Alles Glück kommt nie
in der Gegend?«
»Genau.«
Charles blieb stehen.
Drei Schritte weiter drehte Alexis sich um. Nahm die arrogante Haltung eines Großgrundbesitzers ein und zog seinen Sohn an den Beinen, um seine Last ins Gleichgewicht zu bringen. Wenigstens diese hier. »Bist du gekommen, um mit mir abzurechnen?«
»Nein.«
Lange sahen sie sich an.
»Bist du immer noch im Friedhofsdelirium?«
»Nein«, antwortete Charles, »nein. Bin ich nicht.«
»Sondern?«
»Lädst du mich zum Essen ein?«
Erleichtert bedachte Alexis ihn mit seinem netten Lächeln von früher, aber es war zu spät. Charles spielte nicht mehr mit.
Eine Mistinguett für ein Abendessen im Clos des Ormes – zum Preis eines geschmacklosen Neubaus, des Benzins und der verlorenen Zeit, das schien ihm ein faires Geschäft.
Der Himmel war aufgeklart, meine Schöne. Du hast deinen Olivenzweig gesehen, hast ihn bekommen, was?
Natürlich war es kurz, eher ein Aufgeben als ein Schwungholen, da gebe ich dir recht, und natürlich reicht dir das nicht. Aber dir hat ja nie etwas gereicht ...
Zu sehen, wie seine Taschen erneut gefüllt waren, weil ihm die Gewissheit, dass das Rennen gelaufen war, dass er nicht mehr spielen würde, dass er folglich nie mehr verlieren würde, weil der Parcours, so anstrengend er auch war, künftig doch zu kurzwäre, um sich mit einem derart mittelmäßigen Gegner zu messen, große Erleichterung verschaffte.
Er hinkte etwas fröhlicher, kitzelte die Knie des Superhelden, öffnete die Hand, krümmte Mittel- und Ringfinger erneut, zielte und pfffiu, fing einen kleinen Spatzen, der auf den Stromkabeln tanzte.
»Gar nicht echt, den hast du nicht gefangen!«, gab der kleine Lucas zurück. »Wo ist er denn?«
»In meinem Auto.«
»Das glaub ich dir nicht.«
»Das solltest du aber.«
»Pöh. Dann hätte ich dich aber am Auto gesehen, wenn das stimmen würde ...«
»Das würde mich aber wundern, weil dich der Nachbarhund abgelenkt hat ...«
Und während Alexis den Wocheneinkauf auslud, pendelnd zwischen dem Kofferraum und der superschönen Garage, beeindruckte Charles einen ziemlich argwöhnischen kleinen Jungen.
»Warum ist er dann schon auf einem Stück Holz aufgeklebt?«
»Hm. Darf ich dich daran erinnern, dass Spidernetze kleben ...«
»Wollen wir ihn Papa zeigen?«
»Nein. Er steht noch unter Schock. Wir lassen ihn lieber ein bisschen in Ruhe.«
»Ist er tot?«
»Quatsch! Natürlich nicht! Er steht unter Schock, sage ich doch. Später lassen wir ihn frei.«
Lucas nickte feierlich, sah wieder auf, großes Lächeln, und fragte: »Wie heißt du?«
»Charles«, lächelte Charles.
»Und warum hast du den ganzen Kopf voller Pflaster?«
»Rate mal –«
»Weil du nicht so stark bist wie Spiderman?«
»Genau. Manchmal patze ich.«
»Soll ich dir mein Zimmer zeigen?«
Seine Mutter torpedierte jedoch die hauchzarte Vertrautheit. Zuerst musste man durch die Garage und die Schuhe ausziehen. (Charles fuhr zusammen, er hatte noch nie in einem Haus die Schuhe ausgezogen.) (Außer in Japan natürlich.) (O ja. Was für ein Snob ...). Dann erhob sie den Zeigefinger, keine Dummheiten, ja? Anschließend wandte sie sich an ihn, der den Eindruck machte, als wollte er sich aufdrängen. »Bleiben – bleiben Sie zum Abendessen?«
Alexis tauchte gerade hinter seinen Champion-Tüten auf. (Das würde deinem Schwager gefallen... Köstlich. Wenn er den Mumm hätte, wenn er Empfang hätte, was würde er Claire für eine schöne MMS schicken.)
»Natürlich bleibt er! Was ist denn?«
»Nichts ist«, parierte sie in einem Ton, der das Gegenteil bedeutete, »ich bin nur noch nicht so weit. Morgen ist das Schulfest, wenn ich dich daran erinnern darf, und Marions Kostüm ist noch nicht fertig. Ich bin ja keine Schneiderin!«
Alexis, hektisch, naiv, noch ganz in Versöhnungsstimmung, stellte seinen Kram ab und fegte ihre Argumente vom Tisch: »Kein Problem. Alles halb so wild. Ich übernehme das Kochen.«
Er drehte sich um: »Wo ist eigentlich Marion? Nicht da? Wo ist sie denn?«
Ein weiterer Seufzer über den Putzpantoffeln: »Wo ist sie denn, wo ist sie denn? Du weißt genau, wo sie ist.«
»Bei Alice?«
Das war bei weitem noch nicht der letzte Streich: »Natürlich ...«
»Ich rufe sie an.«
Es war der vorletzte:
»Viel Erfolg. Dort geht sowieso keiner ans Telefon. Ich weiß gar nicht, warum sie überhaupt Telefon haben.«
Alexis schloss die Augen, erinnerte sich daran, dass er gute Laune hatte, und begab sich in
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