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Alles auf Anfang

Alles auf Anfang

Titel: Alles auf Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benioff David
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leckte daran. Ich stellte mich neben den Eldorado, aß mein Eis und sah den Touristen zu, die in den Antiquitätenläden stöberten.
    Ich verspeiste den Rest der Waffeltüte und machte mich auf den Weg nach Kalifornien. Nach einer Stunde auf der Straße stellte ich fest, dass ich noch immer am Verhungern war, also fuhr ich durch die kleine Ortschaft North Wales auf der Suche nach einer Hamburgerbude. Der Ort war wirklich klein - die Leute, an denen ich vorbeifuhr, starrten mich an, als wäre ich ein berüchtigter Cowboy, der auf seinem schwarzen Pferd durchs Städtchen klappert. Ich sah eine Eisenwarenhandlung und ein Billigkaufhaus und einen Friseurladen und eine Kirche, und dann kamen meilenweit nur grüne Felder. Ich weiß nicht, was sie da anbauten - ich bin ein Stadtkind; wenn es nicht Weizen oder Mais ist, bin ich verloren -, jedenfalls gab es furchtbar viel davon, und es hörte und hörte nicht auf. Ich sah ein Mädchen in abgeschnittenen Jeans und einem T-Shirt mit Farbspritzern am Straßenrand entlangradeln und hielt vor ihr an. Sie fuhr bis an meine Tür, stellte
einen nackten Fuß auf den Asphalt und blickte hinunter auf mich in meinem Cadillac-Cockpit. Ihr Fahrrad war altmodisch, mit einem Weidenkorb vorne, der mit einer gelben Plastiksonnenblume geschmückt war.
    »Ich suche Wales«, sagte ich zu ihr. Sie gab keine Antwort, und so setzte ich hinzu: »In North Wales gibt es nichts zu essen.«
    »Wales gibt es nicht«, sagte sie mit überraschend rauer Stimme. Sie war älter, als ich zuerst gedacht hatte, etwa so alt wie ich, hatte einen sommersprossigen Teint, braune Augen und strähnige blonde Haare, die aussahen, als wären sie mit der Machete abgehackt worden. Sie betrachtete meine Hände, die auf dem Lenkrad lagen, und sagte: »Wo spielst du, Offensive?«
    Die Kids aus Pennsylvania, die ich vom Footballcamp her kannte, waren zähe Burschen. In der Regel waren sie nicht so athletisch wie die Kids aus Kalifornien oder Florida, sie waren nicht so gut trainiert wie die Kids aus Texas, aber wenn sie spielten, dann gingen sie mit ihren Körpern um wie mit Mietwagen. Einmal, als einige von uns nach dem Abendessen am See saßen, fragte mich ein Junge aus Stroudsburg, ob ich mit ihnen Steinchen spielen wolle. Klar, sagte ich. Wie spielt man das? Alle Kids aus Pennsylvania sprangen auf und bombardierten mich mit Kieselsteinen. Ich rannte ihnen nach, aber sie waren Passfänger und zurückgezogene Verteidiger, und sie lachten und buhten, als ich ihnen schwerfällig und chancenlos hinterherrannte.
    »Offensive«, bestätigte ich dem barfüßigen Mädchen. »Was ist mit Wales passiert?«
    »Gar nichts«, sagte sie. »Wales hat’s nie gegeben.«

    Das kam mir merkwürdig vor, ein Ort namens North Wales ohne ein Wales südlich davon, aber ich war in der finstersten Provinz und wollte mich nicht mit den Einheimischen anlegen.
    »Gibt es hier irgendwo was, wo man einen Hamburger bekommt?«
    Sie grinste mich an. An einem ihrer Schneidezähne fehlte eine Ecke. »Wir sind immer noch in Amerika, Großer. Wir haben Burger King und alles.«
    »Und wie kommt man da hin?«
    »Zwiebelringe hören sich gut an«, sagte sie. »Wenn du mich mitnimmst, zeig ich’s dir.«
    Sie schob ihr Fahrrad von der Straße und ließ es in das grüne Getreide fallen, das hier überall wuchs. Ich hätte sie fragen sollen, wie das Zeug hieß, aber in dem Moment dachte ich nicht an Ackerbau. Ich betrachtete ihre ausgefransten Shorts, ihre sonnengebräunten Arme, Beine und Nase, ihre weiße Kehle. Meinen Navigator.
    Sie stieg ein und zeigte nach vorn. »Geradeaus.«
    Ich würgte den Motor ab, und das Mädchen sagte: »Stell deine Quadratlatsche auf die Kupplung.«
    »Weiß ich doch«, sagte ich und dachte an die schöne Zeit, als nur ich und der Schlitten einträchtig miteinander durch die Gegend brausten. Endlich brachte ich den Wagen wieder in Gang. »Ich heiße Leon«, sagte ich zu ihr.
    »Ich heiße Maureen. Die meisten nennen mich Reen.«
    »Reen? Und wie nennen dich die anderen?«
    Sie runzelte die Stirn. »Maureen.«
    Ich stellte die Musik lauter, und Maureen sang mit, legte ihre schmutzigen nackten Füße auf das Armaturenbrett. Sie
bewegte die Zehen im Takt. Ihre Nägel waren silbern lackiert. »Wem gehört der?«, fragte sie.
    »Meinem Dad.«
    »Ich dachte, dass du ihn vielleicht gestohlen hast. Ich dachte, wir könnten Gangster sein.« Sie machte mit den Händen zwei Pistolen und ballerte durch die Windschutzscheibe. »Bonnie und

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