Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
offensichtlich erfolgreich gewesen. Das musste sie in ihrem Gespräch mit der Reporterin unbedingt erwähnen: Klinische Hypnotherapeutin hypnotisiert ihre Patienten, damit sie sich ineinander verlieben. Das würde garantiert zu ihrer Glaubwürdigkeit beitragen.
»Alles in Ordnung?«
Ellen öffnete die Augen. Ihre Mutter stand vor ihr, eine Salatschüssel in den Händen. »Ich dachte, ich fange schon mal mit dem Abräumen an. Die Stimmung da drin ist ein bisschen gereizt. Wundert mich nicht. Diese Saskia ist eindeutig geistig verwirrt.«
»Das Kapitel ist abgeschlossen«, entgegnete Ellen. »Sie wird uns künftig in Ruhe lassen. Ich habe heute mit ihr gesprochen.«
»Hast sie hypnotisiert, was?«, bemerkte Anne aus alter Gewohnheit. Bevor Ellen antworten konnte, stellte sie die Schüssel auf dem Tisch ab und fuhr fort: »Hör mal, ich muss mit dir reden. Es geht um deinen Vater.«
»Lass mich raten: Ihr werdet heiraten.«
Ellen konnte sich die dezent elegante Feier gut vorstellen. Ihre Mutter würde passend zu ihrer Augenfarbe Violett tragen. Designerlabels, wohin man blickte, Sektflöten, anmutig gehalten von manikürten Händen. Es würde die Art von Hochzeit werden, die es in die Gesellschaftsspalten der Zeitungen schaffte. Und Ellen würde das Gesicht wehtun vom angestrengten Dauerlächeln.
»Wirst du Pip und Mel zu deinen Brautjungfern ernennen?«, fuhr sie fort. »Und ich könnte Blumen streuen! Wär das nicht schön? Deine Tochter streut Blumen! Deine süße kleine schwangere Tochter.«
»Ellen.«
»Und meine Stiefbrüder könnten mich in ihre Mitte nehmen. Dann hättest du drei etwas zu groß geratene Blumenkinder.«
»Wir haben uns getrennt.«
»O nein!« Da genoss sie es einmal, ein Miststück zu sein, und prompt war es völlig unangebracht und verletzend. (Außerdem hätte sie sich gefreut, wenn ihre Eltern geheiratet hätten. Es wäre eine ergreifende, bezaubernde Feier gewesen. Was war bloß mit ihr los?)
»Was ist passiert?«, fragte sie und dachte: Er ist natürlich zu seiner Frau zurückgekehrt. Oder hat sie gegen ein jüngeres Modell eingetauscht. Oder bin ich schuld daran? Kann er mich vielleicht nicht leiden? (Ah, das Kind in dir verlangt nach Beachtung!)
»Ich habe Schluss gemacht«, sagte Anne. Sie setzte sich an den Küchentisch und fischte eine Kirschtomate aus der Salatschüssel.
»Aber warum denn?« Ellen zog sich einen Stuhl heran und setzte sich ihrer Mutter gegenüber. »Ich hatte den Eindruck, dass du … na ja … total verknallt in ihn warst.«
»Ich weiß.« Anne sah sie an und zuckte die Achseln. Ein angedeutetes Lächeln spielte um ihre Lippen. »War ich ja auch. Gott, ist mir das unangenehm!«
Patricks genervte Stimme dröhnte aus dem Esszimmer herüber und lenkte Ellen einen Augenblick ab. »Könnten wir vielleicht endlich über was anderes reden als über Saskia? Zum Beispiel über, ich weiß nicht, Armageddon? Wer möchte über Armageddon reden?«
Sie konzentrierte sich wieder auf ihre Mutter. »Das braucht dir doch nicht peinlich zu sein.«
»Ich bin eine solche Idiotin gewesen«, murmelte Anne. »Du hast im Moment so viel um die Ohren.« Sie machte eine Kopfbewegung zum Esszimmer hin. »Bevorstehende Hochzeit, ein Stiefsohn, ein Baby unterwegs, eine geistig verwirrte Stalkerin – und da komme ich auch noch mit deinem Vater an!«
»Mum, ich bin eine erwachsene Frau«, erwiderte Ellen ebensoernst wie unaufrichtig – schließlich hatte sie genau das Gleiche gedacht. »Warum hast du mit ihm Schluss gemacht?«
»Fünfunddreißig Jahre war ich in eine Erinnerung verliebt«, sagte Anne langsam. »Es ist verrückt, und ich hätte es abgestritten, wenn mir das jemand auf den Kopf zugesagt hätte, aber jedes Mal, wenn ich mit einem Mann ausging, habe ich ihn mit deinem Vater verglichen. Mit dem ich nie eine richtige Beziehung hatte, den ich nicht einmal besonders gut kannte. Da war natürlich jeder andere Mann eine kleine Nummer.« Sie kicherte. »In mehr als einer Hinsicht.«
»Mum!« Ellen zuckte zurück. »Bitte!«
»Entschuldige. Als David und ich uns wiedertrafen, war ich überglücklich. Er war genauso reizend, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Das heißt, um das ganz klar zu sagen, er ist reizend. Er ist immer noch der reizendste Mann, dem ich je begegnet bin.«
»Und wo liegt dann das Problem?«
»Na ja, mir fiel auf, dass mich so ein seltsames Gefühl beschlich, wenn wir länger als eine Stunde zusammen waren. Anfangs wusste ich nicht, was es war, aber
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