Alles auf Anfang Marie - Roman
es quasi schon vor mir: kariert, im Hemdblusen-Stil und mit einem weißen Kragen.
»Nicht direkt«, sagte sie. »Aber ich würde dir raten, zieh nichts Helles an. Spätestens wenn die anfangen, ihre Schultüten auszupacken, wird es gefährlich. Außerdem war es ziemlich kalt in der Kirche, während bei der Zeremonie in der Aula eine unerträgliche Hitze herrschte.«
»Also könnte man da mit Jeans, T-Shirt und Strickjacke hingehen«, überlegte ich.
Wieder zögerte sie eine Sekunde. »Tja, du kannst das tragen, aber … besonders feierlich ist das ja nicht«, wandte sie ein.
»Was hattest du denn an?«
»Einen dunkelblauen Leinenanzug von Calvin Klein«, antwortete sie prompt. »Der musste ja wie gesagt zu dem T-Shirt passen. Und das war rosa.«
»Ich glaube nicht, dass es ein spezielles T-Shirt geben wird«, sagte ich.
»Na ja, das machen auch nicht alle Familien. Aber Laura war natürlich ganz stolz, wie wir alle zwölf zusammen in einer Reihe saßen.«
»Zwölf Personen?«, fragte ich ungläubig. So viele hatten wir noch nicht mal zu einem Geburtstag.
»Na hör mal, das darf man doch nicht verpassen. Die Schwester meiner Schwiegertochter ist sogar extra aus Köln gekommen.«
Ich schielte sehnsüchtig zu meinem Mann hinüber, der sich inzwischen schon ein Glas gegönnt hatte. Er hielt fragend die Flasche hoch, und ich nickte eifrig. Nach diesem Gespräch würde ich etwas Alkohol brauchen. Er goss mir schon mal was ein.
»Was habt ihr denn wegen Fotos geplant?«, wollte Monika jetzt als Nächstes wissen.
»Fotos?«
»Na, ihr werdet euch doch nicht nur auf eure Schnappschüsse verlassen!«, sagte sie. »Entweder haben die Kinder die Augen zu oder es ist jemand Fremdes mit auf dem Bild … Ich kann nur das Studio Hoffmann in Kappenhagen empfehlen, die haben einen vernünftigen Preis gemacht, und es ging auch ganz zügig. Allerdings hatte meine Schwiegertochter auch dafür gesorgt, dass unsereFamilie den ersten Termin hatte. Die Kinder, die später drankamen, waren natürlich schon ein bisschen zappelig, vor allem, weil da auch jüngere Geschwister mit dabei waren.«
»Also ihr habt von allen zwölf Personen ein Foto machen lassen?«
»Klar, diese Serie. Acht zum Preis von sechs. Wenn du magst, kann ich dir mal das Album zeigen. Ich nehme an, wir sehen uns demnächst, wenn wieder ein Meeting mit Damen ist?« Monikas Mann gehörte nämlich auch zu Hennings Club.
»Gern«, sagte ich schwach. Ich musste jetzt wirklich sehen, dass wir zum Ende kamen. »Hör mal, ich …«
»Wenn ihr allerdings bis jetzt noch nicht reserviert habt, sehe ich schwarz«, überrollte sie mich. »Ich könnte höchstens anbieten, dass ich selbst dort anrufe, die kennen mich.«
»Weißt du, ich …«
Henning grinste. Er hatte immer Spaß daran, über endlose Frauengespräche zu lästern, die das vorgeschriebene Minimum von zehntausend Wörtern nicht unterschreiten durften, weil man sonst in eine spezielle Schweigehölle käme, die man so lange nicht verlassen durfte, wie tausend Friseurbesuche dauern.
Ich gestikulierte entnervt, bis er mir zu Hilfe kam und mit dem Flaschenöffner gegen beide Gläser schlug. Wegen der unterschiedlichen Füllhöhe ergab das ein angenehmes »Ding-Dong«.
»Du, ich muss aufhören, es hat geklingelt«, behauptete ich. »Vielen Dank für die Informationen. Das war sehr aufschlussreich.«
»Du kannst mich jederzeit wieder anrufen«, bot sie mir an. Ich war allerdings fest entschlossen, das so bald nicht zu tun.
»Danke«, sagte ich zu Henning und nahm erst mal einen tröstlichen Schluck. Dann wollte ich schon zur Tür gehen, als mir einfiel, dass es gar nicht wirklich geläutet hatte.
»Habt ihr noch kurz alle Bereiche des Lebens verbal gestreift?«, fragte er mit diesem süffisanten Grinsen, das ich gar nicht mag.
»Überhaupt nicht. Ich hatte gerade einen Grundkurs in Sachen Einschulung.«
»Nanu? Das hätte ich jetzt nicht gedacht.«
»Auf jeden Fall sollten wir sofort ein zusätzliches Sparkonto anlegen«, sagte ich. »Nicht nur für den Fall, dass Lotta mal heiratet, sondern auch für die Einschulung unserer potenziellen Enkel.«
»Wieso? Wird in Zukunft mit einem Schultüten-Mangel gerechnet, so dass die Preise steigen? Oder kauft man die mittlerweile mit Juwelen besetzt?«
»Nicht nur das«, stöhnte ich. »Zurzeit liegt der Standard bei Essen vom Italiener, Kaffeetrinken mit der Familie, einem Termin beim Fotostudio und einheitlichen T-Shirts für alle. Bis wir mal
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