Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
schonsagen, aber dann kam etwas dazwischen, wie du dich sicherlich erinnerst.«
»Ja, schon gut«, sagte Ellen.
»Nun, die Sache ist die, dass ich mich mit deinem Vater getroffen habe. Das ist auch schon alles.«
»Nicht ganz«, warf Phillipa ein.
»Na ja, ich habe eine Art … Beziehung mit ihm«, gestand Anne.
»Das ist so romantisch!«, schwärmte Phillipa.
Ellen schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich verstehe nicht. Ich dachte, er sei verheiratet und lebe in England.«
»Geschieden«, sagte Anne fröhlich, so als ob eine Scheidung zu den süßesten Dingen des Lebens gehöre.
»Und er ist wieder nach Sydney gezogen«, fügte Melanie hinzu. »Deine Mutter trifft sich schon seit einigen Wochen mit ihm. Und uns hat sie kein Wort gesagt! Aber ich wusste , dass da etwas im Gange war.«
»Und an allem bin nur ich schuld«, sagte Phillipa. »Er hat mich auf Facebook entdeckt! Er fragte, ob ich noch Verbindung zu Anne O’Farrell hätte, und als ich deiner Mutter davon erzählte, konnte ich ihr ansehen, dass sie immer noch etwas für ihn übrig hat, selbst nach so vielen Jahren!«
»Etwas für ihn übrig hat?«, echote Ellen. Sie spürte ein Gefühl von Gereiztheit in sich aufsteigen. Die drei benahmen sich wie alberne Teenager. »Du hast ihn von einer Liste ausgesucht!«
»Ja, das ist schon richtig«, erwiderte Anne. »Keine Sorge, dein Leben beruht nicht auf einer Lüge. Aber was ich dir nie erzählt habe, ist, dass ich tatsächlich ein wenig in ihn verknallt war.«
»Ein wenig?«, bemerkte Melanie. »Du warst ganz schön in ihn verknallt. Pip und ich durchschauten sie natürlich sofort«, fügte sie an Ellen gewandt hinzu.
Ihre drei »Mütter« nagten an ihren mit teuren Lippenstiften geschminkten Lippen, als säßen sie in einem Klassenzimmer und versuchten angestrengt, ein Kichern zu unterdrücken. Anne schenkte Wein nach, und Ellen, die Mineralwasser trank, kam sichwie eine Erziehungsberechtigte vor. Sie benahmen sich so was von kindisch !
»Und wie sich herausgestellt hat, hat er mich auch nicht vergessen können«, fuhr Anne voller Stolz fort. »In all den Jahren seiner Ehe hat er immerzu an mich gedacht. Er hat sogar von mir geträumt!«
»Die arme Frau«, murmelte Ellen.
Anne runzelte die Stirn. »Welche arme Frau?«
»Na, seine ! Die, mit der er verlobt war, als du mit ihm geschlafen hast, um mit mir schwanger zu werden!«
»Ach, sei doch nicht so …«
Anne sprach den Satz nicht zu Ende. Sie machte stattdessen eine Handbewegung, als wollte sie ein harmloses Insekt verscheuchen. Ellen vermutete, sie hatte »langweilig« sagen wollen.
»Ellen, deine Mutter hatte nichts mit dem Scheitern ihrer Ehe zu tun«, sagte Mel. »Es ist nichts Verwerfliches an dieser Geschichte.«
Ellen dachte an die arme Frau in London, die Nacht für Nacht ahnungslos neben ihrem Ehemann schlief, während dieser von einem Mädchen im sonnigen Sydney träumte. In der Tat, es war überhaupt nichts Verwerfliches daran.
»Und, hast du ihm von mir erzählt?«, fragte sie, bemüht, nicht bissig zu klingen.
Der verträumte Ausdruck wich von Annes Gesicht, jetzt wirkte sie wieder nervös. »Er war natürlich schockiert, er nahm es mir furchtbar übel, dass ich ihm die Schwangerschaft verheimlichte. Er hätte die Hochzeit abgesagt und mich geheiratet, wenn er es gewusst hätte, meinte er. Stell dir das mal vor! Ich hätte eine kleine Hausfrau werden können.«
»Oh, Mum!«
Es lag etwas Selbstgefälliges in Annes Ton, etwas, das Ellens Zeugung fad statt mutig erscheinen ließ.
»Du wirst dich doch mit ihm treffen, nicht wahr, Ellen?«, sagte Phillipa. »Das wird wie in einer dieser Fernsehshows sein, wo auseinandergerissene Familien wieder zusammengeführt werden. Mir kommen die Tränen, wenn ich bloß daran denke!«
»Ich werde mich mit ihm treffen, sicher, aber das wird kein romantisches oder herzerweichendes Wiedersehen sein. Wir haben die gleiche DNA, das ist alles«, erwiderte Ellen nüchtern.
»Na ja, du weißt doch jetzt, dass sich deine Eltern geliebt haben!«
»Wir dachten, du seist hellauf begeistert.« Mel musterte Ellen stirnrunzelnd, als wäre sie ein Fehlbetrag in einer Bilanz, den es aufzuklären galt. »Du hast dir immer so sehnsüchtig gewünscht, deinen Vater kennenzulernen. Eine Zeit lang warst du regelrecht besessen von dieser Idee.«
»Ja, da war ich vierzehn«, antwortete Ellen. Jetzt kam ihr die bevorstehende Begegnung wie eine peinliche gesellschaftliche Verpflichtung vor.
»Bist du denn gar
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