Alles Glück kommt nie
intelligent bin, nur weil ich ahnte, worauf die Lehrerin hinauswollte ... Scheiße, Mann, sie hat genau gesehen, dass ich im Gegenteil komplett aufgeschmissen war! Im Übrigen war sie kopfschüttelnd davongezogen.
Wie immer hatte ich darauf gewartet, dass sie mich anruft und sich mit mir zum Mittagessen verabredet, und ich hatte lange gewartet, kann ich mich erinnern.
Dieses unschöne und unnötige Geständnis, das ich, als der Idiot, der ich war, zu allem Überfluss aus ihr herausgekitzelt hatte, bedeutete nichts anderes als: An diesem Tag war meine Kindheit zusammen mit Nounou endgültig gestorben.
*
Es war zu früh, um nach Paris zurückzukehren, wo ihn niemand erwartete, also holte er seinen Terminkalender heraus und wählte eine Nummer, die zu wählen er seit Monaten auf den nächsten Tag verschoben hatte.
»Balanda? Ich glaub’s nicht! Natürlich warte ich auf dich, und ob!«
Philippe Voernoodt war ein Freund von Laurence. Ein Typ, der mit Immobilien sein Glück gemacht hatte. Oder mit dem Internet. Oder mit Immobilien im Internet? Egal, ein Typ, der einen grotesken Schlitten fuhr und vermutlich keine Zeit mehr hatte, zum Zahnarzt zu gehen, weil er seinen Palm die ganze Zeit mit einem feuchten Zahnstocher bearbeitete.
Wenn dieser Mann ihm freundschaftlich auf den Rücken schlug, büßte Charles regelmäßig ein paar Zentimeter ein und fragte sich, ob diese zwar mächtige, aber etwas kurze Hand nicht auch schon mal über den Unterarm seiner Auserwählten hinausgekommen war.
Einige Blicke hätten ihn beinahe davon überzeugt, aber als er ihn an diesem Nachmittag, das Handy ums Ohr gewickelt, aus seiner Metallic-Karosse steigen sah, lächelte er ihm freundlich zu.
Nein, beruhigte er sich, nein. Sie hatte einen zu guten Geschmack.
Sie hatten sich im Norden von Paris verabredet, in einer ehemaligen Druckerei, die Double-Slash-Voernoodt-Dot-komm-mir-nicht-dumm spottbillig erstanden hatte (natürlich) und in ein fantastisches Loft verwandeln wollte (nur zu). Noch vor ein paar Jahren hätte Charles sich nicht gerührt. Er arbeitete nicht gern für Privatleute. Oder suchte sich diejenigen aus, die ihn inspirierten. Aber jetzt. Die Banken zwangen ihn zu Abstrichen und machten ihm das Leben zur Hölle. Und wenn er einen halbwegs Soliden und Größenwahnsinnigen fand, der ihm half, seine Schulden zu tilgen, räumte er seine Eitelkeit zur Seite und stand die Sache bis zum Ende durch.
»Und? Was meinst du?«
Es war ein fantastischer Ort. Die Ausmaße, das Licht, die Substanz, sogar das Echo der Stille, alles stimmte.
»Und es steht seit zehn Jahren leer«, fügte er hinzu und drückte seine Kippe auf dem Mosaikfußboden aus.
Charles hörte nicht zu. Ihm kam es fast so vor, als wären die Arbeiter nur in der Mittagspause und könnten jede Sekunde zurückkehren, ihre Maschinen anschmeißen, ihre Schemel heranziehen, scherzen, die vielen wunderschönen Schubfächer aufmachen, das Tintenfass herausnehmen, einen Blick auf die riesige mit Blei eingefasste Uhr werfen, die sie überragte, und mit einem Höllenlärm alles wieder hochfahren.
Er entfernte sich ein paar Schritte, um durch das Fenster einen Blick ins Büro zu werfen.
Die Schubladengriffe, die Stuhllehnen, die Holzstempel, die Einbände der Rechnungsbücher, alles hatte diesen schönen Glanz der Jahre und der Handarbeit.
»Okay, im Moment kann man es nicht so richtig vor sich sehen, bei dem Saustall hier, aber stell dir das Ganze mal sauber vor. Eine Wahnsinnsfläche, was?«
Charles bewunderte ein Werkzeug, eine seltsame Lupe, die er in seine Tasche gleiten ließ.
»Oder?«, klimperten die Schlüssel des 4 x4.
»Klar doch, eine Wahnsinnsfläche, du sagst es.«
»Wie ist dein Eindruck? Was würdest du machen?«
»Ich?«
»Ja, du. Ich warte schon seit Monaten auf dich, wenn ich dich daran erinnern darf! Und die ganze Zeit habe ich die Grundsteuer am Hals! Ha! Ha! (Er lacht).«
»Ich würde gar nichts machen. Ich würde nichts anrühren. Ich würde woanders wohnen und hierherkommen, um mich auszuruhen. Um zu lesen. Um nachzudenken ...«
»Soll das ein Witz sein?«
»Ja«, log Charles.
»Du bist heute ein bisschen komisch drauf, oder?«
»Die Zeitverschiebung. Gut. Hast du die Pläne?«
»Im Auto.«
»Prima. Dann können wir ja gehen ...«
»Wohin?«
»Nach Hause.«
»Willst du dir denn nicht alles ansehen?«
»Was alles?«
»Keine Ahnung, das Gelände draußen –«
»Ich komme ja wieder.«
»Aber du
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