Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
immer noch zu höflich, als dass er in ihren Sachen gewühlt hätte, ohne sie vorher zu fragen.
Und dabei erwartete sie ein Kind von ihm.
Zu früh. Viel zu früh.
»Selbstverständlich wirst du das Kind bekommen«, hatte Anne gesagt.
»So selbstverständlich ist das nicht«, hatte Ellen erwidert.
Die Entschiedenheit im Ton ihrer Mutter überraschte sie. Sie hatte eigentlich mit einem etwas anderen Kommentar gerechnet: Ich werde dich unterstützen, ganz egal, wie du dich entscheidest, aber was für eine Art der Empfängnisverhütung habt ihr angewendet? Oder so ähnlich.
»Es kommt darauf an, wie Patrick dazu steht. Und außerdem bin ich Abtreibungsbefürworterin. Mein Bauch gehört mir.«
Anne schnaubte verächtlich. »Du bist fünfunddreißig und keine sechzehn. Du willst unbedingt ein Kind haben …«
»Was? Wie kommst du denn darauf ? Ich will keineswegs unbedingt ein Kind haben«, protestierte Ellen.
»Ich habe doch gesehen, was du für ein Gesicht gemacht hast auf Madelines Babyparty, als du den kleinen Wie-hieß-er-doch-gleich auf dem Arm gehabt hast – und ich muss sagen, das war ein ausgesprochen hässliches Baby.«
»Mum!«
»Was? Er hat ausgesehen wie eine kleine Kröte. Was ich damit sagen will – du möchtest doch Kinder haben, und du bist finanziell abgesichert, und du hast den Vater des Kindes gern, liebst ihn vielleicht sogar. Wenn du abtreiben lässt und sich später herausstellt, dass du nicht mehr schwanger wirst, würdest du dir das nie verzeihen. Natürlich wirst du das Kind bekommen. Sag es ihm ruhig. Du bist schwanger, das war nicht geplant, aber es ist nun mal passiert, wir leben doch nicht mehr in den Fünfzigerjahren, er muss dich deswegen nicht heiraten, er kann sich um das Kind kümmern, so viel oder so wenig er möchte. Das ist alles überhaupt kein Problem. Er wird gesetzlich zu Unterhaltszahlungen für das Kind verpflichtet sein, aber ich an deiner Stelle würde mir deswegen nicht allzu viele Sorgen machen. Du hast das Haus deiner Großeltern. Du hast mich und deine Patentanten. Du brauchst sein Geld nicht.«
»Nein, wahrscheinlich nicht«, sagte Ellen. An Patricks Geld hatte sie zuallerletzt gedacht.
»Das ist alles überhaupt kein Problem«, sagte Anne noch einmal, während ihre Fingerspitzen einen fröhlichen kleinen Stepptanz auf der Tischplatte vollführten. Ellen konnte ihr ansehen, dass sie sich über das Baby freute.
Schweigen trat ein.
Der weiche Ausdruck verschwand vom Gesicht ihrer Mutter. »Natürlich ist es noch sehr früh«, sagte sie schroff. »In deinem Alter ist das Risiko einer Fehlgeburt in den ersten zwölf Wochen relativ hoch.«
»Vielen Dank, Mum.«
»Nun, du warst doch diejenige, die von Abtreibung gesprochen hat. Wieso reagierst du auf die Möglichkeit einer Fehlgeburt so empfindlich?«
»Ich habe nicht gesagt … Ja, okay, schon gut.«
Ihre Mutter hatte recht. Es hatte vom ersten Moment an keinen Zweifel gegeben. Sie würde das Kind bekommen. Der komplizierte Teil der Geschichte war nicht die Entscheidung für oder gegen das Kind. Der komplizierte Teil war, wie sich ihre Entscheidung auf ihre Beziehung zu Patrick auswirken würde.
Ellen wollte nämlich nicht nur ein Baby. Sie wollte alles, was dazugehörte: den Ehemann, den Daddy, den Mann, der im Kreißsaal ihre Hand hielt.
Das war es, was sie ihrer Mutter nicht sagen konnte: Ich will es nicht so machen wie du. Ich habe es nie so machen wollen wie du. Ich will mein Kind nicht allein großziehen. Ich will nicht anders sein. Ich will so sein wie alle anderen auch.
Patrick kam aus dem Bad, schlüpfte zu ihr unter die Decke und biss von ihrem Schokoriegel ab.
»Du hast dir doch schon die Zähne geputzt«, tadelte Ellen.
»Ich weiß. Sag Jack nichts davon. Ich bin ein schlechter Vater.«
Wo wir gerade davon sprechen … Was würdest du zu einem zweiten Kind sagen? Ellen war nahe daran, es laut auszusprechen, aber sie brachte einfach nicht die Energie auf. Morgen. Sie würden morgen darüber reden. Ein Glück, dass Patrick kaum Alkohol trank. Als sie beim Abendessen gemeint hatte, ihr sei nicht nach Wein zumute, hatte er nur gemeint: »Gut, dann werde ich auch keinen trinken.« Zu ihrer Beziehung mit Jon hatte immer eine Flasche Wein gehört, die sie gemeinsam tranken. Jon wäre es sofort aufgefallen, wenn sie abgelehnt hätte.
Sie sahen sich den Film zusammen an. Die Handlung war reichlich verworren, und es kamen zu viele Charaktere darin vor. »Was? Wer ist das denn jetzt?«, fragten sie
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