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Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Titel: Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Meissner
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Sportbesessenheit in meinem Bekanntenkreis verunsichert hat. Unter dem Motto: Alle machen Yoga, ich hätte lieber Sex!
    Vielleicht hat mir der Auszug meiner Tochter die Schlupflider-Augen geöffnet? Mein Kind und ich hatten ein sehr liebevolles und – mangels Vater vor Ort – auch ein sehr enges Verhältnis. Mit Ausnahme der Pubertät meiner Tochter, die eher eine schlimme Zeit für mich war. Wahrscheinlich kommen unsere Kinder in diese Flegeljahre, damit uns Eltern die Abnabelung leichter gemacht wird, kommt mir in den Sinn. Aber letztendlich ist es doch so: Was mit der Geburt meiner Tochter begann, setzte sich mit jedem ihrer Geburtstage fort: das ständige Vor-Augen-Führen des eigenen Alterns.
    So richtig bewusst wurde mir diese einfache Erkenntnis, als »mein Baby« im vergangenen Sommer ein paar Urlaubstage in Potsdam verbrachte und wir zusammen im Freiluftkino waren, um den Musical-Film »Mamma Mia« anzuschauen. In einer lauschigen Sommernacht, händchenhaltend mit meinem Kind unter dem Sternenhimmel Potsdams konnte meine Laune eigentlich gar nicht besser werden. Ich fühlte mich blendend.
    Dass mir trotzdem nicht ein klitzekleines herzhaftes Lachen vergönnt war, lag weder an dem zauberhaften Film noch an den sensationellen Schauspielern. Es lag an der Geschichte einer alleinerziehenden Mutter und ihrer zwanzigjährigen Tochter, die viele meiner verschütteten mütterlichen Gefühle an die Oberfläche spülte. Die Filmstory und die Nähe meines erwachsenen Kindes ließen alle Erinnerungen wieder aufleben und stürzten mich in ein Gefühlschaos, das mich selbst überraschte. Übermannt, oder besser überfraut – bei Männern gibt es das nicht – von Abschiedsschmerz, Sehnsucht nach der eigenen Jugend, unendlichem Zusammengehörigkeitsgefühl mit meiner Tochter und gefühltem, stummen Verständnis, weinte ich in furchtbar peinlicher Weise, während auf der Kinoleinwand lustige Lieder gesungen wurden.
    Ich realisierte wahrscheinlich zum ersten Mal, dass meine Tochter bereits seit einigen Jahren ihren eigenen Weg geht und für ihre unbedeckten Nieren und kurzen Jäckchen selbst verantwortlich ist. Sie könnte bereits Mutter und ich also Großmutter sein. Wie niederschmetternd.
    James Blunt singt immer noch, und ich rauche schon die fünfte Zigarette des heutigen Tages. Statt mich durch Nikotin zu beruhigen, führt jeder gierig aufgesogene Glimmstengel zu neuen niederschmetternden Gedanken.
    »Will you be my shoulder, when I’m grey and older?«, jammert James aus den Boxen. Wer ist meine Schulter, wenn ich grau und alt bin? Carsten? Wohl kaum, der will mich ja nicht. Alexandra? Hat Depression. Flo? Hat eine Vorliebe für zu junge Mädels. Ich selber? Hab eine Altwerden-Phobie. Ja, James, manchmal ist das Leben hart. »You’re Beautiful«, tröstet er mich wenige Minuten später per CD-Player, und ich gebe ihm recht. »It’s true!«, singe ich laut mit, als Carsten die Küche betritt. Der stolze und aufrechte Mann, der jetzt meinem James den Hahn abdreht, weil er Jammerbarden nicht leiden kann, entbehrt jeder Ähnlichkeit mit dem noch vor zwei Wochen zutiefst erschütterten, sich am Türrahmen abstützenden Häufchen Unglück. Klick. Mit James’ Musik verschwindet auch die Melancholie aus der Küche. Stattdessen erfüllt Carstens gute Laune den Raum, und ich freue mich widerwillig, dass Carsten ein gesunder Mann mit typisch männlichen Eigenschaften ist; ein Mann, der mit emotionaler Musik nichts anfangen kann und mit dem ich immer noch den Rest meines Lebens verbringen möchte, wenn er das auch will. So sind wir Frauen eben, ein bisschen schizophren. In Wirklichkeit wollen wir keinen glattgeleckten Lockenstrulli, der uns jeden Wunsch von den Augen abliest, sondern manchmal auch einen ungehobelten, rüpelhaften Räuber Hotzenplotz.
    »Ich habe gerade Flo in seinem Büro besucht!«, berichtet Carsten und macht uns einen Kaffee.
    »Wie geht es ihm? Wir haben verdächtig lange nichts von ihm gehört!«
    »Gut!«
    »Wie gut?«
    »Geschäft läuft.«
    Ich merke, wie mich meine Ungeduld kribbelig macht. Warum kann er mir nicht ausführlich erzählen, was bei Flo in den letzten Wochen passiert ist? Ich rühre in meinem Kaffee. Carsten sitzt mir zappelig gegenüber.
    »Ist er noch mit irgendeiner Barbie zusammen?«, frage ich neugierig.
    »Weiß nicht. Hat er nicht gesagt!«
    »Warum hast du nicht einfach gefragt. Du weißt doch, dass ich mich dafür interessiere!«
    »Er hat nur von der Arbeit gesprochen, und

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