Alles bleibt anders (German Edition)
Überprüfung sämtlicher Datenleitungen und Verbindungen vergingen weitere zwanzig Minuten.
Alles schien in Ordnung zu sein!
»Bevor wir zurück auf den Campus fahren«, sagte Gothaer, »will ich noch einmal zusammen fassen, wie ich mir den morgigen Ablauf vorstelle. Wir werden möglichst früh aufbrechen, um niemandem zu begegnen, der uns Fragen stellt oder mit uns den Tag verbringen möchte. Falls wir doch jemanden antreffen, ist unsere einheitliche Aussage, dass wir einen gemeinsamen Ausflug zum Wannsee machen, mit Waldspaziergang, Dampferfahrt und Besuch im Arbeitermuseum. Wir werden auch die U-Bahn Richtung Wannsee besteigen und wenn wir uns sicher sind, dass uns niemand folgt, wechseln wir die Richtung und fahren hierher zum Westhafen. Wir führen morgen für jeden von Ihnen die Resonanzprüfungen in den negativen Realitätsabweichungen durch. Inzwischen ist die Zahl auf über 1.600 angewachsen, wie ich vorhin der Bildschirmanzeige entnommen habe und ich glaube, wir sind mit den Prüfungen fertig, ehe wir zu unserer Verabredung im 'Salzkammergut' erscheinen müssen.«
»'Salzkammergut?'«, fragte Frank.
»Spezialitäten aus der Ostmark!«, erwiderte Karen.
»Nach unserem gemeinsamen Abendessen mit den Kollegen von der Universität Germania«, fuhr Gothaer fort, »versuchen wir, uns so früh wie möglich zurück zu ziehen – jeder für sich, das wirkt unauffälliger. Später treffen wir uns alle hier. Vorausgesetzt natürlich, unsere tagsüber durchgeführten Resonanzprüfungen waren erfolgreich und wir haben tatsächlich eine alternative Realität lokalisiert, in der sie alle vier hier in Germania sind und deren Zeitpunkt X vor dem 14. März 1999 liegt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben wir dann eine Ebene entdeckt, in der es am 22.05.2005, also morgen, keinen Nationalsozialismus mehr auf deutschem Boden gibt.«
»Und dann«, unterbrach ihn Karen, »finden wir heraus, was in dieser Ebene anders lief, besser.«
Frank blieb skeptisch. »Sie glauben ernsthaft, Sie könnten auf absehbare Zeit die Möglichkeit entwickeln, um in die Vergangenheit unserer eigenen Ebene zu reisen? Dort die NSDAP mit Stumpf und Stiel auszutilgen und die Gegenwart lebenswerter zu machen?«, fasste Frank seine Bedenken zusammen.
»Ich zweifle keine Sekunde daran, Herr Miller! Weder an der theoretischen Möglichkeit noch an ihrer Ausführung!«
Der Professor hatte ein merkwürdiges Glänzen in seinen Augen. Für Frank grenzte Gothaers nur kurz zu erkennender euphorischer Gesichtsausdruck schon fast an Besessenheit; Franks Skepsis wurde nicht gemildert. Ganz im Gegenteil.
»W-was ist, wenn wir nicht die r-richtige Ebene finden?«
»Dann nutzen wir eine, in der sich drei Resonanzkörper befinden. Es ist ja nur eine Frage der Wahrscheinlichkeit. Vier Übereinstimmungen sind sicherer als drei, dennoch sind drei schon ein für unsere Zwecke ausreichendes Ergebnis.«
»Wer wird die Reise unternehmen?«, fragte Dieter. »Wir sind zu viert und haben zwei Sarkophage!«
»Herr Hartwig hat mir bereits vorgeschlagen, dass er selbst aus Sicherheitsgründen besser hier bleibt. Er kennt sich am besten mit unseren Programmen, Daten und deren Speicherung und Verschlüsselung aus. Wenn ihm etwas zustößt, hätte selbst ich nicht mehr den Zugang zu allen erforderlichen Daten.«
»Bleiben also noch Frank, Dieter und ich«, meinte Karen.
»Ich wäre gerne dabei«, fügte sie ganz unbescheiden hinzu.
»Ich auch«, reagierte Dieter sofort.
»Frank?«, fragte Karen.
Frank nickte.
»Ich möchte auch auf die Reise gehen«, sagte er leise.
Einige Momente des Schweigens folgten, in denen jeder der Anwesenden glaubte, einer würde einen Rückzieher machen. »Wir haben ja noch Zeit bis morgen!«, schloss Gothaer. Danach verließen sie das Hafengelände und kehrten auf den Campus zurück.
15
Es hatte alles reibungslos funktioniert.
Beim Frühstück waren sie allein gewesen, niemand hatte sich aufgedrängt oder verdächtige Fragen gestellt.
Es war noch nicht einmal neun Uhr, als sie wieder im Kellerraum des Westhafens eintrafen.
Ein langer Tag im stickigen Kellerraum stand an. Auf dem Weg hierher hatten sie sich Mineralwasser und Käsebrötchen besorgt. Tristan packte alles aus seinem Rucksack auf einen der Schreibtische und setzte sich vor einen der Monitore, Gothaer nahm vor dem anderen Platz.
Sie schalteten die Rechner ein und starteten die benötigten Programme.
Kurz darauf glitt wunschgemäß die Frontklappe von einem der beiden Sarkophage auf und die
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