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Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Titel: Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Götting
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ich und ziehe Lena hinter mir her. Helmut nimmt uns beide tatsächlich in den Arm zur Begrüßung.
    »Schöne Scheiße, was?«, sagt er. Mitten in diesem Trubel von Schreien und Gekreische steht er ganz ruhig da und beobachtet die Szenerie. Als könnte er nicht glauben, was da vor sich geht.
    »Hast du die anderen gesehen?«, frage ich.
    »Ja, Herbert und Horst wollten durchs Wasser in die nächste Bucht rüber, das Feuer scheint da noch nicht angekommen zu sein.«
    »Muss man da schwimmen? Wir haben unseren Rucksack dabei.«
    »Jetzt ist gerade Ebbe«, sagt Lena, »das müsste auch so gehen, wenn du die Tasche über dem Kopf trägst.«
    Ich schaue rauf zum Trabucco: » Oh shit, seht ihr das?« Zwei oder drei Autos stehen in hellen Flammen. Das Feuer zieht sich in vernichtender Geschwindigkeit den gesamten Felsen hinunter. Der linke Arm unserer Bucht lodert wie ein Osterfeuer.
    Ich muss an unseren Abend und das Tiramisu-Herz denken.
    »Wo ist Willi?«, frage ich.
    Helmut zuckt mit den Schultern.
    Der Donner einer Explosion hallt durch die Bucht.
    »Oh no«, sagt Lena, »das war bestimmt ein Gastank.«
    Es klang wie ein Granateinschlag. Und vor allem: Es klang verdammt nah. Die Hitze wird intensiver, das Feuer muss also näher kommen. Aber immer noch versuchen Leute, ihre Autos auf den Strand zu fahren. Weiter vorn sehe ich einen Mercedes-Geländewagen auf dem Mäuerchen zum Strand schaukeln. Genauso ein Modell, wie Willi es fährt. Und die gleiche Farbe.
    Ich schubse Helmut leicht an der Schulter und zeige auf den festgefahrenen Mercedes: »Scheiße, da ist der Willi. Der Idiot! Der will sein Auto retten!«
    »Komm«, brüllt der Bürgermeister.
    Ich drücke Lena mein zweites T-Shirt und die Tasche in die Hand. »Bleib genau hier stehen, okay? Wir sind gleich wieder da. Geh nicht weg!«
    »Passt bloß auf«, höre ich sie uns hinterherrufen.
    Helmut und ich rennen durch das Wasser und über den Strand. Als wir Willi erreichen, sehe ich, dass sein Wagen leicht schräg auf der Mauer hängt. Die Fahrertür ist blockiert. Er lässt wie ein Berserker den Motor aufheulen. Ich klopfe an seine Fensterscheibe: »Hör auf damit.«
    Wir stemmen uns gegen das tonnenschwere Auto, bis es wieder waagerecht mit dem Unterboden auf der Mauer hängt. Ich reiße die Fahrertür auf. »Und jetzt raus, du Idiot«, brüllt Helmut den Willi an, der uns sprachlos und reichlich verwirrt anglotzt. Er reagiert überhaupt nicht.
    Der Wagen hängt einigermaßen stabil auf der Mauer fest. Von wegen Geländewagen. Ich zerre Willi aus dem Auto, Helmut zieht jetzt auch mit. Sieht aus, als hätte unser Freund ein Konter-Bierchen zu viel nachgelegt. »Ins Wasser!«, schreit Helmut. »Los!«
    Allmählich dämmert anscheinend auch Willi, dass für so ein Auto die Versicherung bezahlt, wenn es abfackelt. »Wo ist die Rita?«, frage ich.
    »Bei Herbert!«
    Während wir den Strand hinunterlaufen, packe ich mir zwei liegen gelassene Handtücher und gebe sie Willi: »Hier, verlier die nicht!«
    Über uns kreisen inzwischen schon die ersten Lösch-Helikopter, die Wasser abwerfen. Das sieht so verdammt hilflos aus – wie einer, der mit einem Putzeimer sein brennendes Haus löschen will. Und immer wieder donnern Detonationen durch die Bucht, als läge sie unter schwerem Artillerie-Beschuss.
    Wahrscheinlich hat sich die Feuerwalze längst den Hügel herunter bis in den oberen Teil des Campingplatzes vorgefressen. Und jetzt fliegt ein Wohnwagen nach dem anderen in die Luft. Es hat ja jeder mindestens eine Gasflasche an Bord. Und wieder kracht es.
    Wir erreichen Lena und Susi. Neben ihnen steht ein Mann, der hustet wie blöde, aber seinen Camcorder im Anschlag hält.
    »Willi!«, ruft Lena. »Alles okay?«
    In dem Chaos haben viele ihre Angehörigen aus den Augen verloren, aus allen Richtungen Schreie, sie schwellen an, werden lauter und verzweifelter: »Mamma!«
    »Maria! Maaa-riaa! Dove sei ?« Wo bist du?
    Ich verstehe nicht viel von Botanik, aber so viel weiß ich: Das klebrige Harz der Pinien wirkt wie Schießpulver, wie ein Brandbeschleuniger. Und dieser Platz liegt mitten in einem Pinienwald. Der Geruch erinnert mich an einen Sauna-Aufguss mit ätherischen Ölen. Dazu die vielen Gasflaschen, die Benzintanks der Autos. Wommmm !
    »Wahnsinn, da ist schon wieder ein Reisemobil in die Luft geflogen«, schreit Lena.
    Der helle Feuerschein der Explosion wirkt wie eine Szene aus einem Roland-Emmerich-Film.
    Der ganze hintere Teil des Campingplatzes muss in Flammen

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