Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)
reserviert.«
Anka reagiert als Erste. »Ich fasse es ja nicht, da tust du schrecklich geheimnisvoll und rufst uns schnellstmöglich und gnadenlos zusammen, nur weil du wissen willst, ob du dir einen Typen dauerhaft auf dein Sofa setzen willst!«
»Hör auf zu stänkern, Anka. Du hättest deine Couchkartoffel auch immer noch, wenn sie sich nicht aus dem Staub gemacht hätte!« Suse bringt die in Rage geratene Anka zum Schweigen. Mit zickiger Miene zündet diese sich eine Zigarette an und bläst Suse den Qualm ins Gesicht.
»Ich verstehe Tati«, mischt sich Petra ein. »Ich denke auch manchmal darüber nach, meinen André nach knapp zwanzig Jahren wilder Ehe zu heiraten. Also etwas zu tun, was weder betriebswirtschaftlich noch juristisch sinnvoll erscheint.«
Doro kichert. »Das ist mal wieder typisch. Du denkst doch nur an die Erbschaftssteuer!«
»Das ist doch wohl legitim. Aber ich habe diesmal gar nicht an mich, sondern an André gedacht. Er hat schließlich durch mich eine große Chance auf ein reichhaltiges Erbe!«
»Mädels, mir geht es aber nicht ums Erbe«, werfe ich ein.
»Worum denn dann?« Petra fehlt jedes Verständnis für meine Situation. »In unserem Alter muss man sich doch absichern!«
»So alt sind wir ja nun auch wieder nicht.« Mir fällt auf, dass ich schon wie Carsten rede. Im Gegensatz zu uns Frauen spricht er mit mir überhaupt nicht übers Älterwerden. Wenn er meine Falten auf Fotos retuschiert und mir Sportgeräte schenkt, macht er das völlig wertfrei. Für Carsten ist der Tatbestand, dass wir alle irgendwie altersspezifische Besonderheiten entwickeln, entweder völlig unproblematisch, oder er verschließt, wie die meisten Männer, einfach die Augen vor unabänderlichen Tatsachen. Am schlimmsten wäre es, wenn er irgendwann die Augen öffnet und mich wegen der sichtbaren Spuren meines Alters nicht mehr will.
Nach dieser Erkenntnis revidiere ich das eben Gesagte.
»Ich glaube, ihr habt doch recht. Wir werden alt, und ich mache mir Sorgen, dass Carsten das irgendwann auch in meinem Gesicht sieht und mich dann verlässt!«
»Dann bist du froh, dass du ihn nicht geheiratet hast!«, ätzt mich Anka an.
»Jetzt bleibt entspannt, Mädels«, schaltet sich Suse ein. »Ich weiß gar nicht, was ihr wollt. Ich finde alt werden schön. Je älter ich werde, umso mehr mag ich mich!«
Suse hat gut reden. Sie sieht ja auch top aus mit ihren schönen blonden Locken.
Doro sagt: »Natürlich hat das Alter Vorteile: Wir sehen nicht mehr alles, hören nur noch die Hälfte, und das meiste, was um uns herum geschieht, lässt uns kalt!«
»Super ist auch, dass wir uns nichts mehr merken können. Wie oft gehe ich ins Bad und weiß dann nicht mehr, warum ich dort bin. So unter dem Motto: Frag mich nicht, was eben passiert ist, frag mich nach Ereignissen vor vierzig Jahren!«, erklärt uns Anka, und ich frage mich, warum sie ihren Mann bisher nicht vergessen konnte.
»Meine Toleranz ist jedenfalls gleich erschöpft. Statt mir bei meiner Hochzeitsentscheidung zu helfen, streitet ihr euch über Vor- und Nachteile des Altwerdens«, sage ich zickig, um meine Mädels zum von mir deklarierten Hauptproblem zurückzuführen.
»Ich bin dagegen! Also gegen eine Hochzeit«, sagt Anka viel zu schnell.
»Ich bin dafür!« Petra hebt ihre Hand wie bei einer Abstimmung.
»Und ich finde, du musst das selbst entscheiden«, meint Suse.
Wir schauen alle gespannt auf Doro. Sie fühlt sich unwohl, blinkert mit den Augen und schüttelt sich.
»Ohohohoh«, jammert sie nur. »Ihr seid nicht lustig!«
Mehr bekomme ich von ihr nicht zu hören.
Toll, wenn man so entscheidungsfreudige und argumentationsstarke Freundinnen hat! Das Treffen hat mir ja richtig weitergeholfen!
Noch habe ich zwei Monate Zeit bis zur Hochzeit und vier Wochen bis zur Abgabe der Unterlagen, aber ich sollte mich zügig zu einem Entschluss durchringen. Allein.
Alles hat ein Ende
Nach dem Mädelsabend bin ich richtig wütend. Stocksauer sogar. Wenn ich das aussprechen würde, was mir nach der dämlichen Abstimmung durch den Kopf geht, hätte ich keine Freundinnen mehr!
Ich finde, sie hätten sich mehr Mühe geben können, sich in meine verzwickte Situation mit Carsten hineinzuversetzen, anstatt übers Älterwerden zu philosophieren. Nach der misslungenen Abstimmung hatten meine vier Grazien verzweifelt an ihren Mojitos gesaugt und gar nichts mehr gesagt.
Wenn ich jetzt darüber nachdenke, dämmert mir, warum das so war: Meine Freundinnen können
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