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Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Titel: Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Götting
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den Jungen schlappmacht.
    Nur Willi und der Bürgermeister bleiben übrig: »Der ist ganz schön trinkfest«, lallt Willi, als Helmut aufs Klo verschwindet.
    Ich greife mir mal Ercoles Festnetz-Telefon und rufe Lena an. Aber ihr Handy klingelt durch, bis die Mailbox anspringt.
    Ercole setzt sich zu uns. Er hat noch mal vier Gläser Limoncello mitgebracht: »Muss ich heute hier im Büro schlafen. Tanja hat sich mal wieder mit einem Gast gestritten. Ist schon nach Hause gefahren.« Er seufzt.
    Noch drei, vier Wochen, dann ist die Saison vorbei, und es geht wieder heim nach Neapel. Ercole wurschtelt dann für ein paar Monate in der Glaserei seines Vaters, die er partout nicht übernehmen will, vor sich hin. Und wenn ich ihn richtig verstehe, ist der Winter so eine Art Entziehungskur für seine vom Ferienfrohsinn entfremdete Frau.
    Mitternacht ist vorüber, die Terrasse längst leer, die Tische sind abgeräumt. Ercole steht auf und schickt seine Angestellten nach Hause. Er stellt seine Zucchero-Playliste an, die mit dem fulminanten Song »Baila« beginnt und mit wenigen Takten die nächtliche Melancholie vertreibt. Willi streckt den Rücken durch und macht sich noch mal gerade. Beim Bürgermeister muss man sich um Haltung ohnehin nie Gedanken machen.
    »Wo ist Lena?«, fragt Ercole.
    »Oben in Sepiana. Mit Fabio. Ich hab schon zweimal angerufen, aber sie geht nie ran.«
    »Fabio«, brabbelt Ercole und schüttelt langsam den Kopf wie eine grasende Kuh.
    »Hat dieser Fabio nicht früher mal drüben bei uns in der Bar gestanden, aus der sie jetzt einen Bungalow gemacht haben?«, fragt Willi. »Der kommt mir so bekannt vor.«
    »Esatto« , sagt Ercole. »Bis sie ihn rausgeschmissen haben.«
    »Warum?«, will ich wissen.
    »Hat er, wie sagt man … in der Kasse gegriffen.« Ercole erzählt, dass Fabio nicht nur Teile der Einnahmen unterschlagen hatte, sondern sein eigenes Bier mitbrachte, das er dann verkaufte. Das war alles zu einer Zeit, als die scontrini noch nicht vorgeschrieben waren, die kleinen Kassenzettel, die von der italienischen Regierung eingeführt wurden, um auch Gastwirten mal Steuern abzunehmen.
    Der Bürgermeister hört aufmerksam zu. »Ich dachte, es hat da einen Sexskandal gegeben. In der Küche von der Bar.«
    »Das auch. Aber nicht nur in die Küche.«
    Ercole lacht höhnisch. Es ist lange her, aber damals haben die Barbesitzer den schönen Fabio dabei erwischt, wie er statt panini eine 17-jährige Deutsche auf der Küchenablage bearbeitete. Massimo musste damals ein schlichtendes Gespräch mit den aufgebrachten Eltern des Mädchens moderieren.
    Fabio und sein Freund Christiano ließen auch gern mal die Wohnwagen der Touristen ein paar Tage früher als eigentlich bestellt auf den Platz ziehen. Christiano, seinerzeit der Rezeptions-Schönling, hatte ja die Schlüssel. Und dann sind sie mit den Mädels, die sie am Strand und in der Bar angebaggert, im Zweifel auch abgefüllt hatten, in die Wagen rein. Und am Ende der Saison haben sie Bilanz gezogen. Ercole sagt: »War die einzige Wettkampf, bei dem Fabio nicht beschissen hat.«
    Willi, das merkt man, hat allmählich ernste Probleme, der Unterhaltung zu folgen. Aber das süffige Thema hält ihn wach.
    »Fabio hat sie alle gehabt«, sagt Ercole. »Nur eine nicht – Lena. Da hat der sich nie getraut. Hatte zu große Angst vor deine Schwiegervater.«
    »Glaubst du, das will der jetzt nachholen?«, fragt Willi.
    »Kann er vergessen!«, sage ich. »Lena lacht ihn aus, wenn er es versucht.«
    »Trotzdem musst du aufpassen vor dem«, meint Ercole. Dann steht er auf und wankt ins Restaurant.
    Ich rufe Lena von drinnen noch mal an. Wieder keine Antwort. Der Bürgermeister meint, da stimmt was nicht. »Machst du dir keine Sorgen?«, fragt Willi. Aber noch bevor ich antworten kann, ist Ercole zurück. Und zwar gleich mit der ganzen Flasche Limoncello. Er gießt die Gläser bis kurz unter den Rand voll.
    »Ercole, wieso muss ich vor dem aufpassen? Was hast du damit gemeint?«
    »Glaubst du, ist der zufällig zurück in Sepiana?«, sagt Ercole, und dann fängt er richtig zu erzählen an. Fabio hatte mit seiner Segafredo-Bar offensichtlich eine Pleite hingelegt, für die sich selbst der griechische Finanzminister geschämt hätte. Der Laden lief gar nicht mal so schlecht, aber in seinem Größenwahn schmiss Fabio keine Prosecco-Runden aufs Haus, sondern lieber Champagner. Vom Feinsten und in beachtlichen Mengen.
    Wien ist ja nicht nur wegen seiner Nähe zum Balkan ein

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