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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Kalksandstein. Das unendliche Farbenspiel der grauen und kreideweißen Fassaden. Elfenbein, hellbeige in diesem spätnachmittäglichen Licht. Die bläulichen Dächer, vom roten Backstein der Schornsteinköpfe noch betont. Die häufig blassen, manchmal aber auch ausgeprägten Holzarbeiten, je nach Lust und Farbresten der Besitzer.
    Und bald schon eine andere Region mit anderen Steinbrüchen, anderen Felsen. Schiefer, Steinziegeln, Sandstein, Lavagestein, mitunter sogar Granit. Andere Bruchsteine, andere Verzierungen, andere Ornamente, andere Dächer. Hier wurden die Giebel durch Traufmauern ersetzt, dort waren die Winter härter, und die Häuser standen noch enger aneinandergedrängt. Auch waren die Tür- und Fensterrahmen und Stürze weniger raffiniert gearbeitet, waren die Farbtöne ...
    Jetzt oder nie bot sich Charles die Gelegenheit, die bemerkenswerte Arbeit des Ateliers Jean-Philippe Lenclos zu bewundern, aber gut. Wir hatten ihn gebeten, nicht immer seinen Senf dazuzugeben, also ... behielt er seinen Senf, seine Kontakte, seine Vorbilder für sich und fuhr immer langsamer. Sah sich um und verzog das Gesicht, als er den Kopf drehte, streifte die Böschung, riss immer wieder das Steuer herum, nahm mehrere Straßenränder mit und fuhr durch winzige Dörfer, in denen er alle Blicke auf sich zog.
     
    Die Suppe kochte schon auf dem Herd. Es war die Zeit, wenn die Geranien abgeknipst und Bänke und Stühle vors Haus gestellt wurden, dessen Fassaden noch in der Sonne badeten. Köpfe wurden geschüttelt, als er vorbeifuhr, und sein Auftauchen wurde kommentiert bis zur nächsten Erschütterung.
    Die Hunde stellten höchstens ein Ohr auf. Ließen die Flöhe und die Pariser in Ruhe ...
     
    Charles war eine Null in Sachen Natur. Bocage-Landschaften, Hecken, Baumgruppen, Heidegestrüpp, Wiesen, Weideland, Hügellandschaften, Wäldchen, Waldränder, Laubengänge, er kannte die Wörter, wusste aber nicht exakt, welcher topographischen Gegebenheit sie zuzuordnen waren. Hatte noch nie weit weg von der Stadt gebaut und kannte kein Buch, an das er sich hätte halten können, nachdem sich beispielsweise Lenclos und seine Leute in Einfamilienhäuser »zurückgezogen« hatten.
    Für ihn war das Landleben gleichbedeutend mit einem Ort zum Lesen. Im Winter vor einem Kamin, im Frühling an einen Baumstamm gelehnt, im Sommer im Schatten. Das hatte er zur Genüge kennengelernt. Als kleiner Junge bei seinen Großeltern, zu den Glanzzeiten eines Monsieur Canut mit Alexis, dann später, als Laurence ihn zu Freunden in deren Wochenendhäuser mitgeschleppt hatte.
    Erinnerungen an vertraute Wochenenden, an denen er pausenlosnach seiner Meinung, nach Kostenvoranschlägen, Gutachten und einzureißenden Wänden gefragt wurde. Beim Anblick der scheußlichen Panoramafenster, kriminellen Maueröffnungen, unpassenden Pools, der Keller mit Vorhängeschloss und der Landpomeranzen im Sonntagsstaat mit ordentlich verschmutzten Stiefeln und Kaschmirpulli Ton in Ton biss er die Zähne zusammen.
    Antwortete ausweichend, schwer zu sagen, mal sehen, er kenne die Gegend nicht so gut, und zog, nachdem er nicht ohne Skrupel diese ganze kleine Welt enttäuscht hatte, mit einem Buch in der Hand davon, auf der Suche nach einer Kuhle, in der er ein Mittagsschläfchen halten konnte.
    Eine Kuhle, was du nicht sagst! Genau so sah es hier aus. Keine Schilder mehr, keine Hinweise, Phantomdörfer, eine von wilden Gräsern besiedelte Fahrbahn, und als einzige Begleitung eine Schar Hasen on tour.
     
    Was machte der Sohn von Miles Davis in diesem gottverlassenen Nest?
    Und wo war er überhaupt?
    Sein Terminkalender war als GPS nicht zu gebrauchen. Wo befand sich die D73? Und warum war er noch nicht durch dieses Kuhdorf gekommen, dessen Namen er nicht mal mehr entziffern konnte?
    Anouk ...
    Wohin führst du mich dieses Mal?
    Siehst du mich jetzt? Mit leerem Tank und leerem Magen, völlig auf mich allein gestellt vor einer Abzweigung, die nichts anderes anzeigt als Brennholz in acht Kilometern und bereits erloschene Johannisfeuer?
    Welche Richtung würdest du an meiner Stelle einschlagen?
    Geradeaus, stimmt’s?
    Dann mal los ...
     
    Im nächsten Dorf kurbelte er die Scheibe herunter.
    Er war aufgeschmissen. Marcy? Manery? Margery vielleicht? Ob ihnen das was sagte?
    Nein.
    Und die D73?
    Ja! Die schon. Das war die Straße da drüben, wenn man aus dem Ort rausfuhr links, über den Fluss, und nach dem Sägewerk biegen Sie sofort nach rechts ...
    Eine Frau sagte: »Könnte es

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