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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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Hemden über dem Kopf und schrien mit:
    When you have completed what you thought you had to do
    And your blood’s depleted to the point of stable glue
    Then you’ll get along
    Das Lied endete und wurde von einem Rapsong abgelöst. Sandra schrie lauter als die Anlage:
    „ JETZT GIBT’S BODY-TEQUILAS IN DER KÜCHE! “
    Die Leute drängten zur Küche. Joakim erhob sich vom Sofa. Langsam. Er schubste die Umstehenden weg. Ich dachte, er würde nach Hause gehen. Und vielleicht nie wieder auftauchen.
    Aber er zerrte Sandra zurück ins Wohnzimmer. Das Ganze dauerte vielleicht zwei Sekunden. So kurz, dass ich nicht einschreiten konnte. Er packte ihren Unterkiefer mit der Hand und stieß sie gegen die Wand, dass es dröhnte. Sie rutschte nach unten, während er zweimal auf sie einschlug – erst mit der Innenseite, dann mit der Rückseite der Hand. Ihre Lippe platzte auf. Ich riss ihn herum. Er grinste. Ich schlug zu, erst einmal, dann noch einmal. Der erste Schlag traf ihn direkt über dem Wangenknochen, der zweite rammte seine Nase. Er wankte nach hinten und fiel über Sandra, die auf dem Boden lag. Ich zog ihn wieder hoch, packte ihn am Kragen seiner lächerlichen Lederjacke und schubste ihn gegen den Schrank, auf dem die Stereoanlage sowie einige Gläser und Vasen standen. Dann verpasste ich ihm einen Tritt à la Ronaldo in die Rippengegend. Ich schleppte Joakim bis zur Haustür. Die übrigen Partygäste teilten sich wie das Rote Meer. Ich zog ihn die Treppe hinunter und stieß ihn vor die Tür. Sie fiel hinter uns ins Schloss. Ich hatte keinen Schlüssel.
    „Du hast viele gute Gründe, nicht zur Polizei zu gehen. Schnallst du das?“, fragte ich. Seine Augen waren weit aufgerissen. Das raubte mir sämtliche Energie. Das Blut strömte aus seiner Nase und formte ein Dreieck auf seinem weißen T-Shirt. Ich schaltete mein Telefon aus und ging davon. Runter in den Freihafen, wo ich einen Joint rauchte, den letzten für eine ganze Weile, wie sich zeigen sollte.

    Sandra hatte aufgeräumt, aber sie hatte es nicht geschafft, die zerbrochenen Vasen einzusammeln; auf dem Teppich war immer noch Blut und ihre Oberlippe ähnelte einer Portion Rotkraut.
    Meine Mutter heulte und heulte. Sie saß am Küchentisch, als ich nach Hause kam.
    „ WAS TREIBST DU BLOSS? “, rief sie. Sandra schrubbte den Boden mit Kartoffelmehl und Sodawasser, aber als sie mich sah, lief sie sofort in ihr Zimmer hoch.
    „Willst du nicht hören, was ich zu sagen habe?“, fragte ich im Stehen.
    Sie antwortete nicht.
    „Joakim hat sie geschlagen.“
    „Du … du hast … Er ist im Krankenhaus.“
    „Er hat sie zweimal geschlagen.“ Mein Vater kam aus der Toilette.
    „Did he beat her?“ Ich nickte.
    „I freaking told ye, Agnete, Joakim was a bad boy. Good thing, Nick took care o’ him.“
    „ DAS IST DOCH NICHT GUT! Dafür kannst du ins Gefängnis kommen, Nick. Bald geht das Schuljahr wieder los. Verflucht noch mal.“ Sie schluchzte.
    „Ich werde nicht mehr in die Schule gehen.“
    „Nicht jetzt, Nick. Das kann warten. Schau dir mal das an.“ Sie deutete auf die Tüte, die vor Porzellanscherben überquoll.
    „Arh. It’s just things, right?“, sagte mein Vater.
    In einer Stunde musste ich bei der Arbeit sein. Ich stapfte nach oben. Ich hatte acht Stunden lang im Hafen auf einem Stein gesessen und Bilanz gezogen. Ich wollte die Schule abbrechen und sehen, ob ich nicht auf einem Schiff anheuern konnte. Das war zweifellos das Richtige. Ich wollte Borste sein Geld wiedergeben, und ich wollte versuchen, mich mit Liv und Mateus auszusöhnen. Ohne die beiden ging es nicht. Kaum vorzustellen, dass sie mich schon so lange ertragen hatten. Sie hatten mit ansehen müssen, wie ich eine Dummheit nach der anderen beging und mich wieder auf die Beine gestellt, wenn ich am Boden war. Ich wollte Mira, Mouna und Rie Briefe schicken und um Verzeihung bitten. Und ich wollte ein ernstes Gespräch mit Carl-Philip führen, wenn er seinen selbstmörderischen Kurs nach Skanderborg beibehielt.
    „Hey, kid.“ Mein Vater schaute zur Tür herein. „Ist schon gut. Es werd schon gut werden“, sagte er in gebrochenem Dänisch. „Schaffst du es?“ Er setzte sich lächelnd auf mein Bett. Mir war noch kalt von der Nacht draußen und er legte seine Hand auf meine. Ich nickte.
    „Aber vielleicht solltest du … straighten up a little bit.“ Ich nickte erneut.
    „Und was ist mit dir und Mama?“, fragte ich. Er zuckte die Achseln.
    „Vielleicht. Vielleicht nicht“,

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