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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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schulpflichtige Enkelkinder haben, müssen wir uns vermutlich alle dafür eine Woche Urlaub nehmen und einen Eventplaner engagieren. Und ich brauche einen Hosenanzug von Calvin Klein.«
    »Da ist ja noch dranzukommen«, meinte Henning amüsiert. »Falls der nicht bis dahin seine Tätigkeit eingestellt hat.«
    »Nein, da hast du was missverstanden«, sagte ich. »Den Hosenanzug brauche ich jetzt.«
    »Ich versteh wohl immer noch was miss«, sagte er. »Du willst dir für die Einschulung dieses Knaben, den wir kaum kennen und mit dem wir nicht verwandt sind, eine neue Garderobe zulegen?«
    »Monika hält das für absolut notwendig«, erklärte ichihm. »Jeans und Jacke sind dem feierlichen Anlass nicht angemessen. Du kannst sie gerne fragen.«
    Dazu hatte er aber keine Lust. Stattdessen berichtete er, wie fasziniert die Kinder davon gewesen waren, dass er sie in seinem Mercedes chauffiert hatte, und dass er nun versuchen würde, unter Ausnutzung seiner Kontakte in irgendeiner Form Ersatz für die verloren gegangene Kappe zu beschaffen. Der Bekannte im Aufsichtsrat von Schalke war so stolz auf diesen Posten, dass er sicher bereit wäre, etwas Entsprechendes zu besorgen.
    »Eigentlich sind das ja ein paar arme Socken«, sagte er. »Für die muss man doch was tun.«
    »Na siehst du«, sagte ich, »hat es dich jetzt auch gepackt? Kannst du jetzt verstehen, warum ich da reingerutscht bin?«
    Er nickte. »Vor allem nachdem ich diese Mutter gesehen habe.«
    Jetzt war ich verwundert. »Du bist mit in die Wohnung gegangen? Ich dachte, du lässt die Kinder einfach vor dem Gebäude raus. Die finden dann schon nach Hause.«
    »Hab ich ja«, sagte er. »Aber die sprang da gerade vor dem Haus rum. Oder besser, sie watschelte rum. Ich glaube nicht, dass die sich für die Einschulung einen neuen Hosenanzug kaufen sollte. Und wenn, dann nur mit Gummizug.«
    »Bist du sicher, dass sie es war?«, fragte ich. »Die soll doch fest liegen, wegen der vorzeitigen Wehen.«
    »Wenn es nicht noch eine andere schwangere Frau gibt, zu der die Kinder ›Hallo Mama‹ sagen, dann war sie das. Vielleicht geht es ihr besser.«
    »Das wäre gut«, sagte ich. »Vielleicht kehren dann endlich wieder normale Verhältnisse ein.«
    »Vielleicht«, sagte Henning. Es klang nicht ganz überzeugt.

9
    Am nächsten Tag fuhr ich   – neugierig wie ich war   – am Hammerweg vorbei und machte eine kleine Stippvisite. Frau Nowakowski lag wie gehabt auf ihrer Couch, die Wohnung sah so chaotisch aus wie immer, von den Kindern war keines zu sehen.
    »Ist Kevin in den Kindergarten gegangen?«, fragte ich sie.
    »Na klar«, sagte sie. »Den hätte ich wohl kaum daran hindern können.«
    »Er hat mich gefragt, ob ich mit zu seiner Einschulung komme«, berichtete ich.
    »Ach ja«, sagte sie. »Und? Haben Sie Zeit?«
    »Ich denke schon. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob Sie irgendwas Spezielles geplant haben.«
    »Was geplant? Sehe ich so aus, als könnte ich momentan irgendwas planen?«
    Nein, dachte ich. Obwohl man auch als bettlägerige Kranke Pläne machen kann, sogar gerade dann, weil man ja sonst nicht sonderlich viel zu tun hat. Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass sie für so was die Energie hatte.
    »Haben Sie denn eine Schultüte für ihn?«
    Sie dachte nach. »Vielleicht haben wir noch die von Nuala. Mal sehen.« Zu meiner Überraschung schlug sie die Decke zurück und stand tatsächlich auf, um in diversen Ecken zu suchen.
    »Geht es Ihnen besser?«, fragte ich. »Dürfen Sie wieder aufstehen?«
    »Muss ja«, sagte sie schulterzuckend und räumte ein paar Sachen aus einem halbhohen Schrank. Darunter einen Gummistiefel, der mir irgendwie bekannt vorkam. »Wieso fragen Sie?«
    »Mein Mann meinte, Sie wären draußen gewesen, als er gestern die Jungen zurückgebracht hat.« Ein kaputter Federballschläger und ein paar undefinierbare Textilien landeten neben dem Gummistiefel.
    »Ja, ich musste endlich mal was besorgen«, knurrte sie.
    Worauf ich verblüfft fragte: »An einem Sonntag?«
    Ihr Blick zuckte unwillkürlich zum Couchtisch, und ich verstand, was sie besorgt hatte. Nicht weit vom Hammerweg gab es eine Tankstelle, und dort hatte sie sich offensichtlich einige dieser Zeitschriften gekauft, die sich nie entscheiden können, ob Heidi und Seal nun unglaublich glücklich sind oder ob er sie letzte Woche verlassen hat.
    Frau Nowakowski sah, dass ich es gesehen hatte, und fühlte sich persönlich angegriffen. Deswegen konterte sie, bevor ich überhaupt etwas

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