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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Laurence, es geht mir besser.«
    »Hör zu, ich freue mich für dich«, lachte sie ein wenig nervös.
    »Du kannst mich also verlassen.«
    »Wa... was faselst du da?«
    »Mathilde hat mir eure Geheimnisse anvertraut.«
    »Das ist ja lächerlich. Warte, ich komme –«
    »Ich hab’s eilig.«
    »Ich komme.«
     
    Zum ersten Mal, seit er sie kannte, fand er sie zu stark geschminkt.
    Hatte seinen Worten nichts mehr hinzuzufügen.
    Er habe eine Wohnung gefunden, müsse jetzt los, fliege davon.
    »Charles, hör auf. Das war nicht ernst gemeint. Ein Gespräch unter Frauen. Du weißt doch, wie es ist –«
    »Kein Problem«, er lächelte ihr zu, »kein Problem, ich gehe. Ich bin der Arsch.«
    »Okay. Wenn du meinst ...«
    Bis zum bitteren Ende sollte er ihre Klasse bewundern.
     
    Sie sagte noch etwas, aber unter dem Helm hörte er sie nicht und nickte nur.
    Schlug dem jungen Mann auf den Oberschenkel, um ihn daran zu erinnern, dass er sie zwischen den Autos hindurchlavieren sollte.
    Diesen Flieger durfte er nicht verpassen. Er hatte noch einen Dachs aufzustöbern.
     
    *
     
    Wenige Stunden später würde Laurence Vernes zum Friseur gehen, würde der kleinen Jessica zulächeln, während sie in den Kittel schlüpfte, würde sich vor den Spiegel setzen, während eine andere die Farbe vorbereitete, würde eine Illustrierte zurHand nehmen, sich durch Klatsch und Tratsch blättern, den Kopf heben, sich betrachten und anfangen zu weinen.
    Was dann passiert, weiß man nicht.
    Laurence gehört nicht mehr zu der Geschichte.

6
    Er nahm sich eine schwere Akte mit dem Titel P. B. Tran Tower! Exposed Structures vor und pflückte sie auseinander, bis eine Stewardess ihn bat, das Tischchen hochzuklappen.
    Daraufhin ging er seine Notizen noch einmal durch, schaute nach, wie das Hotel hieß, betrachtete die Umrisse der Städte vor dem Fenster und sagte sich, dass er gut schlafen würde. Dass er sich zurücklehnen konnte.
    Dachte an viele andere Dinge. An die Arbeit, die er erledigt hatte, die ihn glücklich machte und die er überall in der Welt ausüben konnte. Von seinem Büro aus, von einer noch unbekannten Zweizimmerwohnung aus, von einem Flugzeugsitz oder ...
    Er schloss die Augen, lächelte.
    Es würde alles sehr kompliziert werden.
    Umso besser.
    Es war sein Job, Lösungen zu finden.
    »Detailansicht einer Fuge zwischen den Steinelementen von Säulen, die das Einsetzen eines Systems stählerner Widerlager demonstriert«, präzisierte die Bildunterschrift seines letzten Entwurfs.
    Schwerkraft, Erdbeben, Zyklone, Wind, Schnee ... Der ganze Mist, den man zusätzliche Betriebsausgaben nannte und der ihn, das war ihm gerade wieder eingefallen, köstlich amüsierte ...
    Er schickte eine Nachricht in die Highlands und beschloss, seine Uhr nicht umzustellen.
    Er wollte in derselben Zeit leben wie sie.
     
    *
     
    Er stand sehr früh auf, erkundigte sich beim Portier, ob sein Leihsmoking geliefert worden sei, trank einen Kaffee im Pappbecher, während er die Madison entlanglief, schlenderte wie immer, wenn er in dieser Stadt war, durch die Straßen und sah viel in die Luft. Für ein Kind, das gern mit Bausätzen gespielt hat, bedeutete New York zwangsläufig einen steifen Hals.
    Zum ersten Mal seit Jahren ging er in die Läden und kaufte sich Klamotten. Eine Jacke und vier neue Hemden.
    Vier!
    Er drehte sich von Zeit zu Zeit um. Erwartete, fürchtete etwas. Eine Hand auf der Schulter, ein Auge in einem Dreieck, eine Stimme, die einem Wolkenkratzer entstiegen war und zu ihm sagte: »He, du! Du hast nicht das Recht, so glücklich zu sein. Was hast du schon wieder geklaut, was presst du da an dein Herz?«
    Nein, ich habe nur – ich habe eine angeknackste Rippe, glaube ich.
    Nimm die Arme hoch, damit ich es mir mal anschauen kann.
    Und Charles, der sich der Aufforderung fügte, wurde vom Sog der passersby mitgerissen.
     
    Er schüttelte den Kopf, schalt sich einen Idioten und sah auf die Uhr, um sich in Erinnerung zu rufen, wo er sich befand.
     
    Kurz vor vier. Vorletzter Schultag. Die Kinder hatten bestimmt ihre Fächer in die zerschlissenen Schulranzen geleert. Sie hatte erzählt, dass sie sie jeden Abend in Begleitung der Hunde am Ende der Allee erwartete, dort, wo sie vom Schulbus abgesetzt wurden, und dass sie ihren ganzen Kram auf den Esel luden, »wenn ich es schaffe, ihn einzufangen!«
    Sie hatte hinzugefügt, dass selbst hundert Eichen kaum ausreichten, um alle ihre Taschen zu leeren und von ihrem Tag zu erzählen ... Eine Hand

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