Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
›Medúlla‹, auf dem der Popstar gemeinsam mit Freunden und
Bekannten die Lieder einsang. Bei diesem Video summt und tanzt auch Egill mit – allerdings angezogen.
Das legendäre Sirkus bei Nacht
Nachdem die Bar Sirkus schließen musste, gründete Sigga Boston auf dem Laugavegur einen neuen Club: Boston. Er ist sehr beliebt,
aber gediegener. Das Publikum ist ähnlich geblieben, und so wird hier ebenfalls feuchtfröhlich gefeiert.
Am Abend eines 17. Juni war ich mit einer Freundin dort: Hekla. Sie ist eine von denen, die nach dem Vulkan benannt wurden. Wir saßen gerade
in der oberen Etage auf einer gemütlichen Couch und plauderten, als Popstar Björk mit ihrem Mann Matthew Barney, einem namhaften
amerikanischen Medienkünstler, hochkam. Sie trafen einige Freunde, redeten und tranken Bier, rund zwanzig Leute standen nun
oben. Es war 22 Uhr, also noch sehr früh. Hekla kennt Björk und Matthew, begrüßte sie auf dem Weg zum Balkon kurz. Ich hielt mich zurück.
Es war spannend, die kleine, zierliche Frau in ihrem heimischen Umfeld zu beobachten. Da in Island viele expressiv gekleidet
sind, fällt Björk dort kaum auf. Nach ein paar Drinks fingen sie und ihre Freunde an, traditionelle Songs zu singen. Der 17. Juni ist der Nationalfeiertag der Isländer. Während die anderen so schön sangen, wie sie nur konnten, grölte Björk die Lieder
lautstark. Hier muss sie niemandem etwas beweisen.
Isländer feiern gerne, und grundsätzlich ist für sie alles eine Party: sei es nun ein spontanes Singen mit Freunden am Nationalfeiertag,
eine kleine Geburtstagsfeier zu Hause oder eine Nacht im brechend vollen Club. Jeder Abend wird zum Event gemacht,und ein rauschendes Fest adeln Isländer damit, dass sie auf den Tischen tanzen. Mittlerweile ist das zwar in einigen Clubs
verboten, doch wann immer sie die Gelegenheit haben, hüpfen die Isländer auf große und kleine Tische. Und wenn die Decke so
niedrig ist wie damals an einigen Stellen im Sirkus, können sie sich dort abstützen.
Keine Bar habe den Charme des Sirkus, sagen viele noch Jahre später, doch natürlich gibt es in 101 Reykjavík einige weitere gute Clubs und Bars. Im Bakkus treten zum Beispiel angesagte DJs auf, nebenbei kann man am Automaten
Passfotos machen; im Ölstofan treffen sich die Literaten zum Bier, und im Dillon legt seit Jahrzehnten eine inzwischen 6 2-Jährige Rockmusik auf.
Damit es den Isländern nicht langweilig wird, hoppen sie meist von einer Location zur nächsten. Sie sind ja eh nur ein paar
Häuser voneinander entfernt. Während die einen über den beheizten Bürgersteig des Laugavegur schlendern, schleichen die anderen
mit ihren Autos über die Einbahnstraße. Besonders bei Jugendlichen ist das »rúntur«, das Cruisen mit den Autos, beliebt. Sie
drehen die Musik so laut auf, dass die Bässe wummern, und verstopfen den Laugavegur, weil sie ständig jemanden treffen, mit
dem sie schnell noch ausmachen, wo man sich später trifft. Auch in Akureyri ist das rúntur eine beliebte Freizeitbeschäftigung.
Da die Innenstadt so klein ist, fahren sie eben immer im Kreis umher. (Auch die Rundtour von Bar zu Bar wird als rúntur bezeichnet.)
New Yorker Feeling auf dem Dorf
Gefeiert wird selbst in Dörfern wie Flateyri, dem fernen Ort in den Westfjorden mit der Fischfabrik. Tagsüber ist es dort
so ruhig, dass man selbst den Flügelschlag der Raben hört. VielenEuropäer kommt schon Reykjavík wie ein Provinznest vor, doch Flateyri mit seinen 300 Einwohnern ist da die pure Einsamkeit, besonders im Winter, wenn meterhoher Schnee den ganzen Fjord bedeckt, gibt es kaum
einen ruhigeren Platz. Damit die Gäste in die einzige Bar gelangen können, müssen die Betreiber nachmittags den Eingang freischaufeln.
Für Mittwoch ist in der Bar Vagninn (der Wagen) die Dorfband angekündigt, sie soll um 21:30 Uhr auftreten. Da in Island alles immer mit viel Zeitverzögerung anfängt, komme ich extra eine Stunde später und bin trotzdem
einer von gerade mal vier Gästen. Noch lässt sich die Band nicht blicken, nur der Brite, der neu nach Flateyri gezogen ist
und die Musiker mit seinen Bongos unterstützen wird, trudelt ein. An den Wänden hängen Hunderte Fotos, es scheint so, als
sei hier jeder Gast abgelichtet worden, der jemals diese Bar betreten hat. Nach und nachtauchen die Menschen auf, die ich mir zuvor auf den Fotos angesehen habe. Einer, er ist der Lehrer im Ort, führt mich zu
seinem Bild und
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