Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
außer Atem, so als ob sie etwas wirklich Wichtigem hinterherhechelte. In den Morgenstunden war sie aufgewacht und hatte nur einen einzigen Gedanken im Kopf gehabt: Etwas Schlimmes wird passieren. Saskia würde nicht eher ruhen, bis etwas passierte. Aber was? Was musste passieren?
Es ging nicht mehr um Saskia und Patrick. So kam es Ellen jedenfalls vor. Es ging um Saskia und sie selbst. Das war eine Angelegenheit zwischen den beiden Frauen. Wenn sie wüsste, was sie tun oder was sie sagen sollte, könnte sie der Sache vielleicht ein Ende bereiten. Aber was sollte sie sagen? Was sollte sie tun? Was? Es war ein bizarres Gefühl, so als ob man versehentlich etwas vom Tisch gestoßen hat und danach greifen will, aber wie erstarrt dasteht, mit ausgestreckter Hand, während der Gegenstand zu Boden kracht und zerbricht, und man denkt: Ich hätte das verhindern können.
»Ein bisschen mulmig? Du solltest Panik haben«, sagte Madeline streng. »Und zwar rund um die Uhr.«
»Vielen herzlichen Dank für die überaus beruhigenden Worte«, erwiderte Ellen.
»Ich verstehe einfach nicht, warum du die Polizei nicht eingeschaltet hast«, sagte Julia. »Man müsste eine einstweilige Verfügung gegen diese Person erwirken, und jedes Mal, wenn sie dagegen verstößt, rufst du die Polizei, und peng!, schon ist sie in Handschellen. Problem gelöst.«
»Patrick war ja bei der Polizei«, sagte Ellen. »Und er redet ständig davon, dass er noch einmal hinwill, aber irgendwie kriegt er das nicht auf die Reihe. Außerdem glaube ich nicht, dass die Sache so einfach ist, Julia.«
»Ich habe gehört, dass diese einstweiligen Verfügungen nicht viel bringen«, pflichtete Madeline ihr bei.
Julia achtete nicht auf sie. »Dann gehst du eben zur Polizei«, sagte sie und zeigte auf Ellen.
Als sie ihren Topfhandschuh, den Topfhandschuh ihrer Großmutter , in der Hand gehalten und daran gedacht hatte, dass Saskia ihn wahrscheinlich benutzt, ihre Hand zum Schutz gegen das heiße Ofenblech hineingeschoben hatte, da hatte sie die Wut gepackt. Was nahm sich diese Person eigentlich heraus? Ellen war zum Telefon marschiert, um die Polizei anzurufen, hatte dann aber innegehalten, noch bevor sie zum Hörer gegriffen hatte. Was sollte sie sagen? Schnuppern Sie doch mal, Officer, es riecht doch nach frisch Gebackenem, riechen Sie das denn nicht? Und sehen Sie sich bloß mal an, wie sauber mein Backofen ist! So sauber war er noch nie! Sie hätte sich zum Idioten gemacht, sonst gar nichts.
Außerdem war Patrick derjenige, der die Polizei einschalten sollte, und aus irgendeinem Grund scheute er davor zurück.
Sie zuckte hilflos mit den Schultern. »Es gab nie irgendwelche Anzeichen, dass sie gewalttätig ist.«
»Noch nicht«, bemerkte Madeline.
»Dir ist schon klar, dass sie auch bei eurer Hochzeit aufkreuzen wird, oder?«, sagte Julia. »Wenn der Geistliche sagt: ›Kennt jemand der Anwesenden einen triftigen Grund, warum dieses Paar nicht in den heiligen Stand der Ehe treten sollte, dann spreche er jetzt oder schweige für immer‹, wird sie rufen: ›Ja, ich! Ich kenne einen triftigen Grund!‹«
Ellen warf ihr einen schrägen Blick zu. »Ich glaube, diese Formel wird heutzutage nicht mehr verwendet.«
Julia beachtete sie nicht. »Sie wird zum Altar stürmen und kreischen: ›Ich bin der Grund, warum Sie die beiden nicht trauen dürfen!‹«
»Vielleicht bringt sie eine Knarre mit«, sagte Madeline eifrig.
Julia nickte. »Du solltest eine schusssichere Weste unter deinem Brautkleid tragen.«
»Ich glaube, ich werde die Kinder lieber nicht mitnehmen«, murmelte Madeline versonnen.
»Mmmm«, machte Ellen. Das war der Grund, weshalb sie und Patrick noch nicht sehr weit gekommen waren mit ihren Hochzeitsplänen: Jedes Mal, wenn sie darüber diskutierten, kam das Gespräch irgendwann auf Saskia. »Sie würde uns wahrscheinlich sogar in Übersee aufspüren«, hatte er gesagt.
Als Ellen vorgeschlagen hatte, mit der Hochzeit bis nach der Geburt zu warten – auch wenn seine Mutter Zustände kriegen dürfte, weil das Kind unehelich zur Welt kam –, schien er erleichtert gewesen zu sein. Die andauernde Übelkeit verscheuchte ohnehin jede Hochzeitsstimmung.
»Du musst sie doch hassen«, sagte Madeline. »Also ich hasse sie für dich. Du kannst nicht einmal deine eigene Hochzeit planen!«
»Ich hasse sie nicht«, erwiderte Ellen langsam. »Nicht wirklich. Eigentlich würde ich mich ganz gern mal mit ihr unterhalten.«
»Tolle Idee«, platzte Julia
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