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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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dazu sagen konnte. »Hören Sie, ich rauche nicht, ich trinke nicht, aber irgendeine kleine Freude muss ich mir doch auch mal gönnen.«
    »Ich kritisiere Sie doch gar nicht«, verteidigte ich mich. »Ich war nur überrascht, dass Sie unterwegs waren. Haben Sie mit Ihrem Gynäkologen gesprochen?«
    »Nee«, sagte sie. »Aber ich merke doch, wie es mir geht. Ich mach das nicht zum ersten Mal.«
    Wenn sie damit ihre Schwangerschaft meinte, konnte ich ihr wahrlich nicht widersprechen. »Das ist doch toll, wenn Sie sich wieder besser fühlen. Meinen Sie, dann kriegen Sie den Haushalt allein in den Griff?«
    Sie hielt inne und sah mich an. Dann ließ sie allesfallen, was sie gerade aus dem Schrank geholt hatte. »Das Scheißding ist nicht mehr da«, brummte sie und trottete wieder zur Couch. Ächzend ließ sie sich darauf nieder und sah mich dann wieder mit hilflosem Blick an. Mit einer Hand deutete sie vage in die Ecke, in der sie gerade innerhalb kürzester Zeit noch mehr Unordnung geschaffen hatte. »Gucken Sie sich das doch an hier. Das ist nicht so einfach in den Griff zu kriegen.«
    Ich folgte ihrem Befehl und ließ meine Blicke schweifen. Ich sah das ungespülte Geschirr, den klebrigen Fußboden, die schmutzigen Arbeitsflächen, das ganze Durcheinander. Das war wirklich nicht so einfach. Vor allem wenn man wie sie nur kleine Schritte auf einmal machen konnte. Und vielleicht fehlte ihr einfach ein Plan. »Frau Nowakowski   …«
    »Nennen Sie mich Nicole«, schlug sie müde vor. »Sonst kommt es mir immer vor, als wären Sie vom Sozialamt.«
    »Nicole«, sagte ich folgsam, »ich sehe ein, dass es für Sie im Augenblick schwierig ist. Aber wenn Sie für das Baby gut vorbereitet sein wollen, dann muss hier einiges passieren.«
    »Wem sagen Sie das?« Sie sah aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen. »Aber manchmal weiß ich einfach nicht, was ich machen soll.«
    »Den Eindruck habe ich auch. Deswegen will ich Ihnen einen Vorschlag machen. Ich habe im Augenblick etwas Zeit. Ich könnte jeden Tag herkommen, vielleicht für eine Stunde oder anderthalb, und Ihnen helfen, hier klar Schiff zu machen.«
    »Echt?« Jetzt sah sie beinahe hoffnungsvoll aus.
    »Echt. Wie eine Familienhelferin. Aber dazu gehört auch was anderes.« Ich hatte mich nämlich inzwischen mal ein bisschen im Internet informiert. »Die Aufgabe einer Familienhelferin ist, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten.Deswegen werde ich nicht einfach für Sie saubermachen und kochen, sondern wir werden miteinander einen Plan entwickeln, wie Sie hier auf Dauer den Überblick behalten.«
    Ihre Begeisterung flaute ab, als ich versuchte, mit ihr zusammen eine To-do-Liste aufzustellen: kochen, einkaufen, aufräumen, putzen, waschen, bügeln   … »Das kann ich im Moment nicht alles«, wandte sie mit Leidensmiene ein.
    »Das weiß ich«, beruhigte ich sie. »Deswegen helfe ich Ihnen ja. Und in manche Sachen kann man sicher auch die Kinder einbeziehen   …«
    »Ach, die rühren doch keinen Finger!«, beklagte sie sich. »Dabei sehen sie doch, dass ich hier liege, aber die kommen nicht mal auf die Idee, irgendwas zu machen!«
    »Vermutlich muss man ihnen sehr genau sagen, was ihre Aufgabe ist.« Ich sprach da aus Erfahrung. Lotta und Christoph hatten sich auch nie darum gerissen, mit in die Hausarbeit einbezogen zu werden, da hatte nur sanfter Druck etwas gebracht. »Aber das Geschirr abtrocknen können sie auf jeden Fall, und ihr Zimmer in Ordnung halten, solche Sachen.«
    »Wenn Sie meinen«, sagte Nicole skeptisch.
    Natürlich war das nicht so einfach. Während Kevin noch einigermaßen willig war (ich hatte das Gefühl, er war total froh, dass ich bei seiner Einschulung die Ersatz-Oma geben wollte), sträubten sich Nuala und Gonzalez schon deutlich. Ich merkte, sie waren es überhaupt nicht gewohnt, sich an solche Vereinbarungen zu halten. Ich brauchte zwei bis drei Tage und eine Menge Konsequenz, bis sie begriffen, dass ich es ernst meinte.
    Auch Henning war nicht so wirklich glücklich mit meinem Entschluss. Ich hatte ihm das abends am Telefon erzählt, weil er mal wieder in Hannover war. »Marie,du kannst für diese Familie nicht den rettenden Engel spielen, das habe ich dir neulich schon gesagt.«
    »Ich wollte mich ja auch da rausziehen. Aber du hast selber vorgeschlagen, dass ich mit zu dieser Einschulung gehe.«
    »Das ist ja auch was völlig anderes. Der arme kleine Kerl.«
    Klar, er hatte dem Eindruck nicht widerstehen können, als die beiden Burschen

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