Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
Der Komiker Jón Gnarr und seine Kollegen wurden mit ihren Partnern vorgestellt. Nur einer, Karl Sigurðsson,
hatte keine. Also titelte ihr Magazin als Unterzeile zum Foto »Frau gesucht«.
Kurz darauf traf Tobba ihn zufällig in der Bar Ölstofan, sprach ihn scherzhaft an. »Na, hast du deine Frau schon gefunden?«
Eigentlich wollte sie Karl mit jemand anderem verkuppeln, doch dann waren sie plötzlich ein Paar. Der Facebook-Status wurde
von »Single« zu »in Beziehung« geändert. Und Karl überprüfte auf der Website des Íslendingabók den Verwandtschaftsgrad. »Wir
sind fast gar nicht verwandt«, teilte er ihr begeistert mit. »Wir können also problemlos Kinder bekommen.« In Island bindet
man sich schnell. Nach zwei Wochen berichtete bereits die Presse über das neue Paar. Hier kommt eben alles heraus.
Tobba hat sich intensiv mit dem Thema Dating beschäftigt, vor einem Jahr brachte sie mit ›Makalaus‹ den ersten chic-lit-Frauenroman
heraus. Die Hauptfigur ist geprägt von den ErlebnissenTobbas und ihren Freundinnen. Sie beschreibt ihr Liebesleben und -leiden in allen Einzelheiten, man erfährt von Affären mit
verheirateten Mittvierzigern, dem Diätfrust. In ihrem Vorwort schreibt sie für alle gefrusteten Singles: »Erinnere dich an
das Abenteuer, nicht an das Ende.« Außerdem gibt sie in dem Buch Beauty-Tipps – zum Beispiel eine Gurkenmaske für empfindliche
Seelen und das Hühnchen-Rezept »Mangoverrücktheit« gegen Depressionen und Männerprobleme.
Der Roman wurde ein Bestseller und sogar mehr von Männern als Frauen gelesen. Nun bekommt Tobba täglich E-Mails mit Fragen. Denn auch wenn das Kennenlernen in Island an sich sehr unkompliziert ist, wissen nicht alle, wie sie die Angebeteten
für sich gewinnen sollen. Was sie zum Date mitnehmen und was man überhaupt machen könnte – außer direkt wieder Sex zu haben.
Ihre Tipps sind im Grunde sehr einfach: Bringt eine Blume mit, führt sie zu einem schönen Essen aus. Sie selbst hat bei ihrem
ersten Date mit Karl stundenlang Karten gespielt. Die Dating-Expertin gibt ebenfalls Tipps für Paare: »Macht eine kleine Party
beim DV D-Abend «, sagt sie. »Ich setze mich mit Freunden manchmal verkleidet vor den Fernseher. Zum Spaß, weil es dann anders ist.«
Tobbas erstes Buch wird gerade als Sitcom verfilmt, und sie stellt ihr zweites Buch fertig: Es ist ein Dating-Handbuch mit
praktischen Tipps. Darin steht unter anderem, wie man einen Partner erobern kann, wie Chlamydien zu bekämpfen sind und wie
man den Mann im Notfall auch wieder loswird. Das Nachtleben biete natürlich immer viele Möglichkeiten des Kennenlernens, sagt
Tobba. Die 2 6-Jährige ist froh, dass es heute Facebook gibt. Früher hatte man vielleicht eine Nummer und einen Namen auf einem Zettel stehen, aber
keine Ahnung mehr, wie der Typ aussah, erinnert sie sich. Heute postet jeder beim Online-NetzwerkFotos von sich. »Da du dort auch seine Freunde siehst und oft jemanden kennst, kannst du die nach dem Schwarm ausfragen«,
erzählt Tobba. »Dann weißt du sofort, wer seine Exfreundinnen sind und ob er vielleicht einen Fußfetischismus hat.«
Informationspool Frauentoilette
Im Zweifel erfährt man das auch auf der Frauentoilette, denn die ist ebenfalls ein guter Informationspool. Hier werden selbst
Fremde für kurze Zeit zu Freunden. Was bei uns nur Teenager und eventuell noch Twens tun, passiert in Island auch im höheren
Alter. Frauen schminken sich gerne mehrfach am Abend nach, man will ja gut aussehen für die wenigen interessanten Typen, währenddessen
wird eifrig getratscht. Jeder weiß Neues zu berichten. Wer mit wem? Wer nicht mehr mit wem? Auf der Toilette eines Clubs erfährt
man gegebenenfalls die halbe Lebensgeschichte jenes Mannes, der einem gerade am Tresen aufgefallen ist. Möglicherweise ist
die Frau, die sich neben einem den Kajal nachzieht, sogar eine seiner Exfreundinnen. Auf dem Dorf sind die Verquickungen natürlich
meist enger, aber selbst in Reykjavík passiert das regelmäßig.
Wenn es abends in den Toiletten voll ist, warten die Isländerinnen nicht brav in einer Reihe, sie gehen einfach zusammen.
Während die einen pinkeln und lautstark über Privates reden, kontrollieren die anderen ihr Make-up. Im Café Cultura stehen
auf der Damentoilette sogar zwei Kloschüsseln direkt nebeneinander, in der Mitte wurde ein Klopapierhalter angebracht.
Die Isländer haben ein anderes Verhältnis zur Nähe und kaum
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