Alles - ausser Liebe
sie toll darin aussah. Sie hatte sich vorgestellt, dass Hugh sie ansehen und verrückt nach ihr sein, sie in die Arme reißen und da weitermachen würde, wo er letzte Nacht aufgehört hatte …
Doch stattdessen hatte eine Konferenz die andere gejagt, ein Telefonat das andere. Und bereits kurz nach zwölf war Hughs Mutter aufgetaucht, um ihren Sohn zum Essen abzuholen.
Bilder von gemeinsamen Stunden stiegen vor Kathryn auf, sie versuchte, sich damit zu trösten, dass sie Hugh von Herzen liebte und nicht bereute, sich ihm mit Leib und Seele geschenkt hatte.
Es war wunderbar gewesen. Die Erfüllung.
Wie sollte sie Hugh je vergessen können?
Warum sollte sie ihn vergessen?
Er war so gut zu ihr gewesen, hatte ihrValeries Haus geschenkt und unvergessliche Stunden, die sie nie für möglich gehalten hatte.
Dennoch durfte sie den Rest ihres Lebens nicht damit verbringen, Hugh nachzutrauern. Sie würde sich ein eigenes Leben aufbauen, wünschte sich eine Familie, einen liebenden Mann und Kinder …
Und sosehr sie es ersehnte, dieser Mann konnte Hugh nicht sein.
„Kathryn?“ Seine Stimme klang besorgt. „Du hast mir nicht geantwortet. Bereust du, mit mir geschlafen zu haben?“
„Nein, Hugh“, erwiderte sie wahrheitsgemäß. „Nein, ich bereue nichts.“
„Gut. Ich bin froh darüber. Und jetzt sollte ich die Abteilungsleiter zusammenrufen und ihnen mitteilen, dass mein Vater ab nächste Woche das Ruder wieder übernimmt. Vermutlich haben sie die Dinge unter mir als Chef etwas schleifen lassen“, setzte er ironisch hinzu und ging zur Tür.
„Und was soll ich tun, während du fort bist?“, fragte Kathryn.
Hugh blieb stehen und drehte sich um. „Für mich nichts. Aber du könntest Elaine anrufen und hören, ob für Dads Rückkehr etwas vorbereitet werden muss. Danach solltest du deinen Schreibtisch ausräumen und nach Hause fahren. Ich rufe später noch mal an, um alles für Sonntag zu besprechen. Da fällt mir ein, Russell schlägt seine Frau Nicole als Ersatztrauzeugin vor. James könne Megan in den nächsten Tagen unmöglich allein lassen, meint er, und da gebe ich ihm recht. Aber keine Sorge“, er öffnete die Tür, „Nickie wird schweigen wie ein Grab.“
Darum sorgte Kathryn sich nicht. Sie fragte sich nur, was sie ab Montag tun sollte.
So hoffnungslos wie in diesem Moment war ihr die Zukunft noch nie erschienen.
11. KAPITEL
„Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau.“
Nicole drückte Russels Hand. Meine Güte!, dachte sie. Eine Tragödie, diese Hochzeit.
Hugh, ein lieber Kerl, heiratete seine persönliche Assistentin, damit sie ein lächerliches Haus erben konnte. Dennoch spürten alle, dass er diese Frau liebte. Russell glaubte es und sie, Nicole, jetzt auch.
Wie sanft Hugh mit Kathryn umging … so zärtlich, während sie sich ihm gegenüber kühl gab – sehr kühl sogar.
„Sie dürfen die Braut jetzt küssen“, fuhr der Geistliche etwas unsicher fort.
Nicole wusste nicht, was Hugh dem Mann über die Eheschließung gesagt hatte, doch anscheinend ahnte er, dass hier etwas nicht stimmte.
Als Hugh sich vorbeugte, um Kathryn pflichtschuldigst auf die Wange zu küssen, wirkte sein Blick seltsam starr. Sein Verhalten bestätigte Nicole, was Russell ihr am Abend anvertraut hatte – dass seine persönliche Assistentin die Frau sein musste, bei der er nicht „landen“ konnte.
Kathryn Hart war keine Schönheit im klassischen Sinn, aber Nicole war sicher, dass viele Männer sie sexy fanden. Sie hatte interessante Züge, einen sinnlichen Mund und eine üppige Figur, die in krassem Gegensatz zu ihren kühlen grauen Augen und ihrer zurückhaltenden Art standen. Nicole verstand, was Hugh an dieser Frau reizte, vor allem nachdem sie keinerlei Interesse an ihm gezeigt hatte. Er war es gewöhnt, dass die Frauen ihm nachliefen. Doch für dieses Mädchen war die Eheschließung nur Mittel zum Zweck.
Zu gern hätte Nicole gewusst, warum das Strandhaus Kathryn so viel bedeutete. Aus Russell war nichts herauszubekommen.
Vielleicht sollte sie Hugh darauf ansprechen. Natürlich nicht heute, entschied Nicole mit einem Blick auf seine ungewohnt ernste Miene.
Jetzt ist es bald überstanden, dachte Kathryn und unterschrieb die Heiratsurkunde.
Unwillkürlich umfasste sie den Federhalter fester, weil ihre Finger bebten. Niemand durfte merken, dass ihr das Herz brach. Sie musste sich kühl und souverän geben. Bisher hatte sie sich tapfer geschlagen, obwohl es ihr zunehmend schwerer fiel, ihre Rolle zu
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