Sesamstraße hört sich das aber nicht an«, sagteich und warf einen Blick auf den Bildschirm, wo sich gerade ein Skifahrer mehrfach und wenig elegant überschlug. Kevin wippte kichernd auf dem Sofa.
»Nein, wir gucken die witzigsten Videos der Welt«, erklärte mir Christoph. »Man lernt daraus, Fehler zu vermeiden.«
»Lernt man da auch, dass man nicht einfach Männer in Supermärkten mit Zahnstochern sticht? Manche von denen mögen das nicht so.«
Christoph sah Kevin an. »So was machst du?«
Kevin grinste und zeigte wieder mal mit einer Kopfbewegung auf mich. »Sie hat’s mir erlaubt.«
»Das ist gemein«, klagte Christoph. »Wir durften das nie.« Er sah mich vorwurfsvoll an. »Auf welchen Mann hast du ihn denn gehetzt? Kenne ich ihn?«
»Wir haben Bernhard getroffen«, versuchte ich zu erklären. »Aber ich habe Kevin nicht …«
»Bernhard Braun?«, fragte Christoph erheitert. »Hör mal«, sagte er zu Kevin, »wenn du den das nächste Mal triffst, dann fragst du ihn, wann er dem Teufel sein Lachen verkauft hat. Und ob es wehgetan hat, als er es wegoperiert hat.«
»Christoph!«, rief ich mahnend. Er sollte diesem kleinen Kerl nicht solche Sachen in den Kopf setzen.
Aber es war schon zu spät. Kevin las ihm andächtig die Worte von den Lippen ab. »Er hat dem Teufel sein Lachen verkauft? Sieht er deshalb so böse aus?«
»Christoph hat das früher mal im Fernsehen gesehen«, sagte ich eilig. »Das war ein Film, das ist nicht wirklich passiert. So ähnlich wie der Undertaker auch nicht wirklich seine Gegner fertigmacht.«
»Woher kennst du denn den Undertaker?«, freute Christoph sich.
»Ich bin vielseitig gebildet«, behauptete ich.
»Und der Mann sieht aus wie der Undertaker«, ergänzte Kevin.
Jetzt schüttelte Christoph sich vor Lachen. »Du hast ja so recht!« Er knuffte Kevin freundschaftlich gegen die Schulter. »Ich glaube, du bist ein cleveres Kerlchen.«
In Kevins Augen lag ein bisschen Anbetung. Christoph hatte einen echten Fan.
»Ich muss euch leider unterbrechen«, sagte ich. »Kevin und ich fahren jetzt zu ihm nach Hause und machen da Mittagessen. Und für dich habe ich einen Auflauf im Ofen, der hupt, wenn er fertig ist.«
»Der Auflauf hupt?«, fragte Kevin mit großen Augen.
»Nein, der Ofen hupt, um genau zu sein«, sagte ich. »Also los, Kevin. Heute Nachmittag kann ich deine Mama abholen. Und bis dahin wollen wir doch noch etwas Ordnung machen.«
Christoph zwinkerte mir zu. »Du willst Ordnung machen, Mama. Oder sprichst du inzwischen im Plural Majestatis von dir?«
»Würde mir doch zustehen, oder?«, fand ich. »Sieh du lieber zu, dass du es zu was bringst, damit ich eines Tages das demokratische Äquivalent zu einer Königinmutter werde.«
Er verzog das Gesicht. »Dass du mich daran erinnern musst … Dann geh ich mal wieder an die Arbeit.«
Ich fuhr mit Kevin zum Hammerweg und trug mit ihm zusammen meine Lebensmitteleinkäufe hoch. Aber wenn ich gedacht hatte, ich würde in eine leere Wohnung kommen, dann hatte ich mich getäuscht. Denn statt Nicole lungerte jetzt Kevins Vater, der unerfreuliche Maik, auf der Couch und zappte durch die Fernsehkanäle.
»Nicole?«, rief er. »Bist du das?«
»Nein, ich bin’s«, sagte ich, während Kevin unerschrocken auf seinen Vater zueilte.
»Sie schon wieder? Was wollen Sie denn hier?« Maik zog die Stirn in Falten. »Was ist eigentlich hier los? Man kommt nach Hause, und kein Mensch ist da.«
Das war also jetzt sein Zuhause? Ich riss mich zusammen, um gar nicht erst vor ihm Angst zu zeigen. Er würde mir ja wohl in Anwesenheit seines Sohnes nichts tun. »Wären Sie mal besser gestern Abend schon nach Hause gekommen«, sagte ich. »Dann hätten nämlich Sie sich darum kümmern können, als Nicole ihren Zusammenbruch hatte.«
»Zusammenbruch?«, wiederholte er konsterniert.
»Die Kinder haben mich angerufen, weil sie nicht mehr ansprechbar war. Gonzalez hat auch den Notarzt gerufen, und der hat sie ins Krankenhaus gebracht.«
»Na so was«, staunte er. Ich hatte den Eindruck, es faszinierte ihn eher wie ein Krimi im Fernsehen, als dass es ihn betroffen machte. »Was hatte sie denn?«
»Einen affengalaktischen Schock«, sagte Kevin.
»Einen was?« Maik sah seinen Sohn verblüfft an. Ich sah
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