Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
immer wieder stirnrunzelnd. Sie fanden beide, dass sie entweder zu müde oder zu alt für diesen Film waren, und schalteten den Fernseher zu guter Letzt aus.
Sie drehten sich zueinander und liebten sich schläfrig und zärtlich, wie ein altes Ehepaar. Ellen war den Tränen nahe. Alles würde wunderbar werden.
»Hypnotisierst du mich in den Schlaf?«, fragte Patrick, als er das Licht ausknipste.
»Ich bin ehrlich gesagt hundemüde«, erwiderte Ellen gähnend.
Es war schnell zu einer Gewohnheit geworden. Sie machte eine fünfminütige Entspannungsübung mit ihm, damit er besser einschlafen konnte. Er schien ehrlich erstaunt über die Wirkung. Er liebe das, sagte er, das sei die reinste Zauberei, und er freue sich den ganzen Tag darauf, abends ihrer Stimme zuzuhören, und er habe, seit er ein Teenager war, nicht mehr so gut geschlafen, und sie helfe ihm damit, den Stress mit »dieser Frau« zu bewältigen, seinen Arbeitstag, einfach alles hinter sich zu lassen. Ellen war noch nie mit einem Mann zusammen gewesen, der sich von ihren Fähigkeiten so beeindruckt zeigte.
»Schon gut«, meinte er. »Ich habe dich ausgenutzt, nicht wahr? Ich würde um diese Zeit auch keine Vermessung mehr durchführen.«
Oh, er war ja so süß, und es war wichtig, dass er morgen ausgeruht und entspannt war.
Ellen setzte sich auf und legte ihm ihre Hand auf die Stirn. Manchmal kam ihr dieses Ritual in der Dunkelheit und der Intimität ihres Schlafzimmers intimer als Sex vor. Bei ihren Patienten arbeitete sie sehr selten mit Berührungen, aber sie kannte Therapeuten, die das taten. Das Wissen, dass ihre Worte Bilder in Patricks Kopf heraufbeschworen, dass sie seinen Herzschlag zu verlangsamen, seinen Blutdruck zu senken vermochten, verlieh ihr ein Gefühl von Macht, sie fühlte sich mit stärkenden, mystischen Kräften ausgestattet. Eine weise Frau, eine gute Hexe, eine Zauberin. Eine Hypnotiseurin, keine Hypnotherapeutin.
»Ich werde jetzt bis zehn zählen. Bei drei oder vier wirst du wahrscheinlich spüren, wie deine Atmung sich verlangsamt und deine Lider schwer werden. Bei fünf oder sechs wirst du die Augen kaum noch offen halten können. Bei sieben oder acht oder vielleicht neun kannst du dem Wunsch, sie zu schließen, nicht mehr widerstehen, und deine Lider senken sich. Bei zehn dürften sich deine Augen geschlossen haben, und deine Atemzüge werden tief und regelmäßig sein.«
Sie sah seine Augen im Dunkeln schimmern. Sie spürte jetzt schon, wie seine Atmung langsamer wurde. Sie wendete jedes Mal eine andere Trance-Induktion an – was ihr gerade in den Sinn kam.Bei Patrick war sie freier, kreativer, lockerer als bei ihren zahlenden Patienten.
Sie begann zu zählen, und während sie zählte, verstärkte sie den Druck ihrer Hand auf seiner Stirn, und gleichzeitig wurde ihre Stimme sanfter, träger und doch eindringlicher.
Als sie bis sieben gezählt hatte, waren seine Augen geschlossen.
»Und jetzt möchte ich, dass du dir vorstellst, wie warmer Honig vom Rand eines Löffels tropft.«
Patrick liebte Honig. Er gab immer einen riesigen Klacks auf seine Frühstücksflocken. Ellen hatte schon öfter beobachtet, wie er in der Küche stand und gebannt zuschaute, wie der Honig zäh von dem Löffel tropfte, den er hoch über der Schale hielt.
»Dieser Honig ist kein gewöhnlicher Honig. Dieser Honig hat die Farbe von jungem Tageslicht. Dieser Honig ist Wärme und Liebe und Sicherheit. Dieser Honig ist jeder glückliche Augenblick deines Lebens. Jede wunderschöne Erinnerung. Jede Sekunde, in der du dich durch und durch lebendig gefühlt hast.«
Sie wusste, dass er den Honig sehen konnte. Sie selbst sah ihn auch. Sie befand sich ebenfalls in einem leichten Trancezustand. Das kam vor, wenn es gut lief, und es freute sie jedes Mal.
»Schau auf den Honig. Achte nur auf den Honig, bis du an nichts anderes mehr denken kannst.«
Sie verstummte. Sie fühlte die Wölbung seines Schädels unter ihrer Hand und die Wärme seines Körpers neben ihrem, und sie dachte: Er ist der Vater meines Kindes. Er wird der Daddy sein, und ich werde die Mummy sein.
Gut möglich, dass sie eine viel zu romantische Vorstellung vom Prinzip der Vaterschaft hatte.
»Und jetzt möchte ich, dass du deine Aufmerksamkeit auf deine Füße richtest. Stell dir vor, deine Füße verschmelzen mit dem Bett wie warmer Honig. Sie schmelzen, lösen sich auf, zergehen …«
Unter Zuhilfenahme der Honigmetapher arbeitete sie sich Stück für Stück voran, seinen Körper
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