Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
Vom Netzwerk:
mehr Zynismus hätte ihnen nicht geschadet. Ich saß auf Mateus’ Bett und schaute die Playlist auf seinem iPod durch. Dann schloss ich den iPod an die Anlage an und hörte Trentemøller.
    „Na.“ Dann mal los. „Wie war es so?“
    „Die Reise?“
    „Ja.“
    „Echt schön.“
    „Was habt ihr so gemacht?“
    „Gut gegessen, im Pool geschwommen, am Strand gewesen.“
    „Gebumst?“
    „Ach, hör auf.“
    „Das ist doch wichtig, wenn man im Urlaub ist!“ Auf seinem Gesicht waren innerhalb von drei Sekunden alle nur denkbaren Grimassen zu sehen. Zuerst: verkniffenes Grinsen. Dann verdrehte er die Augen, runzelte die Stirn und verzog den Mund. Schließlich: geschlossene Augen und leichtes Kopfschütteln.
    „Versprich mir, nicht zu lachen.“
    „Hatte sie ihre Tage?“
    „Ja.“
    „Fuck, so ein Mist.“
    „Ach, ist doch völlig egal. Wir hatten eine gute Zeit. Wir waren in der Stadt, haben ordentlich getrunken und uns richtig gut verstanden.“ Trentemøller spielte Take Me Into Your Skin .
    „Man will ja am liebsten ein voll harter Kerl sein und alles. Seine Freundin drei, vier Mal am Tag ins Bett zerren. Aber so läuft es halt nicht.“
    „Was wollen wir heute machen?“, fragte ich.
    „Wir könnten uns im Laden was zu trinken kaufen, oder?“
    „Wir könnten auch einfach hier abhängen“, sagte ich.
    „Veronicas kleiner Bruder hat mich gefragt, ob ich mit ihm ins Netcafé gehe.“
    Ich runzelte die Stirn wohl ein bisschen zu deutlich. Aber für mich war es irrsinnig schwer, mit Mateus zu reden, ohne aus der Haut zu fahren. Ich konnte nicht laut darüber lachen, dass er mit seiner Freundin in den Romantikurlaub gefahren war, ohne mit ihr zu schlafen. Genauso wenig konnte ich ihn in die Geschichte mit Borste einweihen. Ich hatte große Lust, mit ihm über alles zu reden. Über Joakim, über meine Eltern. Aber ich tat es nicht.
    „Ihr kleiner Bruder ist echt total cool. Auch mit Nickstandards gemessen. Er fängt bald an der Fachoberschule an.“
    „Na, das ist ja vielleicht cool.“
    Er sah verletzt aus.
    „Na gut, scheiß drauf. Dann machen wir das“, sagte ich hastig.
    „Echt?“ Er lächelte.
    Er war wirklich ganz in Ordnung, ihr kleiner Bruder. Nur ein Jahr jünger als Veronica. Ein ziemlicher Punk sogar, genauso wie seine drei Freunde. Man ahnte das Potenzial für den einen oder anderen Konflikt in Veronicas heiliger Familie.
    Ich war noch nie ein großer Computerspieler. Es liegt mir nicht, stundenlang dazusitzen und mit einem Elf herumzunerden, den ich selbst erstellt habe. Aber wir spielten World War II , einen First-Person-Shooter, und ich kann gut einen Soldaten steuern und Waffen wechseln. Mateus und ich waren in einer Mannschaft, umlagerten Häuser, schlichen uns an und so weiter.
    „Haben wir das nicht schon mal gemacht, Nick?“, fragte Mateus.
    „Kommt mir zumindest bekannt vor“, antwortete ich.
    „Gibt es wieder ein paar süße Mädels, die wir retten müssen?“, fragte er.
    „Leider nicht. Die Motivation ist nicht dieselbe.“ Als wir damals zum Rypark fuhren und Liv aus dem Haus dieses Psychopathen retteten, waren wir Feuer und Flamme gewesen. Im Nachhinein haben wir oft darüber gesprochen. Über die Details. Fuck, ich bin sogar mit einem Auto dort rausgefahren. Ich erinnere mich, dass Mateus eines Tages meinte: „Eigentlich ist das nicht mal so besonders, wie man denkt.“ Ich wusste genau, was er meinte.
    Wir spielten vier, fünf Stunden lang, dann gingen wir wieder zu Mateus und aßen Käsebrote. Mateus war wohl der Einzige, der sich noch nie darüber beschwert oder gewundert hatte, dass ich Vegetarier war.
    Dann endlich kehrte Liv wieder zurück. Sie hatte mir gefehlt. Mateus und ich wollten sie am Flughafen abholen. Die Woche hatte ich damit verbracht, Pot an Sunes Freunde und einige andere zu verkaufen, die zum Basketballplatz kamen; manche davon nur, um etwas von mir zu kaufen. Tobias kaufte sogar ein Gramm Skunk – „um mal was Neues auszuprobieren“, wie er sagte. Und er ließ mir schöne Grüße von irgendeinem René ausrichten, von dem ich noch nie gehört hatte. Als ich fragte, wer das sei, antwortete er nur: „Er kennt jedenfalls dich.“ Nur Tobias konnte einem mit einer einfachen Bemerkung ein so merkwürdiges Gefühl geben.
    Ich wusste genau, dass es weder Østerbro-Style noch klug und vorausschauend war, dort rumzustehen und Pot zu verticken, aber das war mir egal. Es war cool abzuhängen, ich verdiente Kohle dabei und die Zeit verging wie im Flug.

Weitere Kostenlose Bücher