Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Titel: Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Götting
Vom Netzwerk:
hoch, und als wir endlich ankommen, schließt Ercole Massimos Kabuff auf, wo der Ape-Schlüssel an einem Brett hängt. Er sagt: »Allora, amici. Andiamo!«
    »Wohin fahren wir eigentlich?«, fragt Willi.
    »Keine Ahnung«, sage ich, »so viele Bars wird’s schon nicht geben.«
    »Erst mal in die Stadt. Am Schluss wir fahre ins Inferno«, bestimmt Ercole.
    Willi hat sich auf den Beifahrersitz gequetscht, und fürs Erste nehme ich den Platz auf der Ladefläche. Fast wie in Libyen, denke ich für einen Moment, nur dass die Rebellen dort mit ihren Toyota-Hilux-Pick-ups deutlich besser ausgestattet waren. Und schon nach der dritten Kurve schnauft diese Karre erbärmlich unter unserer Last. Sie kommt kaum schneller voran als im Schritttempo.
    Ercole hält kurz an. »Hier ist ein steiles Stück. Willi, steig mal aus, müsst ihr beide kurz zu Fuß gehen.« Ballast abwerfen quasi.
    Willi und ich ächzen ein paar hundert Meter die Serpentinen hoch, allmählich habe ich komplett das Zeitgefühl verloren. Mir rinnt der Schweiß von der Stirn. Absurd, wie warm es immer noch ist. Als wir wieder auf einer halbwegs ebenen Stelle sind, klettert Willi nach hinten.
    Wir tuckern durch die stockfinstere apulische Nacht, die Kurven schlagen allmählich auch mir böse auf den Magen. Ercole schaut mich aus glasigen Augen an, er hat einen leichten Schluckauf. »Jetzt erst mal ins Jimmy’s«, sagt er. So wie er darüber redet, scheint das der Abschleppschuppen von Sepiana zu sein, auch wenn die Vorstellung schwerfällt.
    Rein ins Dorf. Berg runter kriegen wir sogar ordentlich Geschwindigkeit drauf. An der Kirche vorbei, dann über den Corso bis zu dem kleinen Platz mit dem Kinderkarussell. Und rechts einen Hügel runter, dann bremst er ziemlich abrupt ab. Willi kullert fast von der Ladefläche. »Whoa«, sagt er. Als er wieder festen Boden unter den Füßen hat, schwankt er immer noch wie ein Hilfsmatrose.
    » Ecco , das Jimmy’s«, sagt Ercole und zeigt auf eines dieser kubischen weißen Häuser mit Bögelchen über Tür und Fenstern. Über dem Eingang blinkt eine Neonreklame, die an das Miami von Sonny Crocket und Ricardo Tubbs erinnert. Innen drin sieht es schon fast nach Gegenwart aus. Dunkle Holztische mit cognacfarbenen Ledersesseln, in der Mitte eine bunt beleuchtete Bar. Ein gutes Dutzend Leute hängen am Tresen, einige Mädchen, vermutlich Einheimische, tanzen in maximal knappen Röcken zu typisch italienischem Euro-Trash zwischen den Sesseln. Nur von Lena keine Spur.
    Ercole klatscht den Barkeeper ab und spricht ihm irgendwas ins Ohr. Willi bestellt bei dessen Kollegen erst mal ein Bierchen. »Willst du auch eins, Jung?« Ich winke mit dem Zeigefinger ab.
    »Die sind schon seit ein paar Stunden weg«, sagt Ercole, als er sich vom Barkeeper-Ohr gelöst hat. »Die waren mit ein paar Leuten aus Sepiana unterwegs und wollten noch ins Inferno.«
    »Na, dann los«, sage ich, »Willi, auf geht’s, wir fahren weiter.«
    Willi klettert mit seiner Pulle Nastro Azzurro nach oben. Das Inferno, hat Ercole gesagt, liegt in einem Wald außerhalb des Dorfes. In den Serpentinen schaukelt die Ape wie ein Achterbahn-Waggon. Wäre jetzt nicht das Fenster offen, müsste ich mich hundertprozentig übergeben.
    An der nächsten Steigung müssen wir wieder absteigen. Willi und ich kraxeln Ercole hinterher. Meine Lungen brennen, selbst von den paar Metern. Aber in dem Zustand ist das wohl auch kein Wunder. Willi stolpert über eine Wurzel am Wegesrand und liegt wie ein Käfer auf dem Rücken. Ich helfe ihm hoch, und an der nächsten Kreuzung steige ich wieder nach vorn. »Wie weit ist es denn noch?«, frage ich mit schwerer Zunge.
    »Sin’ gleich da«, lallt Ercole zurück.
    Mit einem Mal geht die kleine Ape richtig flott voran. Wir rumpeln über den Feldweg, und ich mache mir Sorgen, dass es den Willi jeden Moment von der Ladefläche haut. Also strecke ich den Kopf aus dem Fenster und drehe mich nach hinten um.
    »Ach du Scheiße, wir haben den Willi verloren!«
    »Was?«, presst Ercole hervor.
    »Willi ist weg. Der sitzt nicht mehr hinten drauf.«
    »Wo ist er?«
    »Keine Ahnung. Dreh um, wir fahren zurück. Aber langsam, nicht dass wir den noch über den Haufen fahren.«
    »Das Ding kann nicht schnell.«
    Ercole hat Mühe, die Karre geradeaus zu steuern. Nach ein paar Minuten erreichen wir wieder die Kreuzung, wo uns unter der einzigen Straßenlaterne der Willi wild winkend empfängt. Er hatte noch einen letzten Schluck aus seiner Bierflasche

Weitere Kostenlose Bücher