Alles auf Anfang
mittels Gegenspannung zudem die Bauchmuskulatur.
ANWEISUNGEN FÜR ANFÄNGER
• Legen Sie sich auf den Rücken, den Po auf einem Balancekissen.
• Strecken Sie die Beine aus, die Knie leicht gebeugt.
• Stellen Sie die Fersen auf und drücken Sie mit den Füßen nach außen.
• Kippen Sie das Becken.
• Achten Sie darauf, dass Bauch und Pobacken immer angespannt sind.
In allen Büchern, die ich je gelesen habe, bin ich noch nie auf einen so erregenden Satz gestoßen wie diese abschließende Ermahnung, die Pobacken angespannt zu lassen. Die Anweisungen stellen eine Art Bildungsroman dar, die Entwicklung vom anfänglich schlaffen Novizen zum schließlich straffen, beckenkippenden Künstler.
Ich war nicht immer so erbärmlich.
Der infamste Aspekt längeren Eingesperrtseins sind die akustischen Halluzinationen, die Phantomschreie einer toten Zivilisation. Morgens könnte ich manchmal schwören, dass ich das Geräusch hupender Autos höre, und ich bin schon mehrmals
von einem hartnäckigen Klopfen an der Einstiegsluke geweckt worden, gefolgt von einer perfekten Imitation von Kinderlachen. Mein Gehirn, begraben unterhalb der Toten, schafft eine Fata Morgana aus Lärm, mit menschlichen Stimmen statt Palmen und Wasserstellen. Wie ein amputierter Fuß, der weiterhin juckt, hallt meine ausgelöschte Stadt noch immer über mir nach.
Ich weiß sehr wohl von den unteriridischen Räumen, die von meiner Regierung heimlich gebaut wurden, um unseren Führern Schutz und Behaglichkeit in Kriegszeiten zu bieten. Zweifellos folgten die großen Unternehmen diesem Beispiel, ließen Konferenzsäle in den gewachsenen Fels hauen. Selbst jetzt versammeln sich grau gekleidete Analysten in gut ausgestatteten Höhlen, um die Konsequenzen einer eingeäscherten Verbraucherbasis zu erörtern.
Andere werden diese Katastrophe überleben, aber nur die, die von ihren jeweiligen Dienstherren als lebenswichtig betrachtet werden: die notwendigen Bürokraten, Soldaten, Wissenschaftler, Ingenieure. Wer wird die Geschichte vom Ende unserer Zivilisation erzählen? Ich überneh01me diese Aufgabe, obwohl ich von Natur aus ein schweigsamer Mensch bin.
Meine Vorgehensweise muss zwangsläufig mikrohistorisch sein, da ich keinen Zugang zu den ursprünglichen Dokumenten habe, die den Weg zu dieser glühend heißen Stätte pflastern. Ich kenne nur mein eigenes Leben, und nur darüber kann ich berichten. Zukünftige Gelehrte müssen aus einem einzelnen Mann eine ganze Gesellschaft extrapolieren.
Ich hinterlasse diese Aufzeichnungen als Erbe für die Ungeborenen, auf dass sie daraus lernen, was dieses Mal falsch gemacht wurde, auf dass ich als Stimme, die aus den Ruinen ruft, diene und weiterlebe. In schwarzer Tinte könnte mein Name noch immer hell erstrahlen.
Die Relevanz des folgenden Materials wird später geklärt werden müssen. Die Wahrheit mag seltsamer sein als die Erfindung, aber sie braucht einen besseren Lektor. Der größere Teil eines jeden Lebens ist nicht der Erinnerung wert.
Der erste Schreck. Vier Jahre alt, neben dem Bett kniend, mein Abendgebet sprechend. Als ich fertig war, schlug ich die Augen auf und sah, durch die Fensterscheibe, einen Mann mit einem von Brandnarben entstellten Gesicht zu mir hereinstarren. Ich rannte in das Zimmer meiner Eltern. Eine volle Minute lang brachte ich kein Wort über die Lippen, aber schließlich erzählte ich ihnen, was ich gesehen hatte. Mein Vater neckte mich, erläuterte mir, dass Bäume in der Dunkelheit manchmal wie Menschen aussehen. Er schaltete die Außenbeleuchtung ein und ging hinaus. Ich wollte, dass er blieb, war überzeugt, dass der verbrannte Mann ihn in Stücke hacken werde, doch mein Vater lachte nur. Als er wieder hereinkam, blickte er grimmig drein, legte den Schließriegel vor, ließ die Außenbeleuchtung an. Meine Mutter fragte ihn, was los war, und er murmelte, dass Fußspuren im Schnee waren. Sie rief die Polizei, während er nach oben ging und seine Schrotflinte holte.
Nichts geschah. Der Mann mit den Brandnarben wurde nie gefunden. In den Irrenanstalten wurden keine Verrückten
vermisst, aus dem Todestrakt waren keine Sträflinge entflohen, in unserer Stadt wurde niemand ermordet. Aber das entstellte Gesicht, zwei Augen, eingeschlossen in dieser zerstörten Haut, vergisst man nicht. Ich frage mich, wie viele Menschen seinesgleichen jetzt auf den Straßen unseres Landes umherwandern, zerlumpte Männer, die nach Wasser schreien.
Erkennst du sie, die Frau dort,
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