Alles Glück kommt nie
Einzugder-Gladiatoren-Mäßiges.«
»C-c-g ...«
»Wenn er seine Lederhose anhatte, die mit den aufgestickten Troddeln auf den Vordertaschen, und wir uns vor Lachen die Bäuche hielten, hattest du eine kleine bayrische Polka parat –«
»Lohmann.«
»Wenn er uns zu den Hausaufgaben zwingen wollte, hast du ihm den River-Kwai-Marsch geblasen.«
»Den hat er geliebt. Dann hat er sich ein Baguette unter den Arm geklemmt und geglaubt, an der Brücke am Kwai zu sein ...«
»Als er es geschafft hatte, auf Anhieb ein Haar aus seinem Ohr auszureißen, war es Aida .«
»Genau. Der Triumphmarsch .«
»Wenn er uns genervt hat, hast du Tatütata gespielt, den Krankenwagen, der uns ins Krankenhaus bringen sollte. Wenn wir etwas angestellt hatten und er uns in dein Zimmer gesperrt und darauf gewartet hat, dass Anouk zurückkommt, um uns zu bestrafen, hast du ihn mit Miles geärgert, durch das Schlüsselloch.«
»Fahrstuhl zum Schafott?«
»Genau. Wenn er hinter uns herrannte, weil wir in die Badewanne sollten, bist du auf den Tisch geklettert, und dann folgte der Säbeltanz. «
»Der hat mich fast umgebracht, das weiß ich noch. Scheiße, ich wär mehrmals fast krepiert.«
»Wenn wir Bonbons haben wollten, hast du ihm deinen Gounod serviert.«
»Oder Schubert. Das hing davon ab, wie viele wir wollten. Wenn er uns seine armseligen Nummern vorführte, habe ich den Radetzkymarsch gebracht.«
»Daran kann ich mich nicht erinnern.«
»Klar doch.«
»Bum, bum, Strauß.«
Charles lächelte.
»Was er am liebsten mochte –«
»... war das hier«, fuhr Alexis pfeifend fort.
»Ja. Dann bekamen wir alles, was wir wollten. Dann machte er sogar die Unterschrift meines Vaters nach.«
» La Strada.«
»Weißt du noch? Wie er uns in die Rue de Rennes mitgenommen hat?«
»O ja. Und wir haben nichts kapiert. Bei seiner Kurzfassung hatten wir gedacht, es wäre so was wie Die Tollen Charlots – Frechheit siegt .«
»Was waren wir enttäuscht.«
»Was waren wir blöd.«
»Du hast vorhin so überrascht ausgesehen, aber wem soll ich denn davon erzählen? Wem hast du davon erzählt?«
»Niemandem.«
»Siehst du. Einen Nounou kann man nicht erzählen«, sagte Alexis und räusperte sich, »man, man muss ihn erlebt haben.«
Eine Eule schimpfte. Was soll das? Durfte man sich nicht mal mehr im Dunkeln unterhalten?
»Weißt du, warum ich dir nichts gesagt habe?«
»...«
»Über die Beerdigung.«
»Weil du ein Mistvieh bist.«
»Nein. Doch. Nein. Ich wollte sie ausnahmsweise mal für mich haben.«
»...«
»Vom ersten Tag an, Charles, war ich – war ich eifersüchtig bis zum Gehtnichtmehr. Übrigens –«
»Mach schon. Erzähl weiter. Ich würde gern verstehen, warum du dich meinetwegen fast zu Tode gespritzt hast. Gute Entschuldigungen für böse Taten haben mich schon immer fasziniert.«
»Ganz der Alte, was? Großkotzig –«
»Komisch, ich hatte eher den Eindruck, dass du deine Mutter gar nicht so sehr für dich haben wolltest. Ich hatte den Eindruck, dass sie am Ende ziemlich allein war.«
»Ich habe mit ihr telefoniert.«
»Toll. Okay, ich gehe jetzt schlafen. Ich bin so müde, dass ich wahrscheinlich nicht mal einschlafen kann.«
»Du hast nur ihre guten Seiten mitgekriegt. Als wir Kinder waren, hat sie dich zum Lachen gebracht, und ich habe das Klo geputzt und sie ins Bett gebracht ...«
»Es ist auch vorgekommen, dass wir das Klo zusammen geputzt haben«, murmelte Charles.
»Du warst ja der Größte. Der Intelligentere, der Begabtere, der Interessantere.«
Charles stand auf. »Da siehst du, was für ein guter Kumpel ich bin, Alexis Le Men. Da war ich also so ein Genie und darf dich daran erinnern, wie eine alte Transe vor dem Schultor Fred Astaire besoffen im Rinnstein imitiert hat und uns dabei so zum Lachen brachte, dass wir fast in die Hose machten, damit du den nächsten Schritt machst und es deinen Kindern erzählen kannst. Dass ich, dieses Genie, sie aber viel früher habe fallen lassen als du, wie ein Stück Dreck, und ohne auch nur ein einziges Mal anzurufen. Das Genie wäre vielleicht nicht mal zu ihrer Beerdigung gekommen, wenn du die Herzensgüte besessen hättest, es zu informieren, denn dass das Genie so fleißig studiert hatte, so intelligent und so begabt war, hat dazu geführt, dass es schwer heute beschäftigt ist und absolut strohdumm. Gute Nacht.«
Alexis war ihm nachgekommen. »Dann weißt du ja, wie es ist.«
»Was denn?«
»Sachen aufzugeben, wenn man ganz unten
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