Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
neun Monate so weitermachen! Kannst du nicht … ich weiß auch nicht … kannst du dich nicht hypnotisieren oder so?«
Madelines Vorschlag zeigte, wie ernst sie diese Sache nahm. Ellen wusste nämlich, was Madeline über Hypnotherapie dachte: nichts als neumodischer Blödsinn, Zeit- und Geldverschwendung, Scharlatanerie, gut gemeint, aber totaler Unfug – die höflich ausdruckslose Miene, die ihre Freundin bei diesem Thema stets aufzusetzen pflegte, sprach Bände. Ellen hatte nie nachgehakt, weil Madeline aus purer Höflichkeit lügen würde, und da sie eine schlechte Lügnerin war, wollte Ellen es vermeiden, sie in Verlegenheit zu bringen. Sie wusste, dass Madeline sie gern hatte und ihre Gefühle niemals absichtlich verletzen würde.
Bis jetzt hatte Ellen diese mangelnde Ausgewogenheit in ihren Unterhaltungen nie gestört. Im Gegenteil, sie hatte sich sogar immer ein wenig überlegen gefühlt, weil sie Madelines Vorurteilen mit so viel innerer Reife begegnete. Ihr Selbstwertgefühl war nicht abhängig von der Meinung anderer. Doch auf einmal stieg Zorn in ihr auf. Ihr Beruf war sehr wichtig für sie. Er nahm einen großen Teil ihres Lebens ein. Warum hatte sich Madeline nie bemüht, mehr über Hypnotherapie zu erfahren? Sie hatte ihr nie auch nur eine einzige Frage über ihre Arbeit gestellt! Das war respektlos. Mehr als das – es war geradezu unverschämt.
»Was ist, habe ich was zwischen den Zähnen?«, fragte Madeline verwirrt. Sie wandte sich der verspiegelten Wand zu und warf einen prüfenden Blick hinein. »Warum starrst du mich so an?«
Ellen räusperte sich. Ihren Zorn jetzt herauszulassen war auch keine Lösung. Was war in letzter Zeit nur mit ihr los? Die Schwangerschaft schien sie ihrer emotionalen Reife zu berauben. Bisher fremde Gefühle brachen unkontrollierbar und mit aller Macht aus ihr hervor. Auf nackte Wut folgte Sekunden später abgrundtiefe Verzweiflung. Du meine Güte, sie benahm sich wie einer ihrer Patienten !
»Entschuldige«, sagte sie, »ich war mit den Gedanken gerade woanders.«
»Das kann nicht bloß an den Hormonen liegen, wenn du mich fragst«, meinte Julia. »Hast du Schuldgefühle gehabt? Weil du ein Kind von ihrem Mann bekommst? Aber über unterdrückte Gefühle weißt du natürlich mehr als ich.«
Ellen sah sie dankbar an. Anders als Madeline hatte Julia Ellens Arbeit immer bewundert. Sie hatte im Lauf der Jahre Dutzende Freunde und Bekannte an sie verwiesen. O ja, Julia war in der Tat eine wirklich gute, liebe Freundin.
»Sag mal, fängst du etwa schon wieder zu flennen an?« Julia beugte sich vor. »Beim bloßen Gedanken daran?«
»Nein, nein, entschuldige, es ist nur, ich … « Ellen brach ab und begann hoffnungslos zu kichern.
Julia und Madeline wechselten einen vielsagenden Blick.
»Ich hab zwar gehört, dass Schwangere ein bisschen abgedreht sind«, Julia tippte sich an die Schläfe, »aber das ist schon ein wenig übertrieben, oder?«
Madeline nickte zustimmend. »Definitiv.«
»Ich mag gar nicht fragen, wie deine erste Begegnung mit deinem Vater gelaufen ist«, sagte Julia. »Wahrscheinlich haben sie dir ein Beruhigungsmittel verpasst.« Sie legte den Handrücken an die Stirn, schloss die Augen und stöhnte dramatisch: »Daddy, Daddy! Mein lange vermisster Daddy!«
Madeline prustete los, verstummte sofort wieder und machte ein schuldbewusstes Gesicht. »Ich könnte mir vorstellen, dass es wirklich eine ziemlich gefühlsbetonte Angelegenheit war, oder?«
»Eigentlich hatte ich genau das gegenteilige Problem«, erwiderte Ellen langsam. »Ich fühlte nichts. Rein gar nichts.«
»Wirklich?« Madeline wirkte erleichtert. Das passte schon eher ins Bild.
»Er war nur irgendein Mann«, fuhr Ellen fort. »Ein langweiliger, ganz gewöhnlicher Mann. Er hätte mein Zahnarzt sein können. Oder mein Steuerberater. Hohe Stirn. Brille. Ich fand gar nichts Besonderes an ihm.«
»Armer Daddy«, murmelte Julia in ihr Weinglas.
»Wisst ihr, worüber ich wirklich gern reden würde?« Ellen legte ihr Besteck aus der Hand. »Über Kartons. Kartons, die meinen ganzen Flur verstopfen.«
»Klingt nicht sehr interessant«, meinte Julia.
Aber Madeline begriff sofort. »Sie sind von Patrick, richtig?«
Ellen nickte. »Exakt. Obwohl ich ihn immer wieder darum gebeten habe, räumt er sie einfach nicht weg. Das macht mich rasend! Wie kriegt man einen Mann dazu, etwas zu erledigen, ohne zu nörgeln?«
»Das«, sagte Madeline, »ist die Eine-Million-Dollar-Frage!«
Als ich die
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